Test: PearC – Mac OS X auf PC-Hardware

ml, den 18. Mai 2009
PearC
PearC, Bild: Macnotes

Eigentlich ist es ja nicht so unsere Sache, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, aber in diesem Fall mussten wir mal eine Ausnahme machen. Grund war ein Testgerät des in Deutschland erhältlichen PearCs (engl. pear = Birne). Beim PearC handelt es sich nämlich um einen Standardrechner, auf dem Mac OS X installiert ist. Die Mac-OS-X-Lizenzbedingungen untersagen eigentlich die Installation des Betriebssystems auf fremder Hardware, PearC verlässt sich jedoch darauf, dass die Lizenzbedingungen nach deutschem Recht ungültig sind. Den PearC des in Wolfsburg beheimateten Unternehmens HyperMegaNet UG sollte man übrigens nicht mit dem leider inzwischen wohl toten PowerPC-Emulator PearPC verwechseln.

Mit seiner Hardware-Ausstattung ist der von uns getestete PearC Advanced Stylence als Konkurrent zum Mac Pro positioniert.

Lieferumfang

Das erste Highlight beim Kauf eines neuen Apple-Rechners ist das Auspacken des selbigen. In Cupertino wird selbst auf das Design der Verpackung Wert gelegt. Schon als der Postbote mit dem PearC-Karton um die Ecke bog war klar, dass die Prioritäten bei diesem Mac-Klon an anderer Stelle liegen. Beim Karton handelt es sich um die Standardverpackung des verbauten Gehäuses. Der Karton sieht von außen schon recht mitgenommen aus und vermittelt keinen guten Eindruck. Fairerweise muss man sagen, dass es sich bei unserem Gerät um ein Rezensionsexemplar handelte, welches unter Zeitdruck von einem anderen Tester zu uns gelangte. Durch die Griffmulden kann man bereits einen Blick auf das Innere werfen.

Der äußere Eindruck bessert sich auch nicht nach dem Öffnen der Verpackung. Drinnen herrscht Chaos. Die zwei beigelegten Gummibärchentüten muss ich an die Tochter abtreten. Aber der Rest ist für Papa. Zunächst wären da die diversen Handbücher und Treiber-CDs für die verbaute Hardware. Schon sehe ich eine Installationsorgie auf mich zukommen, doch der genauere Blick offenbart, dass es sich hier um die Windows-CDs handelt. Neben diversen Kabeln für Video, Audio und natürlich Stromversorgung ist noch eine selbstgebrannte CD mit der handschriftlichen Aufschrift PearC Boot-CD im Karton. Ein Handbuch oder eine Kurzanleitung zum PearC selber ist Fehlanzeige. Dem PearC liegt auch keine Tastatur oder Maus bei. Die Tastatur muss separat im PearC-Onlinestore für 55 Euro geordert werden.

Inbetriebnahme

Nachdem der Rechner aus seinem Karton befreit ist, steht die Inbetriebnahme an. Das Gehäuse ist aus dünnem Aluminiumblech gefertigt und vermittelt einen labilen Eindruck. Zudem ist es klapprig und man hat Angst, eine Beule ins Blech zu drücken.

Der PCI-WLAN-Karte müssen zunächst die 3 Antennen angesteckt werden. Dann kommen Apple-Tastatur und -Maus per USB dazu. Monitor und Netzkabel angeschlossen und es kann losgehen. Hier überrascht mich der PearC zum ersten Mal positiv. Der Rechner startet sofort Mac OS X Leopard und beginnt mit dem Willkommensbildschirm nach einer frischen Installation. Ab hier ist nicht mehr zu merken, dass man an einem Mac-Klon arbeitet. Der Konfigurationsassistent findet sofort das heimische WLAN und richtet den Rechner entsprechend ein. Auf dem Rechner ist 10.5.6 installiert.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dann leider doch noch. Der angeschlossene Bildschirm (Röhrenmonitor) wurde anfangs mit der falschen Auflösung angesteuert. Beim Umschalten der Auflösung blieb der Bildschirm blau und es blieb nur der Reset übrig. Danach startete der Rechner aber anstandslos mit der eingestellten Auflösung, so dass hier ein Treiberproblem die wahrscheinliche Ursache sein dürfte. Das gleiche Problem trat übrigens auf, wenn der Monitor zum Energiesparen vom System ausgeschaltet wurde. Nach dem Aufwecken blieb dieser blau.

