iPhone Kamera-Apps Teil 13: Camera+

mz, den 26. Juli 2010

Einen neuen Teil unserer großen Serie wert ist Camera+. Die iPhone-Kamera-App bekommt nicht nur prominente Unterstützung, sondern hat auch das Zeug, zu einer der besten Fotografie-Apps im App Store zu werden.

Camera+ stammt vom Entwicklerteam taptaptap, das nicht nur sehr nützliche Apps mit tollem Design programmiert, sondern deren Mitglieder auch großen Anteil an den unregelmäßig erscheinenden MacHeist-Bundles haben, die sich großer (und steigender) Beliebtheit unter Mac-Usern erfreuen.

Zusammen getan hat sich taptaptap mit der kanadischen Fotografin und Bloggerin Lisa Bettany, die in ihrem Blog immer wieder nützliche Tipps zu Fotografie-Themen veröffentlicht und die alle in Camera+ verwendbaren Filter eigenhändig in Photoshop erstellt hat.

Die Liebe zum Detail zeigt sich bereits beim Start der App: Zu sehen ist die Rückseite einer digitalen Spiegelreflexkamera, oben am Rand und im Sucher lässt sich das aktuelle Motiv erkennen, das sich gerade im Fokus der Linse des iPhones befindet. Der zweifarbige Bildschirm unten zeigt die Einstellungen, ein Tipp auf den Sucher öffnet selbigen im Vollbildmodus mit allen Funktionen. Kleiner Gag: Tippt man einmal auf den Sucher und schließt den Vollbildmodus dann wieder, ist auf dem virtuellen Sucherglas ein Fingerabdruck zu sehen. Mit dem kleinen Knopf rechts neben dem Sucher lässt selbiger sich ausschalten, was allerdings weniger zum erfolgreichen Schnappschuss beiträgt – zumal er sich in der aktuellen Version anschließend nicht ohne Neustart der App wieder öffnen lässt, also besser nicht antippen.

Im Menü (zu erreichen über den gleichnamigen Button unten rechts) finden sich „Kippschalter“ zum Aktivieren und Deaktivieren des Zooms, des Bildstabilisators, des Hilfsgitters und der Auslösetöne. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Bildqualität zu reduzieren, sowie ein Sharing-Menü, in dem sich Login-Daten für Flickr, Facebook und Twitter vorab speichern lassen. Anhand dieser Daten werden später die Bilder eines Fotografen zusammengefasst.

Wer sich nicht zuallererst ins Menü begibt, hat am Anfang zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt man ein neues Foto auf, oder man begibt sich in die „Dunkelkammer“ (Lightbox) der App, in der alle Aufnahmen zwischengespeichert werden, wo man auch ein bereits bestehendes Bild aus der Fotos-App laden kann. Die Dunkelkammer ist ein Alleinstellungsmerkmal von Camera+: Alle Bilder landen hier hübsch nebeneinander angeordnet zunächst hier und nicht in den Aufnahmen des iPhones. So lassen sich Entwürfe anschauen, löschen oder zu Ende bearbeiten, bevor man sich entscheidet, sie in der Fotos-App zu speichern oder das kleine Kunstwerk mit anderen zu teilen. Alternativ kann man die einzelnen Bilder auch kopieren, um sie beispielsweise in einer E-Mail wieder einzufügen. Über den Button unten links lassen sich so auch mehrere Fotos auf einmal auswählen.

Im folgenden Bild lassen sich fast alle Funktionen im Sucher auf einmal erkennen: Unten in der Mitte ist der Button zum Auslösen, rechts daneben der Bildstabilisator. Einmal eingeschaltet, wartet die App nach dem Auslösen so lange, bis das iPhone vollständig still gehalten wird, um Verwackler zu vermeiden. Am rechten Bildrand ist der Digitalzoom zu erkennen, der sich wie in der Apple-Foto-App einfach schieben lässt. Unten links ist der Ausgang in die Dunkelkammer, in der sich die Bilder dann sofort „entwickeln“ und mit verschiedensten Effekten versehen lassen, doch dazu später mehr.

Das eigentliche – und aus dem Meer von Foto-Apps herausstechende – Killerfeature von Camera+ ist durch die beiden roten Rahmen auf dem Display angedeutet. Seit der Version 1.2 macht Camera+ von den vielen neuen APIs in iOS 4 Gebrauch und erweitert die bekannte Touch-to-Focus-Funktion. Der eckige Rahmen (oben rechts zu sehen) wird durch einen Tipp auf die entsprechende Stelle im Foto zur Fokussierung benutzt, kann aber hier einfach mit dem Finger auf eine andere Stelle gezogen werden, um den Fokus zu verändern. Gleiches gilt für den Kreis, der in diesem Fall links unten zu sehen ist: Er dient (unabhängig vom Fokus) zur Belichtung des Bildes. So können ausgeglichenere und bessere Fotos erzeugt werden, als bisher mit irgendeiner anderen App möglich war. Lisa Bettany zeigt diese Features in einem Video auf der Entwicklerseite.

