Test: Apple Mac mini M1 ist perfekt, wenn Big Sur nicht wäre

Alexander Trust, den 24. Dezember 2020
Mac mini mit Apple Silicon
Mac mini mit Apple Silicon, Bild: Alexander Trust

Reiß Dich zusammen, möchte man Apple zurufen. Es produziert einen wundervollen Heimcomputer mit dem Mac mini mit M1 Prozessor. Dieses Gerät benötigt kaum Ressourcen und schnurrt dabei nicht mal wie ein Kätzchen, und das ist positiv gemeint. Wir haben es nun zwei Wochen im Einsatz und den Lüfter vergeblich hören wollen. Trotzdem ist das Gerät leider nicht perfekt, und das liegt vor allem an macOS Big Sur. Warum und wieso, das erfahrt Ihr in unserem Testbericht zum Mac mini.

Software ist keine Ausrede

Ist es ein Wagnis, auf eine Plattform umzusteigen, von der man nicht weiß, wie sie denn funktioniert? Die Unkenrufe jedenfalls waren alle vergeblich. Denn in vielen Fällen funktioniert die Software „einfach so“, Apples Rosetta 2 sei Dank.

Mit Windows-Software muss man sich derzeit noch etwas ausdenken. Doch ganz ehrlich, wer einen Mac kauft, der tut das ja nicht in erster Linie, um darauf Windows-Software zu nutzen. Als ich vor mehr als 15 Jahren vor dieser Entscheidung stand, hab ich irgendwann selbst die Virtualisierung aufgegeben und stattdessen die Software für die Steuererklärung getauscht. Denn die was das letzte Relikt, was mich persönlich noch an Windows band.

Software darf bei der Anschaffung von Apples neuen M1-Macs keine Ausrede sein. Denn die gibt es zuhauf. Office 365 gibt es nativ, Firefox, Chrome und selbst Edge von Microsoft. Vieles, was nur für Intel-Prozessoren kompiliert ist, läuft trotzdem, und zwar häufig sogar noch besser als vorher.

Wir haben, bevor wir den Mac mini anschafften, auch ein MacBook Pro 13 Zoll durch eines mit M1-Prozessor ersetzt, und erste Gehversuche mit ARM und Softwareverfügbarkeit gesammelt. Das Ergebnis unserer Apple-Silicon-Kompatibilitätsliste stammt in Teilen entsprechend auch aus eigener Anschauung. Ich muss jedenfalls nicht auf QB64 verzichten und Homebrew nutze ich bereits jetzt in einem Rosetta-Terminal, also kann ich auch Web-Entwickler-Frameworks nach Belieben einsetzen. Docker ist bereits dabei, zu testen und ansonsten fehlt mir persönlich nichts. Der Netzwerkscan mit unserem Epson WorkForce klappt genauso reibungslos wie vorher, obwohl der Hersteller keine nativen Treiber anbietet – und Peripherie-Hersteller sind gemeinhin ja eher träge.

Das heißt nicht, dass es im Einzelfall Situationen gibt, in denen es trotzdem nicht klappt. Wer beruflich oder privat eine App regelmäßig nutzt, sollte sich also vorher informieren.

Der Mac mini ist so schön ruhig und sparsam

Ich spare mir an dieser Stelle die Benchmarks. Es gibt sie anderswo zuhauf. Der Computer ist (mehr als ausreichend) schnell, der Speicher auch. Apple nutzt ihn zum Auslagern von Blöcken aus dem Arbeitsspeicher. Es fällt auf Geräten mit nur 8 GB nicht auf, dass diese nur 8 GB haben. Trotzdem haben wir ein Gerät mit 16 GB angeschafft und aber bislang nirgends ein Ressourcenproblem gehabt, nicht beim Videoschnitt, nicht beim Kompilieren unseres Vapor-Projekts in Xcode oder der Aufnahme unseres Podcasts. Und Chrome beschwert sich damals wie heute nicht über unsere vielen Tabs – seriously, wir haben regelmäßig mehrere Browserfenster mit unterschiedlichen Accountanmeldungen gleichzeitig aktiv, in denen zusammen gut und gerne an die 200 Tabs geöffnet sind.

