ASH: Die Mac-Softwareschmiede im Interview
rj, den 6. Mai 2009Von 1Password bis Zoo Tycoon: die Liste der Mac-Programme und -Spiele, die von Application Systems Heidelberg für Deutschland lokalisiert und vertrieben werden, ist lang. Welche Mac-Apps und Games für die Zukunft zu erwarten sind, wie sich die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen aufs Mac-Softwarelager auswirken oder wie die deutschen Portierungen von Mac-Apps und -Spielen zustandekommen bzw. sich gelegentlich verzögern: Oliver Buchmann beantwortete auch einige sehr spezifische Fragen.
Application Systems Heidelberg dürften den meisten deutschsprachigen Mac-Usern ein Begriff sein: zahlreiche Programme für den Mac werden von ASH in Deutschland vertrieben, in Sachen Spiele auf Apple-Hardware bietet das Unternehmen eine große Auswahl an Portierungen an. Dass ASH ein wirklich alter Hase am Softwaremarkt ist, erkennt man möglicherweise am deutlichsten an der Atari-Sektion, die man sich nach wie vor auf der Website gönnt: Long Time Support im Wortsinn. Oliver Buchmann zu deutsch-englischen Updateverwirrungen bei 1Password, Lokalisierungen auf dem Mac, Gaming auf dem Mac und dem iPhone, Aprilscherzen und Multitouch sowie den Aussichten am Mac-Markt im Allgemeinen, und ASH im Besonderen.
Macnotes:
Vorneweg ganz speziell, weil wir des Öfteren Leserfragen in den Kommentaren zum Thema haben: Die deutsche und die englische Version von 1Password sorgen mit versetzten Updatezyklen regelmäßig für Verwirrung. Können Sie kurz umreißen, wie man sich als Käufer einer Lizenz von ASH bzw. einer englischen Lizenz am besten verhält, wenn man seine Version up to date halten will bzw. mit der deutschen Fassung arbeiten möchte?
Oliver Buchmann:
Derzeit funktioniert die eingebaute Update-Funktion nur so, dass sie sich mit dem Server der Hersteller verbindet und da liegt immer nur die englische Version. Nach einem automatischen Update hat man also eine englische Version installiert. Das wird sich bestimmt einmal ändern. Bis dahin muss man, sobald es eine neuere Version gibt, diese manuell von unserer Seite herunterladen und installieren. Die deutsche Version folgt normalerweise wenige Tage nach der englischen.
Macnotes:
Allgemein in diesem Kontext gefragt: nicht alles, was Lokalisierung und Vertrieb von Mac-Software angeht, scheint so rund zu funktionieren, wie es könnte. Was ist in diesem Bereich von der Zukunft zu erwarten, ist der deutsche Markt hier gelegentlich Stiefkind?
Oliver Buchmann:
Das kann man pauschal nicht beantworten. Es kommt immer auf das Produkt und den Hersteller an, wie gut das mit der Lokalisierung funktioniert. Auf jeden Fall ist es in unserem Interesse, dass jedes Programm so umfangreich und so schnell wie möglich lokalisiert wird. Der deutsche Markt ist hier bestimmt kein Stiefkind, er steht bestimmt mit Frankreich am besten da.
Macnotes:
Ein kurzer Hardware-Exkurs, inspiriert vom diesjährigen ASH-Aprilscherz: iPhone-Apps auf dem Mac zu bringen, hielten wir für eine recht clevere Idee, und Multitouch-Technik für den iMac gibt es an sich bereits. Apple selber überzeugt mit innovativer Technik, verärgert aber auch mit Restriktionen, insbesondere gelegentlich dann, wenn Innovation von Dritten kommt. Kann man sich bei ASH vorstellen, etwas in der Art „Touchscreen für iMac“ zu vertreiben? Wie sähe es mit dem Segen Apples aus, bzw. wären Reaktionen zu erwarten?
Oliver Buchmann:
Nein, das wäre kein Produkt für uns. Hardware liegt uns eigentlich nicht so sehr, auch wenn wir da immer mal wieder Ausnahmen machen. Dieser April-Scherz hat uns verdammt viel Zeit gekostet, wir hatten aber jede Menge Spaß. Das dürfte nächstes Jahr schwer zu toppen sein.
Macnotes:
Das ASH-Softwareangebot ist recht beeindruckend, es ist jedoch keine Antivir/Firewall-Lösung zu sehen. Ist das Absicht, gibt es Gründe dafür?
Oliver Buchmann:
Bei uns hat niemand so eine Software installiert und wenn ich daran denke, wie oft bei Kunden so eine Software zu abstrusen Problemen führt (auf die man erst einmal kommen muss), ist der Nutzen derzeit gering, vor allem, da es bisher so gut wie keine Schadsoftware für den Mac gibt. Sobald es da eine vernünftige Software gibt und die Notwendigkeit besteht, kann ich mir aber durchaus vorstellen, dass wir so etwas verwenden und dann natürlich auch anbieten werden.