Hardware

Als nächstes galt es die Frage zu klären, welche Hardware und Komponenten im PearC verbaut sind. Als Prozessor kommt ein Intel Core 2 Quad-Core mit 3GHz und 12MB L2-Cache zum Einsatz. Der Prozessor steckt zusammen mit 8GB RAM in einem Gigabyte GA-EP45-DS3 Motherboard. Interessanterweise ist der RAM nur mit 800MHz getaktet, obwohl Prozessor und Motherboard auch 1333MHz unterstützen. Vermutlich wurde aus Kostengründen nur bis 800MHz spezifizierte Module verbaut.

Das Gigabyte-Motherboard bietet zahllose Anschlussmöglichkeiten, als da wären 8x USB, PS2 für Maus und Tastatur, 2x Firewire 400 (Mini und Normal), 2x Gigabit-Ethernet, Audio In/Out/Surround und S/P-DIF. Als Grafikkarte steckt im 16-fach PCI-Express-Slot eine Nvidia 9800GT mit 1GB VRAM mit 2 DVI-Anschlüssen. An der Gehäusevorderseite gibt es hinter einer Klappe nochmal zwei USB-Anschlüsse, einen Firewire-Anschluss sowie Audio In und Out.

Die WLAN-Fähigkeit erhält der PearC durch eine D-Link DWA-547 PCI-Karte, die wie eingangs erwähnt über drei Antennen funkt. Bluetooth wird über einen Trust USB-Bluetooth-Adapter bereitgestellt. Wie bei den Original-Macs ist darin ein Chip von Broadcom verbaut. Als Superdrive ist das Laufwerk SH-S223F von TSSTcorp verbaut. Seine Daten speichert der PearC auf einer Samsung HD753LJ mit 750GB (real 700GB).

Alltagsbetrieb

Wie also taugt der Mac-Klon nun im alltäglichen Betrieb? Nach dem Einschalten des Rechners vergisst man schnell, dass man nicht an einem Mac von Apple sitzt. Beim Arbeiten macht einen Mac eben zum größten Teil das Betriebssystem aus. Im Turing-Test für Macs würde der PearC sich vermutlich sehr gut schlagen. Erfreulich ist, wie geräuscharm der PearC zu Werke geht. Die großen verbauten Lüfter laufen sehr ruhig. Lediglich die Festplatte lärmt bei Zugriffen deutlich hörbar.

Beschäftigt man sich etwas intensiver mit dem System und dringt etwas tiefer ein, dann merkt man an der einen oder anderen Stelle doch, dass man es nicht mit einem waschechten Mac zu tun hat. So lässt sich z. B. der Bluetooth-Adapter nicht in den Systemeinstellungen ausschalten. Das entsprechende Häkchen ist ausgegraut. Andere kleine Helferlein wie z. B. iStat Menus können keine Temperatur- und Lüfterinformationen anzeigen, da sich die Hardware zu stark von richtigen Macs unterscheidet.

Ansonsten tun alle Programme anstandslos ihren Dienst. Selbst Virtualisierer wie VMWare Fusion und Parallels Desktop arbeiten ohne erkennbare Macken. Lediglich Boot Camp funktioniert nicht direkt „Out of the box“. Um Mac OS X auf dem PearC zu starten, hat HyperMegaNet die Boot-Firmware modifiziert und damit inkompatibel zu Boot Camp gemacht. Für 259 Euro ist im Onlinestore jedoch eine Dualboot-Option erhältlich. Dabei wird Windows auf einer zweiten Festplatte installiert und eine passende Boot-Firmware installiert.

Erweiterbarkeit

Die Aufpreislisten bei Computerherstellern sind inzwischen genauso lang wie bei Autoherstellern. So lässt sich auch der PearC nach den Wünschen des Käufers konfigurieren. Anders als der Mac Pro, welcher bis zu vier Festplatten aufnehmen kann, beschränkt sich die Erweiterbarkeit des PearCs auf zwei Festplatten. Mac Pro und PearC können beide zwei optische Laufwerke aufnehmen. Für 190 Euro bietet der PearC sogar ein BluRay-Laufwerk an.

Wer selbst Hand an seinen Rechner anlegen möchte, der muss am PearC zwei Schrauben lösen und kann anschließend die Seitenwand des Gehäuses abnehmen. Drinnen schaut der PearC wie ein normaler Standard-PC aus. Vorsicht ist beim Handwerken geboten, denn das Gehäuse wartet mit vielen scharfen Kanten auf, an denen man sich leicht schneiden kann.