Nun zur Bildbearbeitung: Einmal in die Dunkelkammer gewechselt, hat der Hobbyfotograf über die vier Buttons am unteren Bildrand Zugriff auf die Funktionen und Filter. Mit den Szenenmodi wie „Auto“, „Sunset“, „Beach“ oder „Text“ kann zunächst die Belichtung des Fotos angepasst werden. Anschließend kann man mit dem Zuschneidewerkzeug unerwünschte Objekte am Rand entfernen oder das Motiv in ein bestimmtes Format bringen. Die zweifarbige Leiste mit auswählbaren Vorgaben kann einfach hin- und hergeschoben werden. Dann folgen die Filter: In den Kategorien „Color“, „Retro“ und „Special“ finden sich jeweils acht verschiedene Voreinstellungen, die in einem Neunerraster (mit dem Original in der Mitte) angezeigt werden und sich auf das Bild anwenden lassen. So bietet Camera+ eine breite Palette an Spezialeffekten, die für fast jedes Motiv das richtige bietet. Zu guter Letzt kann noch einer von acht verschiedenen Rahmen um das Foto gelegt werden.

Neben öfter vorkommenden Filtern wie „Lo-Fi“ oder „HDR“ gibt es auch ausgefallenere Effekte wie der dunkle „So Emo“ oder „Purple Haze“, der beispielsweise Sonnenuntergänge in einem lila Schimmer erscheinen lässt. Der Wermutstropfen folgt an dieser Stelle: Das Bild kann nur mit einem Filter gleichzeitig versehen werden. Aufwändigere Bearbeitungen sind so ohne Umwege nicht möglich. Wer mehrere Effekte auf ein Bild anwenden möchte, muss es zunächst speichern und über die Lightbox wieder in die App laden.

Nachdem man sich also für einen Bildeffekt entschieden hat, gelangt man über den „Share“-Button in die Übersicht zum Verbreiten des Fotos und kann dann noch einen kleinen Text hinzufügen. Das Bild wird auf das App-eigene Portal Campl.us hochgeladen und der Link dann in die gewünschte Community verteilt. In einer Übersicht können alle Bilder eines Fotografen durchgeblättert werden. Innerhalb der Dunkelkammer kann man im Übrigen auch die Effekte, Szenen und Rahmen im Nachhinein wieder entfernen, sofern man das bearbeitete Bild noch nicht gespeichert hat.

All das macht außerdem vollständigen Gebrauch von den zusätzlichen Features des iPhone 4. So sind auch Grafiken für das Retina-Display bereits in der App enthalten, die LED des iPhone 4 lässt sich nicht nur wie üblich nutzen, sondern kann auch dauerhaft eingeschaltet werden, um das Foto zusätzlich zu erhellen.

Camera+ glänzt mit absoluten Alleinstellungsmerkmalen wie den voneinander unabhängigen Einstellmöglichkeiten für Fokussierung und Blendenöffnung und einer eigenen „Dunkelkammer“ für das Entwickeln und Bearbeiten von Fotos. Die App ist von taptaptap und Lisa Bettany mit viel Liebe zum Detail und hervorragend designt und kostet 1,59€ im App Store. Von uns gibt es eine definitive Kaufempfehlung. Wer eine ähnlich gut durchdachte Alternative sucht, die auch mehrere Filter gleichzeitig anwenden kann, könnte sich für The Best Camera von Chase Jarvis und Ubermind Inc. interessieren, die für 2,39€ im App Store erhältlich ist, bisher aber weder iOS 4 noch die neuen hardwareseitigen Funktionen des iPhone 4 unterstützt. Noch eine Warnung zum Schluss: Sowohl bei Camera+ als auch bei The Best Camera lassen sich einmal hochgeladene Fotos aus dem jeweiligen Portal nicht mehr ohne weiteres entfernen. Wer das möchte, wird sich direkt an die Entwickler wenden müssen. Zwar gibt es auch keine Index- oder Suchfunktionen, um Fotografen oder bestimmte Bilder zu suchen, datenschutztechnisch könnten sich hier aber größere Bedenken ergeben.

Weitere Teile der Reihe iPhone Kamera-Apps


Ähnliche Nachrichten

Passende Angebote