Clearview und die Gesichtsdatenbank

Alexander Trust, den 20. Januar 2020
Mädchen mit Sonnenbrille
Mit Sonnenbrille Gesichtserkennung vermeiden?, Bild: CC0

In den Medien wird derzeit die US-Firma Clearview dafür gescholten, dass sie eine Bilddatenbank erstellt, zurecht?

Medien im In- und Ausland diskutieren momentan die Frage: Wie gefährlich ist Clearview?

Interessant ist dabei, welcher Ton vielerorts angeschlagen wird. Gerade das eigentlich eher biedere Heise übernimmt einen Bericht der „dpa“ und gerät damit spontan in Sippenhaft.

Objektive Beschreibung geht anders

Doch auch von der Deutschen Presseagentur sollte man eigentlich eine objektivere Herangehensweise erwarten. Stattdessen beschreibt man Clearview als „obskure US-Firma“.

Weiter heißt es, die Öffentlichkeit habe erst durch Recherchen der New York Times von der „zuvor praktisch unbekannte(n) Firma“ erfahren. Das ist allerdings nicht korrekt. Denn Clearview verfügt über eine für jedermann frei einsehbare Webseite. Die Domain wurde bereits im Dezember 2017 registriert.

Von wem ist Clearview?

Der Unternehmensgründer Hoan Ton-That erhielt 2017 rund 200.000 US-Dollar vom ehemaligen Twitter-Mitgründer und Trump-Unterstützer Peter Thiel. Doch genau diese Information legt die „dpa“ abermals negativ aus. Sie kanzelt Thiel als einen „der wenigen erklärten Unterstützer“ Trumps ab. Zudem wird die vorherige Vita Ton-Thats gegen ihn verwendet.

Bitte nicht lachen: Aber der 31-Jährige Australier ist Entwickler einer App, mit der man die Trump-Frisur auf Fotos montieren kann. Er wollte sich außerdem als Model ausprobieren, betreibt nun aber eine Datenbank mit Milliarden Fotos samt einer Software zur Gesichtserkennung, die er an Strafverfolgsbehörden verkauft.

Das Ende der Privatsphäre?

Vermutlich haben sich die Schreiber bei der „dpa“ von der New York Times anstecken lassen. Denn das Magazin berichtete unlängst über die „geheimnisvolle Firma“, die zu nichts geringerem führen könnte als dem „Ende der Privatsphäre, wie wir sie kennen“.

Tatsächlich sammelte Clearview „ohne Einverständnis“ der Nutzer Milliarden von Fotos im Internet, auf Facebook, Twitter und anderswo. Laut NYT sei die schiere Größe der Datenbank unglaublich. Ein Projekt dieser Größenordnung hätten bis dahin nicht einmal US-Regierungsorganisationen, geschweige denn die Giganten des Silicon Valley initiiert. Aber stimmt diese Behauptung überhaupt? Es wird schwer dies zu verifizieren. Nur entsprechend sollte man annehmen, dass am Ende des Tages kleine Brötchen aus dem Ofen kommen sollten.

Gesichtserkennung ist Trendthema

Abgesehen vom Klima ist momentan auch die Gesichtserkennung in vieler Munde. Beispielsweise torpediert die EU Pläne Horst Seehofers, Gesichtserkennung an öffentlichen Plätzen in Deutschland einzuführen.

San Francisco verbot erst vor einiger Zeit die Einführung der Gesichtserkennung auf Videoüberwachungsaufnahmen. Und nach Bekanntwerden des Berichts der New York Times gab es bereits einige US-Politiker, die ihre Bedenken gegen das Vorgehen von Clearview artikulierten.

Nicht zuletzt „sollen“ seit 2019 bislang 600 Strafverfolgungsbehörden Clearview einsetzen. Diese Zahl stammt allerdings vom Unternehmen selbst. Laut NYT sollen darüber hinaus auch einige Firmen die Software zu Sicherheitszwecken „lizenziert“ haben. Am Ende wird man das Gefühl nicht los, dass Mark Zuckerberg mittlerweile wie ein Schuljunge wirkt, weil er versucht mit unseren Daten Geld zu verdienen. Die Web-Öffentlichkeit bekam nun einen neuen Schurken präsentiert, auf den man sauer sein kann.

Ein wenig erinnert der Fall auch an Cambridge Analytica.


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