Ganz anders und vor allen Dingen aufgeräumt präsentiert sich da ein Mac Pro. Ein Klappmechanismus öffnet die Seitenwand. Zusätzliche Festplatten werden über einen Schubladenmechnismus installiert.

Benchmark

Im Cinebench-Benchmark schlägt sich der PearC gut. Im Einzel-CPU-Test erreicht er 3478 und im Multi-CPU-Test 11997 Punkte (Steigerung um Faktor 3,45). Damit liegt der Rechner in etwa auf dem Niveau des frühen 2008er Mac Pro. Der aktuelle Mac Pro mit Nehalem-CPU erreicht im Multi-CPU-Test über 15.000 Punkte.

Auch die Xbench-Ergebnisse liegen mit knapp 210 Punkten auf mittlerem Niveau. Zum Vergleich: Der von uns im Oktober 2006 getestete Mac Pro erreichte 172 Punkte. Ein aktueller iMac mit 3,06GHz-CPU kommt bei Xbench auf Werte zwischen 170 und 190 Punkten. Auch sei der Hinweis gestattet, dass die Xbench-Ergebnisse immer etwas mit Vorsicht zu genießen sind.

Preise

Die Preise für den PearC beginnen bei 599 Euro in der Variante Office Line. Für Bluetooth und WLAN kommen dann aber gleich noch 75 Euro dazu. Wer auch eine Apple-Tastatur haben möchte, kann diese für 55 Euro dazu bestellen.

Die Advanced-Stylence-Linie ist zu Preisen ab 929 Euro zu haben. WLAN und Bluetooth gehören hier bereits zum Lieferumfang. Die von uns getestete Konfiguration kostet im Online-Store 1424 Euro. Eine mit dem kleinen Mac Pro (4x 2,66GHz, 6GB RAM, 640GB Festplatte und WLAN) vergleichbare Konfiguration des PearC (4x 2,66GHz, 4GB RAM, 750GB Festplatte, Superdrive, Apple-Tastatur und Mac Box Set) kostet 1264 Euro. Zum Vergleich: Der Mac Pro kostet im Apple Store 2479 Euro.

Boot-CD

Zum Schluss galt es noch das Geheimnis der selbstgebrannten Boot-CD zu klären. Während des Tests wurde diese nicht benötigt und dürfte wohl nur bei einer Neuinstallation des Systems zum Einsatz kommen. Die Boot-CD enthält ein kleines Linux-System, welches für den Mac-OS-X-Bootloader eine geeignete Umgebung simuliert und damit das Starten des Betriebssystems ermöglicht. Auf einer RAMdisk befindet sich eine Kernel-Erweiterung für Mac OS X, deren Zweck sich aber durch reine Betrachtung nicht erschließt.

Fazit

Es ist ein Mac durch und durch. Er sieht zwar nicht wie ein Mac aus, aber er fühlt sich wie ein Mac an. Alles funktioniert bis auf wenige, kleine Ausnahmen so wie man es erwartet. Der PearC zeigt auf bedrückende Weise, dass Apple auch nur mit Wasser kocht und das es nur der Auswahl der richtigen Hardware bedarf, um einen Mac-OS-X-kompatiblen Rechner zu bauen. Den Rest erledigt Leopard von allein und macht deutlich, dass sich Apple hauptsächlich durch die Software auszeichnet.

Ein mit dem Mac Pro vergleichbar ausgestatteter PearC kostet knapp die Hälfte des Apple-Pendants. Allerdings bekommt man dafür auch Hardware die nicht mehr State of the Art ist. Bei Apple ist die Lücke zwischen dem All-in-one-iMac und dem Highend-Mac-Pro recht groß. Anbieter wie PearC können diese Lücke mit Apple-kompatiblen Rechnern im mittleren Preissegment mit schon älterer Hardware füllen. Wer auf die Äußerlichkeiten und Feinheiten die einen Apple-Rechner ausmachen verzichten kann, der ist mit dem PearC gut bedient. Bedenken sollte man auch, dass man im Problemfall keinen Support von Apple erwarten kann.


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Testergebnis

URS: 7 von 10
7

Positives

  • fühlt sich dank Mac OS X Leopard an wie ein Mac
  • funktioniert bis auf wenige Ausnahmen wie ein Mac
  • günstiger als ein vergleichbar ausgestatteter Mac

Negatives

  • verbaute Komponenten nur durchschnittlich