Apple nimmt Dampf vom Kessel: Einigung mit Entwicklern, Netflix, Spotify und der Politik
Alexander Trust, den 3. September 2021Innerhalb von wenigen Tagen hat Apple gleich zwei „Baustellen“ geschlossen. Das Unternehmen einigte sich zunächst mit US-Entwicklern, um eine Sammelklage zu vermeiden. Es kommt außerdem Anbietern wie Netflix und Spotify entgegen, damit aber vor allem der japanischen Politik, die ansonsten eine Kartellbeschwerde weiter untersucht hätte. Gleichzeitig beharrt Apple in Südkorea auf seinem Standpunkt, und macht nach wie vor Epic Games und anderen großen Entwicklern eben keine Zugeständnisse.
Sammelklage in den USA vermieden
Apple hat sich mit App-Store-Entwicklern in den USA geeinigt, die eine Sammelklage angestrebt hatten. Vorbehaltlich der Entscheidung durch das Gericht kann man den Fall dann zu den Akten legen.
Die Einigung sieht im Wesentlichen einen 7-Punkte-Plan vor und stellt außerdem einen Fonds in Höhe von 100 Millionen US-Dollar bereit, der etwaige Entschädigungen abdecken wird. Berechtigt, eine solche zu erhalten, sind lediglich US-Entwickler, und auch nur solche, die weniger als eine Million US-Dollar mit bezahlten Downloads, In-App-Käufen oder Abonnements im Jahr verdienten. Dies wiederum betrifft nur den Zeitraum zwischen dem 4. Juni 2015 und dem 26. April 2021.
Wie kommen Entwickler an die Entschädigung?
Die Anwaltskanzlei hat für die Entwickler eine Website unter dem URL SmallAppDeveloperAssistance.com eingerichtet. Dort können sich Entwickler für einen Newsletter registrieren, um zu erfahren, wann Rechtsgültigkeit herrscht. 45 Tage nach dem feststehenden Urteil soll die Möglichkeit bestehen, Ansprüche geltend zu machen. 120 Tage Zeit sollen Entwickler dann bekommen, den Anspruch einzureichen.
Wie viel Geld Entwickler dann von Apple erhalten, richtet sich nach dem Gesamtumsatz in dem zuvor erwähnten Zeitraum von nicht ganz sechs Jahren. Wer in dem Zeitraum lediglich bis zu 100 US-Dollar Umsatz erzielte erhält eine Einmalzahlung in Höhe von 250 US-Dollar. Entwickler, die in diesen knapp sechs Jahren zusammen mehr als eine Million US-Dollar verdient haben, bekommen 30.000 US-Dollar einmalig. Die Summe der Auszahlung kann sich erhöhen, wenn sich weniger Entwickler melden als eigentlich vorgesehen. In dem Fall wird das vorhandene Geld proportional auf die übrigen verteilt.
Was umfasst der 7-Punkte-Plan?
Apple selbst informierte über diese Einigung in einer Pressemeldung. Sie beschreibt im Wesentlichen das Geschriebene und fasst noch einmal sieben Eckpunkte zusammen, die zu der Einigung geführt haben:
- Apple wird das App Store Small Business Programm, bei dem kleine Entwickler nur 15 Prozent Provision zahlen, mindestens noch drei Jahre fortführen.
- Die App-Store-Suche wird in den kommenden drei Jahren weiterhin auf objektiven Kriterien wie Downloadzahlen, Bewertungen und ähnlichen beruhen. Apple hatte angekündigt, den Algorithmus ändern zu wollen. Dies hätte unter anderem mehr Raum für App-Werbung auf den vorderen Plätzen gemacht.
- Entwickler dürfen Nutzer per E-Mail und auf anderen Wegen informieren, dass es Bezahlmöglichkeiten auch außerhalb des App Store gibt. Allerdings müssen Nutzer der Kommunikation zustimmen und auch in der Lage sein, die Kontaktaufnahme abzulehnen (opt-out). Dies entspricht dann in etwa derzeitigen Regeln für Datenschutz. Ärgern dürfte sich an dieser Stelle Epic Games. Denn das Unternehmen wird davon explizit nicht profitieren und möchte aber genau dies erreichen.
- Zusätzlich weitet Apple die Zahl der Preispunkte aus, die Entwickler für In-App-Käufe und Abonnements einrichten dürfen. Möglich, dass wir dann in Zukunft noch viel maßgeschneidertere Angebote erleben. Derzeit gibt es für Entwickler weniger als 100 Preispunkte, in Zukunft werden es mehr als 500 sein.
- Entwickler dürfen auch in Zukunft Einwände vorbringen, wenn die eigene App abgelehnt werden sollte. Zudem wird Apple weitere Informationen veröffentlichen um den „App-Review“-Prozess transparenter zu gestalten.
- Apple hat sich außerdem dazu verpflichtet, einmal jährlich eine Auswertung zu veröffentlichen, die Kennziffern zum App-Review-Prozess enthält. Dieser Bericht wird auch die Zahl von abgelehnten Apps enthalten und die Gründe der Ablehnung. Wir werden aber auch Hinweise erhalten, wie viele Entwickler- und Nutzer-Konten geschlossen wurden, und wie viele Apps aus dem App Store entfernt.
- Zu guter Letzt umfasst die Einigung eben noch die oben bereits erläuterte Entschädigung für Entwickler.
