Hintergründe: 5G warf auf dem MWC seine Schatten voraus

Ron Schäfer, den 8. März 2017

Neue Smartphones, neue Hardware: auch dieses Jahr war der MWC 2017 geprägt von Geräten. Könnte man meinen. Doch das neue Turbonetz 5G war in aller Munde. Allerdings, wofür brauchen wir das? Welchen nutzen bringt es mit sich? Und zu wann können wir damit rechnen?

Neben den neuesten Flagship-Smartphones führender Hersteller, MacNotes berichtete, war das Turbonetz 5G das beherrschende Thema auf dem MWC 2017. Es soll das derzeit von vielen genutzte 4G, also das LTE-Netz, ablösen und unsere Gesellschaft in die Zukunft tragen.

Was soll das Turbonetz 5G bieten?

Schnellere Datenraten, weniger Latenzzeiten und nichts weniger als das „Leben in bisher nicht vorstellbarer Weise“ (Zitat: UN International Telecommunication Union; Kurz ITU) soll 5G bieten. Das sind große Worte, die allerdings noch nicht mit klar definierten Leben gefüllt werden können. Denn bislang forschen verschiedene Netzausrüster und Mobilfunknetzanbieter noch an dem neuen Standard.

Welche Geschwindigkeiten werden derzeit erreicht?

Rufen wir uns dabei in Erinnerung: LTE bzw. die Weiterentwicklung LTE-Advanced kommt derzeit auf eine Spitzendatenrate von bis zu 1000 Mbit/s im Down-, sowie im Upload. Dabei erreicht es eine Latenz  von 10 Millisekunden. Auf diesen zentralen Eigenschaften aufbauend, soll das Nachfolgernetz 5G Datenraten von bis zu 20.000 Mbit/s ermöglichen. Die Latenzzeit soll auf unter 1 Millisekunde gedrückt werden. So zumindest hat es die ITU nun festgehalten, abgesegnet werden soll der Bericht allerdings erst im November 2017. Wer diese Vorgaben nicht einhält, darf sein Netz nicht 5G nennen.

Und tatsächlich sind die gezeigten Demonstrationen auf dem MWC 2017 in Barcelona vielversprechend: der chinesische Smartphone-Hersteller ZTE hat einen Smartphone-Prototyp ausgestellt, der auf eine Mobilfunk-Download-Rate von 1 000 Mbit/s kommt. ZTE spricht allerdings auch nicht direkt von 5G, sondern von einer Vorstufe: dem Pre5G. Der europäische Netzwerkausrüster Ericsson gab gekannt, dass man – unter Laborbedingungen – die 25 GBit/s-Marke durchbrechen konnte. Und die Deutsche Telekom zeigte eine Demo, in Kooperation mit Huawei, bei der Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 70 GBit/s erreicht wurden.

Diese Werte klingen fantastisch. Doch im Alltag der Smartphone-Nutzer wird dies keinen wesentlichen Unterschied machen. Auch wenn diese natürlich auch auf das Netz zugreifen: Smartphone-Nutzer, so wie wir sie heute kennen, sind nicht die Hauptnutznießer des Turbonetz 5G.

Warum wir den neuen Netzstandard 5G wirklich brauchen

Das Stichwort, der Grund, warum wir um das neue Netz nicht herum kommen, wird mit IoT abgekürzt und steht für das „Internet of Things“, auf deutsch: das Internet der Dinge.

Der Grundgedanke hinter diesem Begriff ist so einfach wie einleuchtend: der Personal Computer, auch in Form von Tablets und Smartphone verschwindet immer mehr aus dem Alltag der Menschen. Ersetzt durch alltägliche Gegenstände, die nun ausgerüstet werden mit Prozessoren, Sensoren und Netzwerktechnik. Von Produkten, bei denen der Ein oder Andere seine Augenverdreht (z.B. smarte Wasserkocher) bis hin zu smarten Fabriken. Alle diese brauchen ein schnelleres, besseres, tragfähigeres Netz. Denn nur so können sie den Alltag der Menschen auf Dauer vereinfachen.