Es ist diesem Gerät so was von egal. Bislang habe ich noch nichts machen können, dass der M1 Mac mini irgendwie zum Schnurren gebracht hat. Tatsächlich teilen viele Leute diese Erfahrung, selbst wenn sie Benchmarks wie Cinebench auf das Gerät ansetzen und es herausfordern. Das MacBook Pro M1 fängt dann manchmal leise an zu „lüften“, aber das ist so schnell wieder vorbei und so viel angenehmer als bei Intel-Geräten vorher.

Es ist außerdem erstaunlich wie energieeffizient die Geräte sind. In der Spitze wurden beim Mac mini 32, manchmal 35 Watt Stromverbrauch gemessen. Im handelsüblichen Arbeitsalltag aber verbraucht er oft nur zwischen 10 und 15 Watt, wenn er wenig zu tun hat, gerne auch weniger. Wahnsinn ist das, und das meine ich durchaus positiv. Aber es hat auch einen Beigeschmack.

Apple hat Angst, den M1 von der Leine zu lassen

Denn tatsächlich gab es Situationen – und wir haben das in der Aktivitätsanzeige verfolgt –, in der wir uns gewünscht hätten, dass der Mini-Desktop-Mac einfach mal aus der Haut fährt. Die Installation von Apps ist hochgradig optimiert. Apple schafft das beim MacBook Pro sogar mit geschlossenem Deckel im Schlummermodus. Nur wenn ich gerade einmal Xcode aktualisieren möchte, dann dauert es leider immer noch genauso lange wie vorher. Das Problem: Die Prozessorauslastung in der Aktivitätsanzeige zeigt uns und mir, dass Apple hier Potenzial verschenkt, oder uns dumme Computernutzer eben domestiziert. Denn statt auf das Gaspedal zu drücken und den Prozessor herauszufordern, geht es kurz mal auf 30 Prozent CPU-Auslastung und „idlet“ dann irgendwo zwischen 5 und 10 Prozent herum.

Mir wäre es lieber, das Gerät würde einfach mal kurz den Dampfhammer auspacken und wäre dann in der Hälfte der Zeit mit der Installation fertig. Aber da gibt es offenbar diese virtuellen Fesseln, die Apple dem System anlegt, um es als Energiesparweltmeister plakatieren zu können. Ich kann „das“ akzeptieren.

macOS Big Sur ist ein Bremsklotz

Big Sur ist ein schönes Betriebssystem, aber auch voll von Fehlern. Nur genau in solchen Situationen wünschte man sich außerdem, dass es wieder mehr wie Catalina funktioniert. Apple hat den Update-Prozess auch des Betriebssystems erneuert. Vor der Installation wird erst einmal „geprüft“ und dann, ja dann dauert die Installation trotzdem noch genauso lange wie vorher. Man darf Apple fragen, was es denn diese vornehme Viertelstunde vorher anstellt, wenn nicht irgendetwas, das die spätere Installation irgendwie beschleunigen würde. Aber inklusive Download (50er Leitung), „Prüfen“ und Installieren, dauert so ein Update, wie zuletzt beispielsweise bei macOS Big Sur 11.1 gut und gerne 50 bis 60 Minuten. Das ist ebenfalls ein Wahnsinn, der negativen Art. Da bekommt man fast Angst, das System zu aktualisieren, wenn es einen so lange von der Arbeit abhält.

Man könnte es auch automatisch aktualisieren. Doch ungeachtet mancher Meldungen über Installationen, die nicht auf Anhieb funktionieren, ist dann da die Praxis, die der Theorie in die Quere kommt. Hab ich ein Webformular im CMS im Browser geöffnet, oder läuft der Webserver im MAMP noch, dann bricht der automatische Firlefanz einfach ab und sagt mir dann, wenn ich am Tag danach an den Computer komme, dass er es morgen einfach noch mal probieren möchte. Wer auf Nummer sicher gehen will, der „muss“ den Mac bei der Installation begleiten, so einfach ist das. Schade, dass es tatsächlich nicht so reibungslos funktioniert, wie an der Apple Watch, dem iPhone, iPad oder Apple TV. Möglich, dass sich das aber in den kommenden Jahren noch ändert.

M1-SOS, oder doch eher macOS Big Sur, voll verbuggt?

