App-Piraterie: 4% Kopierer schockierende Quote oder Jammern auf hohem Niveau?
rj, den 12. August 2010Mit einem „Insider“ sprach AppAdvice zum Thema App-Piraterie und vermeldet „schockierende“ Zahlen – die bei näherer Betrachtung auch vollkommen harmlos scheinen können. 4% aller iOS-Nutzer sollen den Serverstats AppTrackrs zufolge kostenlos Apps kopieren. Die „Insiderausrede“ ist altbekannt: die User wollen eben testen vor dem Kauf.
„Dissident“ gründete Apptrackr.org, von der – bei vorhandemen jailbreak und installierter Apptrackr-App – kopierte iPhone-Apps nicht lizenziert und kostenlos geladen und installiert werden könnnen. Den Serverlogs zufolge rufen monatlich 10 Millionen User die Seite auf. Mit diesen Zahlen sowie der 10% Jailbreak-Quote, welche von Saurik auf Basis der Cydia-Logs in den Raum gestellt wurde, kommt AppAdvice auf einen Anteil von 4% aller iOS-Nutzer, die gecrackte Apps laden.
Die „Rechtfertigung“ von Dissident ist altbekannt: es gebe sonst keine Möglichkeit, eine App vor dem Kauf ausgiebig zu testen. Für wieviele der Kopierer das tatsächlich zutrifft, mag streitbar sein – Kaufquoten von exakt 0% konnten bei Experimenten mit kostenlosen Lite-Versionen bereits beobachtet werden, und mit der Annahme, dass ein nicht unbedeutender Teil der Kopierer eben unter absolut gar keinen Umständen bereit ist, für eine App auch nur einen Cent auszugeben, wird man auch nicht vollkommen falsch liegen.
Ob man trotzdem von „schockierenden Zahlen“ reden muss, wie es AppAdvice tut? Zwei Sichtweisen kann man gegenüberstellen:
– 4% von 100 Millionen iOS-Usern entsprechen vier Millionen, die grob gepeilt im Schnitt 10-20 Apps kostenlos kopierten. Veranschlagt man einen App-Durchschnittswert von drei Euro, ist man im Bereich von über hundert Millionen Euro entgangene Umsätze. Das entspricht mehr als nur einer Handvoll Arbeitsplätze.
– vier von hundert iOS-Anwendern kopieren sich gelegentlich Apps, die sie ohne diese Kopiermöglichkeit mit größter Wahrscheinlichkeit ohnehin nicht kaufen würden. Die „Ausfallquote“ dürfte sich somit im Bereich von einem Prozent oder niedriger bewegen. Deutlich besser als beispielsweise im Einzelhandel, wo zudem realer materieller Schaden entsteht. Wodurch die Piraterieklagen zum Jammern auf allerhöchstem Niveau mutieren.
Vermutlich überflüssig zu erwähnen, dass dem Autor die zweite Sichtweise näher an der Realität zu liegen scheint.
Disclosure: Auch das aktuell von mir verwendete iPhone 4 ist selbstredend gejailbreakt, seit meiner letzten Piraterie-Sympathiebekundung kam ich nach wie vor nicht dazu, endlich einmal eine gecrackte App zu installieren. Wenns irgendwann mal hinhaut, werde ich berichten.