Tile überschätzt sich: Kommentar zu Vorwürfen gegen Apples Privatsphäre-Einstellungen

Alexander Trust, den 2. April 2020
Tile am Schlüsselbund
Tile am Schlüsselbund, Bild: Tile

Im Januar sagte Tile vor einem Untersuchungsausschuss im US-Kongress aus. Es geht um ein Kartellverfahren. Tile wirft Apple vor, mit seinen Privatsphäre-Einstellungen das eigene Angebot von Bluetooth-Tokens zu untergraben. In einem Brief erneuert man die Vorwürfe. Apples Verhalten sei schlimmer, und nicht besser geworden. Unserer Meinung nach überschätzt sich das Unternehmen.

In einem neuerlichen Schreiben an die Untersuchungskommission wiederholte Tile nun die Vorwürfe in Richtung Apple. Dies berichtet die Agentur Reuters.

Tracking im Hintergrund

Konkret geht es Tile vor allem darum, dass eine mit iOS 13 eingeführte Datenschutz-Einstellung einen Nachteil für die eigenen Produkte bedeutet. Gerade mit Blick auf ein mögliches, Apple-eigenes Produkt namens AirTags sorgt man sich.

Doch worum geht es? Apple fragt mittlerweile die Nutzer vermehrt, ob Apps Daten im Hintergrund abrufen dürfen, oder nicht. Das Fenster zum Entscheiden bietet die Auswahlmöglichkeiten, den Vorgang einmal zu erlauben, oder immer dann zu erlauben, wenn man die App benutzt oder ihn abzulehnen. Die Möglichkeit, das Tracking generell zu akzeptieren, fehlt in dieser Auswahl.

Letztlich ist dies auch die Auswahl, die am sorgfältigsten abgewogen werden muss. Denn so eine ständige Überwachung sollte man nicht leichtfertig zwischen Tür und Angel entscheiden müssen.

Nun ist es auch nicht so, dass man die Einstellung nicht dauerhaft einrichten könnte. Man muss dazu nur Apples Einstellungen-App öffnen. Wo und wie die Einstellungen zu finden und zu ändern sind – darüber können Firmen Ihre Kunden in der App oder den Beipackzetteln von Produkten informieren.

Deshalb überschätzt sich Tile

Vor allem aber überschätzt sich Tile, da diese Einschränkung nicht gezielt auf das Unternehmen oder seine Produkte gerichtet ist, anders als es vorgibt. Es betrifft viele Apps und Produkte und es wurde mit Absicht eingeführt, um die Privatsphäre der Nutzer zu schützen. Denn einige Apps rufen unnötigerweise ständig die Standortdaten der Nutzer im Hintergrund ab. Zum Teil würde man das gar nicht vermuten. Muss Pokémon Go wirklich ständig wissen, wo wir sind? Oder reicht es aus, wenn die App nur weiß, wo wir sind, wenn wir sie auch benutzen? Um derlei Fragen geht es.

Alle Anbieter haben das Problem, nicht nur Tile

Ein Problem, das Tile beschreibt, das haben zum Beispiel auch Anbieter von Überwachungskameras oder Partnerprogrammen wie Payback und Co. Auch sie würden gerne dauerhaft im Hintergrund den Standort abrufen. Manchmal macht es „vermeintlich“ Sinn, zum Beispiel, wenn man mittels „Geofencing“ gewisse Sicherheitsfunktionen bei einer Überwachungskamera einschalten möchte. Oder wenn man hofft, über Angebote in der Nähe informiert zu werden.

Doch dann wiederum muss man sich fragen, ob das wirklich notwendig ist. Denn Automationen zum Scharfstellen der Kameras oder Auslösen von Alarmen böte auch Apple selbst. Und hilft es einem wirklich, wenn man im Büro sitzt zu wissen, dass an der Aral-Tankstelle in der Nähe gerade die Superpunkte zu haben sind?

Tile zu egoistisch?

Mir ist klar, dass es dazu auch andere Perspektiven gibt. Ich finde allerdings, dass die Vorwürfe von Tile gerade in diesem Punkt zu egoistisch klingen. Es müssten sich viele Unternehmen unterschiedlicher Branchen beschweren. Manche tun das auch. Aber dann muss man sich anschauen, wer sich über die Veränderungen nicht beschwert, zum Beispiel Teilnehmer aus der Werbebranche. Denn das sagt unterm Strich deutlich mehr über die Konkurrenz aus.

Sollte Apple mit AirTags am Markt reüssieren wären sie natürlich eine Konkurrenz für Tile. Doch Apple wäre damit sogar die bessere Wahl, wenn Tile sich jetzt schon beschwert, dass Privatsphäre-Einstellungen ein Problem für es darstellen.


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