Anwendungsszenario eHealthcare

Viel versprechen tut man sich in den Bereichen eHealthcare. Die Vernetzung von Krankenhäusern und Arztpraxen soll dadurch vereinfacht werden. Durch besseren und schnellen Datenaustausch kann die Behandlung von Menschen revolutioniert werden. Operationen, die per Livestream durchgeführt werden können. Diagnosen, für die man umfangreiches Datenmaterial der Patienten verschicken muss. Der Austausch von Patientenakten bringen die Datenkapazität der derzeitigen Netze an ihre Grenzen. Gerade für Operationen sind minimalste Latenzzeiten von Nöten.

Das Turbonetz 5G soll die Autobahn sicherer machen

Die Zahl der Patienten kann man auch dadurch reduzieren, in dem man die Ursachen, nämlich z.B. die Unfälle im Straßenverkehr reduziert. Möglich soll dies die sogenannte Car-to-car-communication“ machen. Autos, die teilweise oder ganz losgelöst von Fahrer die Menschen von A nach B bringen und dabei effizienter und sicherer Fahren als es der Mensch könnte. Auch hier braucht es ein Netz, das immer erreichbar ist, große Datenmengen konstant verschicken kann und diese, dank kurzer Latenzzeit, schnell hin und her schickt.

Und dies sind nur zwei Beispiele von vielen, in denen 5G den Alltag von uns allen vereinfachen und verbessern soll. So wird in der Industrie derzeit noch der alte Standard GSM genutzt, um viele Anwendungen zu vernetzen. Auch hier muss eine zukunftsfähige Lösung her, die allerdings noch auf LTE setzt. Der Marktführer, die Deutsche Telekom, führt deswegen in allen acht europäischen Märkten, auf denen sie aktiv ist, das sogenannte NarrowBand-IoT ein. Genau wie GSM soll es für solche Anwendungen genutzt werden, für die eine sehr geringe Datenübertragungsrate von etwa 250 kBit/s ausreichend ist. Vorteil dabei: durch eine sehr hohe Energieeffizienz können die Anwendungen dann mehrere Jahre mit nur einer Knopfzelle auskommen.

Und zu wann können wir mit dem Turbonetz 5G rechnen?

Eine klare, einfache Aussage zu dieser Frage kann derzeit leider niemand bieten. Denn, wie schon erwähnt, gibt es noch keinen technisch klar definierten Standpunkt. Zwar möchte die ITU Mindesteckpunkte verabschieden, aber ein Standard, der global gilt, sieht anders aus. Deswegen sehen verschiedene Hersteller auch verschiedene Zeitpunkte, zu wann man mit 5G in den Massenmarkt gehen kann. Vodafone ist dabei sicher: spätestens 2030 hat eine breite Masse von Menschen Zugriff auf das Netz. Die Deutsche Telekom hingegen möchte, dass das Netz 2020 in Deutschland weitestgehend steht. Und dies ist auch der Zeitraum, den die Europäische Kommission zumindest für Europa vorsieht, wie man hier in einer Infografik festgehalten hat.

Mit welchen Kosten wird gerechnet?

Die Möglichkeiten und Chancen sind immens. Allerdings auch die Investitionen, die für das neue Netz getätigt werden müssen. So geht der Deutsche Telekom-Chef Höttges davon aus, dass man für Europa eine Investitionssumme von bis zu 500 Milliarden Euro in die Hand nehmen muss. Weswegen man auch ganz offen darüber nachdenken muss, wie diese Mittel aufgebracht werden sollen. Eine alleinige Umlagerung auf den Verbraucher durch steigende Preise ist wohl kaum mehr kommunizierbar. Eine immer wiederkehrende Botschaft aus der Branche ist: diesmal müssen auch die Inhalte-Anbieter mit bei den Kosten beteiligt werden. Google, Netflix und Amazon sollen zur Kasse gebeten werden. Ob die Content-Provider hier mitspielen, steht jedoch dahin.


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