Kommentar: Apple DRM, HDCP, Online Media und ein Boykottaufruf

rj, den 28. November 2008
MacBook Pro (10/2008)
MacBook Pro (10/2008), Bild: Apple

Einige Prügel kassiert Apple aktuell wieder wegen verschiedener Kopierschutzmaßnahmen und Aussperr-Aktionen alternativer Plattformen. Obgleich Steve Jobs bekanntermaßen kein Freund der technischen Kastrationen diverser Medienformate ist, häuften sich die Kritikpunkte: Videoausgabe bei den neuen Macbooks, ein DMCA-Takedown gegen ein Entwickler-Wiki und der ewige Streitpunkt FairPlay. Welche Dresche gibt es nun zurecht?

Die Probleme beim Abspielen geschützter HD-Videos hat Apple zügig behoben – und bei allem Ärger muss man Cupertino in diesem Fall schnelles Reaktionsvermögen attestieren. Und wie auch im Audiobereich wird Apple vermutlich nicht jubelnd eine Technik eingebaut haben, die zum einen Geld kostet und zum anderen die Leistungsfähigkeit der Hardware einschränkt: außer Kosten und Ärger ist davon ja schließlich nicht zu erwarten.

Dass die Contentanbieter gerade beim Platzhirsch unter den Medienshops auf die Einhaltung der immer noch vehement geforderten Schutzmechanismen pochen, wird nicht verwundern. Was man sich von Apple vielleicht erhoffen kann: ein ähnlich klares Statement zu den Video-Schutzmechanismen wie seinerzeit gegen DRM auf Musik, dem Steve Jobs vor bald zwei Jahren seine Abneigung aussprach.

Die sollte an sich auf die HDCP-Debatte unverändert übertragbar sein. Apple hat seit Anfang 2007 seinen Status als Marktführer im Online-Medienhandel weiter festigen können, insofern darf man vielleicht auch auf ein wenig mehr Druck aus Cupertino gegen die Contenteigner hoffen. Verschwörungstheoretiker werden vielleicht gar dem Gedanken etwas abgewinnen können, dass die jetzige Quicktime-Panne gut ins Konzept passt: vor dem endgültigen Durchbruch im Online-Videogeschäft noch so ein Patzer, eine Reihe verärgerter User, die einen Vorgeschmack auf die Zukunft erhielten, und fertig ist das „So wollt ihr das doch in Zukunft auch nicht haben“-Druckmittel gegen die Filmstudios. An den Haaren herbeigezogen? Zugegeben, ja.

Immerhin: die Download-Verkäufe eines Plattenlabels haben zum ersten Mal die CD-Sales übertroffen, und passend dazu arbeitet Apple offenbar mit Hochdruck an den kopierschutzfreien Musikangeboten. Im Videobereich auf einen schnelleren Lerneffekt der Contenteigner zu hoffen, sollte nicht allzu vermessen sein.

Apple, der Vorreiter? Ein Stück weit sicher, in der Zwischenzeit muss sich Apple jedoch auch an der nachgezogenen Konkurrenz messen lassen, und die ist inzwischen auch etwas weiter – Stichwort MP3s bei Amazon oder 7Digital. Ob man angesichts der aktuellen Aufreger so weit gehen muss, das Macbook mit dem „Defective by Design“ auszuzeichnen, darüber werden die Meinungen auseinandergehen.

Mehr Einigkeit wird im Fall Bluewiki zu erwarten sein. Eine Takedown-Note zog Kreise, die die US-Bürgerrechtsorganisation EFF dazu bewegte, die Vertretung der Wikibetreiber gegen Apple zu übernehmen. Auf Bluewiki wurden Techniken diskutiert, wie der iPod auch über Alternativen zu iTunes mit Musik befüllt werden kann. Insbesondere der Hash-Algorithmus Apples wurde dafür diskutiert.

Statt zu begrüßen, dass der Mehrwert ihres Produktes „iPod“ durch die Alternativen wie Songbird steigt und mit der Linux-Fraktion neue Käuferschichten anspricht, ohne die Mac-Nutzer im geringsten einzuschränken, schickte Apple eine DMCA-Takedownforderung, die laut EFF jeder Grundlage entbehrt. Weder würden urheberrechtlich geschützte Daten zugänglich gemacht noch sei die Forderung durch den DMCA gedeckt, der im Gegenteil exakt diese Techniken expizit zulasse: „…zum Zweck der Herstellung von Interoperabilität eines Computerprogramms mit anderen Programmen…“ ist das Coden von „Umgehungstools“ zulässig, soweit dadurch nicht selbst ein Urheberrechtsverstoß begangen wird.

Auf „überhaupt keinem Bein“ stehe damit die Forderung Apples, so die EFF. Eine schnelle, friedliche Beilegung wäre insofern mehr als angebracht. Denn vermeintliche Kleinigkeiten wie diese könnten ansonsten schnell den Eindruck guten Willens auf Apples Seite zerstören, den beispielsweise Jobs mit seinem Statement Anfang 2007 aufgebaut hat.


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