Nähkästchen #20: Kosten und Nutzen der Dokumentation – Stichwort #Bonpflicht
Alexander Trust, den 3. Januar 2020Wie umgehen mit einer Dokumentationspflicht?: Derzeit stöhnt der Einzelhandel, dass in Deutschland die Bonpflicht gesetzlich eingeführt wurde. Doch die Dokumentation nimmt in vielen Arbeitsfeldern einen nicht zu verachtenden Teil der Arbeitszeit ein. Seien es einfache (auch digitale) Stempeluhren für den Nachweis der Arbeit, seien es Lieferscheine, oder komplexere Dokumente, die passend ausgefüllt werden müssen. Damit kennen sich auch Ärzte, Anwälte oder Lehrer aus und natürlich Beamte im Besonderen.
Doch auch ich habe in unterschiedlichen Abschnitten meines Lebens mal mehr, mal weniger sinnvolle Dokumentationen erlebt. Und genau darüber möchte ich ein wenig Auskunft geben im neuen Nähkästchen. Denn viele meiner Stationen betreffen Online-Medien oder IT-Unternehmen im weitesten Sinne.
Arbeitsabläufe dokumentieren: Das beste Übel
Als ich vor Jahren meinen Zivildienst antrat, gab es bereits einen Schnellhefter, den ein Bekannter von mir (damals noch unbekannter Kollege) anfertigte. Er fand es wichtig, die Arbeitsabläufe für die Zivis zu dokumentieren. Dass er später Informatik studieren würde, passt ins Bild. Danke Dominik. Denn er hat vielen Zivis in der Einrichtung, in der ich auch arbeitete, mit seiner „Dokumentation“ das Leben leichter gemacht. Wir mussten nicht alle wie Falschgeld rumlaufen und Gänge zweimal unternehmen, weil wir gewisse Abläufe nicht kannten.
Generell ist es zwar nervig, Arbeitsabläufe aufzuschreiben. Doch es ist eine Art von Dokumentation, die sehr sinnvoll ist. Das mussten schon diverse Gastronomen erleben, die Frank Rosin gegenübertraten. Nicht zuletzt deshalb, weil man am Dokument auch Muster erkennen kann und sich Dinge vergegenwärtigt, die vorher einfach als gegeben akzeptiert wurden.
Die Rechnung bitte
Eigentlich kommt die Rechnung ja eher zum Schluss. Doch ich stelle sie eher an den Anfang dieses Nähkästchens. Es gibt für Freiberufler viele Apps und Services, aber im Prinzip kann man sich die Rechnungsdokumente auch einfach selbst anfertigen, mit einer x-beliebigen Textverarbeitung. Natürlich müssen Rechnungen gewissen Vorgaben genügen, für das Finanzamt versteht sich.
Doch als Freiberufler kommt man im Bereich Onlinemedien auch in den Genuss von Gutschriften. Vielleicht kennen manche von Euch Plattformen für Affiliate-Marketing. Bei vielen dieser Anbieter ist es so, dass Ihr keine Rechnung schreiben müsst, sondern vielmehr eine Gutschrift erhaltet. Das ist so etwas wie eine umgekehrte Rechnung. Die Kontrolle über den Inhalt hat der andere.
Sowohl bei Rechnungen als auch bei Gutschriften setzen manche Leute auf Automatisierungen, so wie bei Serienbriefen. Spätestens als dann mein Steuerberater einmal auf mich zukam, wusste ich diese Anekdote zu erzählen. Denn ein Unternehmen, für das ich mal arbeitete, erstellte die Gutschriften automatisiert. Doch das Layout des Dokuments war lediglich für „eine“, bzw. die erste DINA4-Seite ausgelegt. Enthält diese zu viele Posten, die auf Seite 2 rutschen, fehlt beim Export die Hälfte. Oft fehlte aber die Auszeichnung der 19% MwSt. Statt aber die eigene Vorlage anzupassen fügte man Monat für Monat von Hand in das PDF-Dokument eine Zeile für die Mehrwertsteuer hinzu. Tatsächlich änderte man das Prozedere irgendwann, aber nur so, dass zum Schluss in solchen Fällen zwei separate Gutschriften ausgefertigt wurden, oder im Extremfall auch noch mehr. Alles nur, um sicherzugehen, dass auf Seite 1 auch alles in Ordnung sei.