Nicht falsch verstehen, der M1 Mac mini ist toll. Das Gerät ist so schön günstig und trotzdem so effizient und leistungsfähig. Da hab ich beim Kauf wieder diesen Aha-Moment gehabt, wie damals beim 12 Zoll MacBook, bei dem ich Bekannten und Freunden immer erzählte, dass das Gerät weniger Strom verbraucht als die LED im Wohnzimmer und aber viel mehr machen kann, als nur Licht.

Diese tolle Hochzeit zwischen erfreutem Nutzer und effizientem Computer wird jedoch gecrasht von vielen kleinen Fehlerteufeln. Die hängen ursächlich aber „leider“ nicht mit einem der beiden Beteiligten zusammen, sondern mit einem Dritten: macOS Big Sur ist das Problem.

Das Problem mit Bluetooth

Vor allem beim Thema Bluetooth wird der Hund in der Pfanne verrückt. Wie oft Magic Keyboard und Magic Trackpad schon verrückt gespielt haben und regelmäßig die Verbindung verloren. Oder wie unstet die Verbindung zu Bluetooth-Kopfhörern ist, selbst wenn sie von Apple kommen. Behelfsmaßnahmen helfen manchmal, für eine Weile, aber nicht dauerhaft. Vor allem, wenn man dann den Rechner sich selbst überlässt, in die Mittagspause geht, oder den Tag beendet und am nächsten Morgen erneut zum Computer kommt, sind die Probleme wieder da. Nicht immer. Was in so einem Fall für eine Weile Abhilfe schafft, egal ob mit Eingabegeräten oder Kopfhörern wie den AirPods Pro oder AirPods Max ist das Aus- und wieder Anschalten von Bluetooth. Das kann aber keine Lösung sein. Vor allem muss man dazu erst einmal Tastatur und Trackpad per Kabel mit dem Rechner verbinden, weil man ihn ansonsten gar nicht erst bedienen könnte. Im Glück ist derjenige, der sowieso immer und überall ein USB-Hub anschließt, einfach aus Prinzip, und immer auch ein paar Kabel herumliegen hat, weil er sie sowieso braucht. An dieser Stelle hatte ich gehofft, dass macOS 11.1 Abhilfe schafft. Leider war das nicht der Fall. Gefühlt ist das Problem mit 11.1 sogar noch schlimmer geworden.

Mit mehreren Monitoren ist eigentlich gut Kirschen essen

Wir haben bereits an anderer Stelle erklärt, wie man mittels einer Treibersoftware auch durchaus 4, 6 oder mehr Monitore an Apples neue M1-Macs anschließen kann. Doch „nativ“ sind nur zwei vorgesehen. Genau so verwenden wir das Gerät auch. Zwei 28 Zoll Samsung-Monitore – welche Gotteslästerung – sind an einem Monitorarm mittels VESA-Mount befestigt und je einer per HDMI und ein anderer per Mini-DisplayPort angeschlossen.

Apples Energiemanagement, und dasjenige der Monitore sind aber ein Problem, wie so oft. Denn auch bei anderen Geräten funktioniert ja manchmal was nicht, wie gewollt, weil einer noch pennt, während der andere eine Information erwartet, gerade im Smarthome immer mal ziemlich ernüchternd. Doch zurück zu der Problematik am Mac mini M1: Ich musste an den Samsung-Monitoren „sowohl“ die automatische Abschaltung als auch den ECO-Modus abschalten, damit ich sicher sein konnte, dass der Mac mini die Monitore beide auch wirklich wieder korrekt anspricht, wenn ich aus der Mittagspause komme. Doch ich musste dem Desktop-Mac auch sagen, dass er doch bitte nur den Bildschirmschoner anwirft und nicht etwa in den Ruhemodus geht. Denn der ist bei der Kommunikation mit den Bildschirmen ein Problem. Es kann nämlich sein, dass einer von beiden nicht angesprochen wird, und dann hilft es auch nicht, am Monitor den Eingang auszuwählen, man muss das Kabel abziehen und wieder anstecken. Nervig! Schaltet sich außerdem nur ein Display wieder ein, ist auf dem auch die Einstellung für die Auflösung „temporär“ vergessen. Mit nur einem Monitor sind die zuvor geschilderten Probleme übrigens gar nicht erst aufgetreten.