Wieso hat Apple der Einigung zugestimmt?
Wenn man es mit Mundart ausdrücken möchte, dann könnte man sagen: Mit Speck fängt man Mäuse. Denn diejenigen Entwickler, die der Einigung zustimmen und die Entschädigung akzeptieren, bringen damit außerdem zum Ausdruck, dass sie mit Apples App-Store-Regeln explizit einverstanden sind. Die Entwickler haben entsprechend die Wahl: Nehmen sie das Geld an, oder kritisieren sie weiterhin die App-Store-Bedingungen als unfair. Da der Konzern aus Cupertino aber auch an der Stelle nachbessert, kann man sagen: Apple erkauft sich somit ein Votum kleinerer Entwickler (und könnte dieses später noch in einem Gerichtsverfahren gegen Epic Games und andere vorbringen).
Netflix und andere Medienkonsum-Apps mit Ausweg aus App Store
In Japan gab es darüber hinaus eine schwebende Untersuchung der Handelskommission. Diese wollte rausfinden, ob Apple seine Marktmacht ausnutzt und die Konkurrenz abkanzelt, indem es Anbietern von Medienkonsum-Apps nicht erlaubt, auf die Registrierung und das Abo außerhalb des App Store hinzuweisen.
Noch ehe die Untersuchung abgeschlossen wurde, einigte sich Apple mit der Administration. Entsprechend wurde die Untersuchung für beendet erklärt.
Apple macht Zugeständnisse weltweit
Das Unternehmen kündigte in der Folge an, dass es in Zukunft Anbieter von Medienkonsum-Apps Zugeständnisse machen wird. Netflix, Readly und viele weitere Anbieter von Abonnements für Magazine, Comics, Nachrichten, Bücher, Musik, Filme und Serien profitieren in Zukunft davon.
Die Neuregelung sieht vor, dass die Anbieter nun auch in der App auf eine Registrierungsmöglichkeit außerhalb des App Store verweisen dürfen. Dort können die Anbieter dann auch eigene Bezahlmethoden vereinbaren und Apple erhält in dem Fall keine Provision mehr. Die Anpassungen haben weltweit Gültigkeit und nicht nur in Japan. Anfang 2022 tritt die Änderung in Kraft.
Interessant ist in diesem Fall, dass Apple mit dieser Entscheidung womöglich einen Keil zwischen die Teilnehmer der Koalition für App-Fairness treiben könnte. Der gehören unter anderem Epic Games aber auch Spotify an. Während der Musikstreaming-Anbieter nun einen Grund weniger hätte, gegen Apple zu opponieren, schaut Epic Games weiter in die Röhre.
Apple nimmt Änderungen vor
Entwickler werden bis dahin noch durch geänderte Nutzungsbedingungen über die Änderungen im Detail informiert werden.
An der Stelle betont Apple, dass das eigene Bezahlsystem nach wie vor die sicherste und effizienteste Lösung sei. Trotzdem werde man Entwicklern helfen, die Weiterleitung auf externe Webseiten sicher zu gestalten.
Unzufrieden über Gesetz in Südkorea
Es ist aber nicht alles Gold, was glänzt, genauer gesagt Apple nicht mit allen Entscheidungen in der jüngsten Zeit zufrieden. Denn Ende August wurde in Südkorea ein Gesetz verabschiedet, wie das Wall Street Journal berichtete. Es erweitert die Möglichkeit für Entwickler von Apps in App Stores.
Davon betroffen sind grundsätzlich auch Anbieter von Android-Apps. Die dürfen in Südkorea nun nämlich von Gesetzes wegen Nutzer auf Bezahlmethoden außerhalb des jeweiligen App Store hinweisen.
Der iPhone-Hersteller ist mit der Entscheidung nicht glücklich und sieht die Gefahr des Missbrauchs, wie er in einer Stellungnahme wissen ließ. Nutzern würden auf externen Kanälen nicht dieselbe Sicherheit garantiert. Außerdem würden damit Jugendschutzfunktionen ausgehebelt, Eltern könnten nun nicht mehr sicherstellen, dass Kinder nicht unbeabsichtigt deren Geld ausgäben.
„The Telecommunications Business Act will put users who purchase digital goods from other sources at risk of fraud, undermine their privacy protections, make it difficult to manage their purchases, and features like “Ask to Buy” and Parental Controls will become less effective. We believe user trust in App Store purchases will decrease as a result of this legislation — leading to fewer opportunities for the over 482,000 registered developers in Korea who have earned more than KRW8.55 trillion to date with Apple.“
Neues Angebot für Nachrichten-Produzenten, nur Epic Games geht leer aus
Ebenfalls neu ist das News Partner Programm Apples. Das bringt einige Verbesserungen in den Geschäftsbeziehungen für solche Nachrichtenpublikationen mit sich, die a) über eine App im App Store verfügen und b) Inhalte hinter einer Bezahlschranke respektive im Abo-Modell vertreiben. Auch ihnen bleibt unter dem Strich mehr Geld übrig.
Es fällt auf, dass Apple vor allem dort Zugeständnisse machte, wo es dem eigenen Geldbeutel nicht so sehr wehtut. Es bleibt abzuwarten, ob die Strategie sich auszahlt, oder am Ende das App-Store-Monopol doch noch fällt.