Macnotes:
Intel sieht die Talsohle der Wirtschaftskrise im IT-Bereich erreicht, Apple behauptet sich antizyklisch, Hiobsbotschaften überall anders: wie wird von ASH die Lage fürs Mac-Lager eingeschätzt? Hochpreisige Produkte in der Krise, oder eher die beste Zeit für das Hinzugewinnen von Marktanteilen?
Oliver Buchmann:
Bisher sind wir von der Krise verschont geblieben, so etwas kann sich aber ganz schnell ändern. Wir versuchen einfach weiter, gute Produkte an Land zu ziehen und zu verkaufen. Vielleicht profitieren wir ja davon, dass bei den großen Firmen das Geld nicht mehr so locker sitzt und es nicht mehr auf große Versprechen ankommt, sondern auf realistische Markteinschätzung.
Macnotes:
Was erhofft sich ASH von kommenden Apple-Produkten und – Marktstrategien? Stichwort natürlich auch die nicht endenden Gerüchte und Wünsche in Richtung Tablet und/oder Netbook?
Oliver Buchmann:
Wir erhoffen uns stabile oder leicht steigende Marktanteile von Apple am Computermarkt. Ich persönlich wüsste mit einem Tablet Mac nichts anzufangen, das Netbook wäre vielleicht für meinen Sohn als Highend-Spielzeug interessant. Mir ist ja schon das MacBook Air zu kastriert. Aber ich arbeite mit meinem MacBook Pro 17 Zoll ja weniger unterwegs. Es steht entweder im Büro oder zu Hause auf seinem Schreibtisch.
Macnotes:
Wie sieht es diesbezüglich für das kommende iPhone OS 3.0 bzw. einer neuen iPhone-Hardwareplattform aus?
Oliver Buchmann:
Wir hätten natürlich gerne so ein paar iPhone-Kracher. Aber ich denke, die meisten Programme gehen dort inzwischen in der Masse unter. Ich hoffe, dass wir bald unser Bank X Mobile für die Girokonto-Verwaltung auf dem iPhone im App Store unterbringen können. Das ist eine interessante Erweiterung zu Bank X auf dem Mac, aber auch ohne dieses prima verwendbar.
Macnotes:
Das Nischendasein von Spielen auf dem Mac hat ja glücklicherweise ihr Ende gefunden, und man könnte sich ja auch einfach freuen, dass ein Spiel wie Edna bricht aus endlich auch auf dem Mac rennt. Aber gerade angesichts der jüngsten Microsoft-Werbeattacke gegen Apple stellt sich vielen die Frage, warum es doch oft sehr lange dauert bzw. gar nicht dazu kommt, dass ein Spiel auf den Mac portiert wird. Was sind die Probleme trotz Intel-Mac, ist Besserung in Sicht, gibt es Gründe, auf schnellere Mac-Releases zu hoffen?
Oliver Buchmann:
Normalerweise machen wir die Portierungen nicht selbst, Edna war da eine Ausnahme. Die großen Firmen warten erst einmal ab, welches PC-Spiel sich gut verkauft und denken dann über eine Portierung nach. Das verzögert die Sache natürlich.
Aber ich habe das Gefühl, dass die Frequenz der PC-Titel, die auf den Mac kommen, derzeit wieder steigt. Die Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, können ja bei jedem Titel auf die Arbeit der vergangenen aufbauen und somit sollte es von Titel zu Titel leichter werden und schneller gehen. Ausnahme sind vielleicht nur die Highend-Spiele, die auch die PC-Programmierer vor Herausforderungen stellen.
Macnotes:
Das iPhone und der App Store sind derzeit ein dynamisches Duo, das als Spieleplattform sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Glauben Sie, dass der Mac als Ort für Spiele davon profitieren wird?
Oliver Buchmann:
Ich wünsche es mir. Aber bisher sieht es nicht sehr danach aus, sonst hätten wir von Cro-Mag Rally oder Enigmo für den Mac, seit die in der iPhone-Werbung kommen, mehr verkaufen müssen.
Macnotes:
Plant ASH, sein Portfolio an Portierungen auszubauen und welchen Titel können wir als nächstes von ASH erwarten?
Oliver Buchmann:
Ich denke schon, dass wir das ausbauen werden. Derzeit ist aber noch kein weiterer Titel spruchreif.
Macnotes:
Werden die Systemdiskussionen irgendwann überflüssig werden, wenn sich Dienste wie OnLive.com etablieren können? Sieht man das „Game-Streaming“ als harte, zukünftige Konkurrenz, als Vaporware, die sich (wegen Problemen wie Pingzeiten und hohem Trafficaufkommen oder dem Interesse der User, Spiele zu besitzen statt sie im Abo zu kaufen) nicht durchsetzen wird, oder als irgendwas dazwischen?
Oliver Buchmann:
Im ersten Moment klingt das natürlich schon interessant. Aber ich sehe es momentan nicht als Bedrohung. Die Hardcode-Gamer benutzen eh keinen Mac zum Spielen und die meisten anderen werden keine Lust auf einen Abo-Vertrag haben.
Macnotes:
Dann steht dem weiteren Ausbauen des deutschen Mac-Softwaremarkts nichts entgegen – wir wünschen alles Gute dabei und bedanken uns für das Interview.