Also ich hätte ja einfach die Vorlage angepasst. Doch mir hört niemand zu. ;)
Lieferschein FTW: Dokumentation der Arbeit
Lieferscheine stecken in vielen Lieferungen die tausendfach jeden Tag in unseren Haushalten ankommen. Aber Lieferscheine sind auch eine Form von Dokumentation, die nicht nur Lieferanten oder Handwerker kennen, sondern auch Arbeitnehmer oder Selbständige im Bereich IT oder Onlinemedien.
Es gibt aber Unternehmen, die die Dokumentation auf die Spitze treiben und es gar nicht merken. Auch so einen Fall habe ich mal erlebt.
Es fing alles mit Google Docs an. Wir sollten darin unsere Textbeiträge in Form eines Lieferscheins notieren. Gleichzeitig wurden wir aber angehalten in einem Onlinechat, den alle von uns nutzten, die Themen anzuzeigen, samt Titel und kurzer Beschreibung. Zu guter Letzt gibt es aber dann auch noch die Übersicht im CMS. Denn dort sind die Daten ja „eigentlich“ auch vorhanden… Dumm nur, wenn die Verantwortlichen zu wenig technisches Know-how haben, um das überhaupt zu durchdringen.
WordPress-Plug-in dokumentiert getane Arbeit
An dieser Stelle muss ich einmal Macnotes in den Jahren von Fliks loben. Denn auch in dieser Zeit „arbeitete“ ich für die Seite. Und der Betreiber Randolf Jorberg hatte nicht nur genug technisches Verständnis, sondern auch unternehmerisches Gespür. Er wusste, dass man mit effizienten Methoden Geld sparen kann. Also baldoverte er mit seinen ITlern etwas aus. So programmierte damals Dominik Gesthuysen ein Plug-in für WordPress, das auch 10 Jahre später trotz vieler Updates „immer noch“ seinen Dienst tut. Phänomenal! Es zeigt an, welcher Autor, wie viele Beiträge über einen frei wählbaren Zeitraum geschrieben hat. Es zeigt auch an, wie viele Wörter diese enthalten und setzt alles prozentual ins Verhältnis zu den Arbeiten anderer Autoren. Auf diese Weise wurden früher dann die Abrechnungen für Macnotes erzeugt. Buchhaltung 2.0 quasi.
Blöd nur, dass es eben auch anders geht. In dem Beispiel, das ich davor ansprach, mussten wir Autoren also alle Daten quasi dreimal anfertigen. Nur dass wir sie einmal mit unserer Einlieferung der Beiträge im CMS sowieso dokumentierten. Weil ich selbst auch ein wenig von Webentwicklung verstehe und aber auch das Positivbeispiel von Macnotes mit dem WordPress-Plug-in kannte, sprach ich das Thema an. Es ist keine Raketenwissenschaft, so etwas auch für ein System wir Drupal zu entwerfen. Wenn, ja wenn da nicht die IT wäre. Denn die ist bei Leibe nicht so behände, wie damals die Leute bei Fliks.
Aber es kam ja noch schlimmer. Denn wir wechselten von Googles Docs zu Numbers für die Lieferscheine und wir nutzten für eine Weile statt dem Chat ein proprietäres Web-App, das ein Mix aus Kalender und Auftragssystem ist. Dummerweise stellte man fest, dass das „Tool“ zu viel Geld kostet und zurück ging es für die Autoren in den Chat. Wo sie vermutlich noch heute werkeln. Die ganzen Stunden der Einarbeitung auf beiden Seiten, mal wieder für die Katz.
Es ist natürlich nicht immer trivial, aber es lohnt sich Probleme zu betrachten, und Strategien und Lösungen zu entwickeln. Und sei es nur, die Motivation der Beteiligten zu steigern. Von so einem Beispiel berichtete im Kontext der Bonpflicht-Diskussion übrigens zuletzt Sascha Pallenberg.
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