Kommentar: Vorbestellen, Bestellen, der Akku ist leer… jetzt

Alexander Trust, den 19. April 2020
iPhone SE (2020) in drei Farben
iPhone SE (2020) in drei Farben, Bild: Apple

Apple hat vor kurzem das neue iPhone SE herausgebracht, und davor das neue iPad Pro mit LiDAR-Scanner und auch ein neues MacBook Air mit Magic Keyboard. Und der Konzern aus Cupertino bringt auch in Zukunft neue Produkte heraus. Jedesmal werden die Produktneuveröffentlichungen auf den Technikseiten im Netz, aber auch in der normalen Presse und sogar in der Regenbogenpresse begleitet von Vorbestell-, Kauf-, und Kaufratgeberartikeln. Nicht bei Macnotes und nicht mit mir.

MacRumors? … SpOn … BILD – wo man hinsieht, wetteifern Webseiten und deren Betreiber um das Portmonee des Lesers. Das ist ganz offenkundig „anstrengend“, und zwar für beide Seiten.

Webseite oder Litfasssäule?

Im November 2019 kehrte bei Macnotes ein neuer Wind ein. Das versprach ich damals, und das soll auch so bleiben. Schon mit Tag 1 der Übernahme reduzierte ich drastisch die Zahl der Werbebanner auf Macnotes. Es gibt hier aktuell nur Google Adsense – sonst nix. Kein Plista, keine Native Ads, und so gut wie keine Kaufempfehlungen oder Kaufratgeber. Denn diese Webseite soll vor allem informieren und nicht im Sumpf des World Wide Web versinken.

Ja, Kaufratgeber können informieren. Doch durch meine langjährige Erfahrung im Onlinepublishing-Business weiß ich, dass Kaufratgeber leider viel zu oft eher einen Bias haben. So umfassen solche Besprechungen nur Produkte oder Händler, zu denen der Webseitenbetreiber auch eine Affiliate-Partnerschaft unterhält. Denn warum sollte er Ressourcen verschwenden? Die hässliche Wahrheit lautet in so einem Umfeld nämlich, dass ein Artikel „sich lohnen“ muss.

Die hässliche Wahrheit des WWW

Da aber „Gott sei Dank“ mehr und mehr Leser genervt sind von den vielen Kaufartikeln, bleibt unter dem Strich nur die Konversionsrate als Maß übrig. Klicken und kaufen genügend Leute, dann hat es sich gelohnt. Lohnt es sich nicht, fliegen Ideen (zukünftig) vom Tisch. Dabei gibt man diesen kaum genug Zeit, sich zu bewähren, geschweige denn beim Leser auch Vertrauen zu wecken.

Das hat mit Information aber so rein gar „nichts“ zu tun, mit Manipulation vielleicht schon eher. Denn der Anreiz für den Beitrag ist am Ende nur noch der potenzielle Gegenwert, den er über die Affiliate-Provision wieder einspielen kann.

Warum „wurde“ früher so oft über Apps geschrieben? Weil es sich lohnte. Und warum „wird“ heute aber deutlich weniger über Apps berichtet? Nun, weil Apple die Provision für Apps in seinem Affiliate-Programm beendete. Dafür gibt es nun mehr Beiträge für Apple Music oder E-Books. Denn dort gibt es auch heute noch Provision. Webseitenbetreiber sind auf der Jagd nach dem Topf voll Gold und also bleibt ihnen nichts anderes übrig.

Was nicht konvergiert, wird gestrichen

Natürlich gibt es bei manchen Anbietern auch so etwas wie eine Mischkalkulation, und dürfen dort manche Artikel auch schlechter „performen“. Doch wenn das zu oft geschieht, werden Artikel „wie diese“ aus dem Angebot gestrichen. Und so drehen sich Webseitenbetreiber von heute wie die Fahne im Wind.

Als Apple Pay in Deutschland startete wurden auf einmal alle zu Bankexperten. Tatsächlich aber gab es nur oberflächliche Werbeartikel zu denjenigen Banken, die ein Affiliate-Programm haben. Denn ein neues Konto bei N26 ließ sich die Bank schon mal mehrere (zehn) Euro kosten. Wenn der Autor für den Beitrag 15 Euro bekommt, aber sich schone zwei Kunden für das Konto anmelden – richtig, hat sich der Artikel gelohnt.

Affiliate-gesteuerte Agenda

Webseiten, die vorher nie was damit zu tun hatten, veröffentlichen womöglich Programmtipps für irgendwelche Streaming-Angebote. Warum? Nun, weil Anbieter wie Waipu das Portmonee aufmachen und bei einer Neuanmeldung ein paar Euro springen lassen. Mit dem Affiliate-Link dorthin lässt sich Geld verdienen. Der Grund, warum dann Filme zu Weihnachten Thema werden oder die neue „Star Wars“-Episode, ist irgendein Affiliate-Link im Artikel, mit der Hoffnung er möge konvergieren.

Beinahe scheint es, dass man anders gar kein Geld mehr verdienen könnte. Aber ich verrate Euch ein Geheimnis: Man kann, und zwar indem man Marken aufbaut und Wertschöpfung betreibt. Das ist ein ganz anderes Konzept als dasjenige der konversionsgetriebenen Redaktionskonferenzen.

Ich habe aber auch kein Mitleid für diejenigen, die irgendwann feststellen, dass die eigene Leserschaft übersättigt ist und zunehmend weniger Euros im Topf voll Gold am Ende des Regenbogens auf sie wartet. Die allermeisten davon scheinen masochistisch veranlagt zu sein und sich gerne in diesem Hamsterrad bewegen zu wollen, dass sich immer schneller dreht und immer weniger abwirft.

Und die Beiträge? Da steckt keine Liebe drin. Noch dazu sind sie beliebig, liest man sie überall, aus den gleichen Gründen.

Der Akku ist leer… jetzt

Als Betreiber, der finanziellen Zwängen unterliegt, hat man „hoffentlich“ irgendwann keinen Spaß mehr daran. Als Autor, der solche Artikel schreiben soll, hat man ganz sicher irgendwann keinen Spaß mehr dran und ist ausgebrannt, redet sich vielleicht den Mund fusselig, dass so etwas die Leute nervt, wird aber nicht gehört. Ja und als Leser, der ich auch einer bin, hab ich schon gar keinen Spaß daran, dass mir überall was verkauft werden soll.

Ich bin ganz ehrlich. Ich mag „dieses“ Web nicht. Und also möchte ich mich daran beteiligen, dass wieder mehr Informationen darin zu finden sind und sein werden. Wir arbeiten (weiter) dran.

Wenn’s also bei Macnotes in den letzten Tagen nicht hieß „Hier könnt Ihr das neue iPhone SE bestellen“, oder „Gutes Zubehör muss nicht teuer sein“, dann wisst Ihr nun, warum das so ist und so bleibt.

P.S.: Heute im Laufe des Tages möchte ich auch noch einen neuen Wasserstand veröffentlichen, um zu erläutern, wie es mit Macnotes weitergeht und wo wir uns momentan befinden.


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