Man muss die Kommentarkultur nicht neu erfinden
Alexander Trust, den 28. Januar 2016Christoph Kappes und Michael Seemann haben sich Gedanken über die Kommentarkultur im Internet gemacht und nach Lösungen gesucht, wie man diese auf ein „normales“ Maß reduzieren kann. Dabei muss man das gar nicht.
Kappes und Seemann haben nach zwei Tweets auf Skype eine fast einstündige Diskussion über die Kommentarkultur im Internet geführt. Man kann diese durchaus philosophisch nennen, denn sie hat äußerst komplexe Ergebnisse zutage gefördert, die im weitesten Sinne eine „Zivilisierung durch Recht“ vorsehen.
Recht Gehör verschaffen
Anders als beide finde ich nicht, dass man über „Normen, Verfahrensrechte, Beschwerdewege, (t)ransparente Rechtsprechung“ und eine „(o)ffene Normenkultur“ nachgrübeln muss. Das Einzige, was meiner Meinung nach getan werden muss, ist Aufklärung. Aufklärung darüber, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Immer wieder hört man nämlich die hohle Phrase, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. Das ist richtig, und also muss man nur dem Recht Gehör verschaffen. Dies gilt sowohl gegenüber einzelnen Gesprächsteilnehmern als auch gegenüber den Betreibern von Diskussionsforen, ganz gleich welcher Couleur.
Wenn Nacktfotos veröffentlicht werden, kann man das zur Anzeige bringen – es sei denn, die Beteiligten haben dies freiwillig getan. Wenn Beleidigungen ausgesprochen werden, kann man das zur Anzeige bringen. Wenn jemand Volksverhetzung betreibt, kann man das zur Anzeige bringen. Wenn all das nicht geschieht, dann muss man nicht handeln.
In jedem Fall muss man Kommunikationskultur nicht neu erfinden. „Dass“ sich die Beteiligten derart gegeneinander stellen, damit müssen wir alle umgehen lernen. Mehr aber auch nicht. Finde ich.
Kommunikationsregeln
Noch in einem anderen Punkt möchte ich widersprechen. Kappes findet nämlich, dass Unternehmen Kommunikationsregeln nicht einseitig aufstellen dürfen. In etwa so, wie Diskotheken entscheiden, welche Kleiderordnung gilt? Dass Facebook, Twitter und Co. eigene Regeln haben, bedeutet nicht, dass sie sich damit über das Gesetz hinwegsetzen. Wenn die US-Anbieter aus kultureller Tradition keine Nacktheit in ihrer Diskussion wünschen, muss man das akzeptieren. Man kann andere Plattformen finden und erfinden, auf denen man Nacktheit zelebriert, wenn man denn unbedingt will.
Für alle anderen Fälle, in denen beispielsweise die Kommunikation über die Stränge schlägt, sollte gelten, was ich zuvor sagte: Es reicht, wenn die Kommunikationspartner von ihrem „Recht“ Gebrauch machen. Vielleicht sollten Kappes und Seemann deshalb lieber eine Liste von Beispielen erstellen, und den Möglichkeiten, diese Vergehen zur Anzeige zu bringen.