Doch auch in diesem Fall vermuten wir ein Problem bei Big Sur und nicht beim Mac mini. Denn tatsächlich reagieren die angeschlossenen Monitore viel schneller als zum Beispiel vorher bei unserem iMac 27 Zoll aus dem Jahr 2017 – Wirkaufens.de hab ihn selig.

Die Sache mit den iOS-Apps

macOS 11.1 brachte tatsächlich eine Verbesserung: Man kann nun iOS- und iPadOS-Apps auch im Vollbild verwenden. Die kann man in der Regel relativ simpel herunterladen und installieren.

Gerade bei Spielen wie zum Beispiels Rockstars Grand Theft Auto III und anderen ist das durchaus interessant. Darüber hinaus ist die Möglichkeit, iOS-Apps laufen zu lassen, ein nettes Gimmick, aber nicht immer sinnvoll. Denn es klappt zwar, aber oft genug sind die Apps nicht an die Eingabegeräte am Desktop angepasst. Gut, wenn GTA3 auch die Gamepad-Steuerung unterstützt. Doch es macht einfach keinen Spaß „Cut the Rope“ mit dem Trackpad zu spielen. Es ist aber auch nicht sinnvoll den Videoschnitt mit einer iPad-App zu absolvieren, weil das Ziehen und das Klicken mit dem Trackpad so viel unnatürlicher wirkt als die Eingabe mit dem Finger an Apples Tablet. Sobald die App-Entwickler ein Update herausbringen, und es gibt ja durchaus einige, die daran arbeiten, wird sich die Situation verbessern.

Derzeit sind vor allem Spiele, die sich mit Gamepad steuern lassen, eine interessante Alternative. Um Apps wie GTA III zu installieren, das Rockstar nicht zur Installation über den App Store freigegeben hat, muss man übrigens die IPA extrahieren. Wir haben es mit Apples Bordmitteln und dem Apple Configurator 2 probiert, doch die Lösung ist umständlich und vor allem nicht hundertprozentig wasserdicht. Eine deutlich verlässlichere Alternative lautet auf den Namen iMazing, die man zuletzt außerdem relativ günstig bekam.

Um mal einen Strich unter diesen Abschnitt zu machen: Die Möglichkeit zur Nutzung von iOS-Apps auf M1-Macs ist explizit kein Kaufkriterium.

Fazit: Der Mac mini M1 ist toll, könnte aber noch besser sein

Mensch Apple, lass den M1 Mac mini von der Leine. Spendier dem Gerät zumindest die Option in den Systemeinstellungen, bei Bedarf deutlich mehr Leistung abzurufen. Es ist so grotesk: Beim Export oder dem Umwandeln von Videos oder Audio von einem Format in ein anderes sind die neuen M1-Macs so schnell, dass man schon gespannt in die Apple-Silicon-Zukunft blickt. Doch bei der profanen Installation von Apps und Betriebssystemupdates benötigen sie so viel Zeit, dass man all diesen Zauber fast schon wieder vergessen haben könnte.

Wer sich einen M1 Mac mini kaufen möchte, der macht jedenfalls nichts verkehrt. Man sollte im Vorfeld schauen, ob die Software, die man verwendet, auch funktioniert. Das ist allerdings oftmals der Fall, und also kann man Apple zu dem Computer nur gratulieren. Nur an dem Betriebssystem für diesen Rechner muss der Konzern aus Cupertino noch nachbessern. Denn es sorgt dafür, dass Käufer denken könnten, der Computer sei nicht ausgereift. Das Gegenteil ist der Fall. Also, Apple, bitte nachbessern, dann klappt’s auch mit der breiten Masse. Wenn das OS Abhilfe schafft, bin ich auch bereit mehr Punkte zu vergeben.

Update vom 12. Februar 2021:

Mittlerweile hat Apple macOS 11.2 veröffentlicht. Einige der Probleme, die wir mit Bluetooth oder externen Displays hatten, die sind nun behoben. Dies konnten wir über die letzten Tage sinnvoll überprüfen. Aus diesem Grund korrigieren wir unser Testergebnis nach oben.


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Testergebnis

URS: 8,2 von 10
8,2

Positives

  • sehr leise
  • sehr energieeffizient
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Bluetooth-Probleme mit macOS 11.2 Big Sur behoben
  • leistungsfähig selbst für anspruchsvolle Aufgaben

Negatives

  • wird nicht immer von der Kette gelassen