Neil Young bald nicht mehr bei Spotify und Apple Music
Alexander Trust, den 17. Juli 2015Musiker Neil Young hat sich dazu entschieden, seine Inhalte demnächst nicht mehr via Musik-Streaming-Plattformen wie Spotify, Deezer oder Apple Music bereitzustellen. Die Qualität des Streamings gibt bei ihm den Ausschlag.
Neil Young möchte seine Songs schon bald nicht mehr über Musik-Streaming-Plattformen anbieten, ganz gleich wie diese heißen, oder wie viel sie dem Künstler bezahlen. Denn Young stört sich an der „minderen“ Qualität, die beim Streaming angeboten wird, wie er seinen Fans nun auf Facebook mitteilte.
Mobilfunk vs. stationäres Internet?
Nutzer von Musik-Streaming-Plattformen sind, wenn sie unterwegs sind, bereit, bei der Qualität Abstriche zu machen, damit ihre Mobilfunkrechnung nicht durch überschüssige Kosten für Datentransfers belastet wird. Das Streaming von Musik und Videos würde sonst recht schnell die eigenen Limits durchbrechen. Dazu bieten Musik-Streaming-Plattformen wie Apple Music, Spotify oder Deezer „für unterwegs“ eine niedrigere Bitrate an als im heimischen WLAN-Netzwerk.
„It’s not because of the money (…). It’s about sound quality. I don’t need my music to be devalued by the worst quality in the history of broadcasting or any other form of distribution.“
Neil Young
Apple hat in der Beta-Version von iOS 9 Vorkehrungen für Nutzer von Apple Music getroffen, dass diese ebenfalls unterwegs deutlich weniger Daten herunterladen müssen als daheim. Doch viele Anbieter ermöglichen ein Herunterladen der Audio-Dateien vorab, damit man unterwegs überhaupt nur für spontane Downloads noch „Traffic“ erzeugt. Sowohl das Streaming in Wi-Fi-Netzwerken als auch der Download vorab geschieht mit einer Bitrate jenseits der 192Kbit/s, die gemeinhin als „CD-Qualität“ beschrieben wird. Apple bietet Dateien mit einer Bitrate von 256 Kbit/s in seinem eigenen AAC-Format an, von dem es heißt, das es qualitativ etwas besser abschneidet als das herkömmliche MP3.
Young kritisiert Qualität
Ob der Download im Mobilfunk-Netz oder im heimischen WLAN stattfindet, ist speziell für Neil Young jedoch einerlei. Denn der Musiker kritisierte digitale Musik schon früh und findet MP3 als komprimiertes Audio-Format per se nicht gut. Tatsächlich hat Young deshalb irgendwann einmal einen eigenen, „Pono“ genannten, digitalen Musikplayer angekündigt, und zwar in einer Talkshow von David Letterman im US-Fernsehen, im Jahr 2012. Doch erst 2015 wurde das Gerät auf den Markt geworfen und unterstützt hochqualitative Audiodateien für die Nutzer. Der Audio-Player kostet rund $400.
Dazu gibt es einen speziellen „Pono Music Store„, in dem die digitale Musik in Pono-Qualität angeboten wird. Die kostet durchaus etwas, so wird zum Beispiel Bruce Springsteens Album „Born in the U.S.A.“ dort zum Preis von $18 angeboten. Der Käufer erhält eine Aufnahme mit 44,1 kHz und 24-bit. Als MP3-Variante bekommt man das gleiche Album zum Beispiel im Google Play Store für lediglich $7, dann allerdings nur als MP3. Neil Youngs Album „Harvest“ (dt. Ernte) wird im Pono Music Stroe für knapp $22 angeboten, und bietet dort Aufnahmen mit 192 kHz und 24-bit. Auf Google Play kostet das Album lediglich $9,50. Nicht bei allen Künstlern ist es im Pono Music Store möglich, die Songs einzeln zu kaufen. Man kann entweder das komplette Album kaufen, oder gar keine Songs.
Vergangenheitsbewältigung?
So wie Apple mit der Einführung von „Retina“-Displays zunächst einen Marketing-Streich vollführt hat, gibt es bei wissenschaftlicher Betrachtung jedoch Argumente, die das „Höher Schneller Weiter“ und immer mehr Pixel infrage stellen. Denn kaum ein Auge kann die Pixel von Retina-Displays auf einen gewissen Abstand überhaupt auseinanderhalten. Das gleiche gilt für digital komprimierte Musik. Neil Youngs Pono Player und der Pono Music Store bieten Musik, die man in den 90ern in Form von WAV-Dateien bereits weit verbreitet fand. Audiophile schwören auf hochqualitative Musik, weil komprimierte Musik zum Teil blechern klinge. Das ist „theoretisch“ richtig, doch die gleiche Wissenschaft kann den Beleg dafür erbringen, dass nicht alle Menschen auf diesem Erdball in der Lage sind, die Unterschiede überhaupt wahrzunehmen, weil ihr Gehör es „praktisch“ nicht zulässt. Speziell diese Nutzer würden viel Mehr Geld für Musik ausgeben, bei der sie qualitativ keinen Unterschied erkennen können. Wie hoch der Prozentsatz liegt, können wir nicht beziffern.
„When the quality is back, I’ll give it another look. Never say never.“
Neil Young
Man muss also davon ausgehen, dass Neil Young, dessen Musik ich schätze, ein besonders gutes Gehör hat und deshalb schon seit Jahren für die Verwendung von digitaler Musik eintritt, die wir alle vor 20 Jahren schon einmal hatten. Nur damals hat eben noch niemand daran gedacht, sie auf die Reise mitzunehmen. „Alles Andere“ wäre ein Scheunentor für das Bild von einem krampfhaften Versuch, digitale Musik zu etablieren, die wir bereits kannten und viele überhaupt nicht auseinander halten können.
Auf Facebook teilte Young seinen Fans jedoch mit, dass er seine Entscheidung überdenken werde, sobald die Technologie digital komprimierte Musik auf ein höheres Niveau hieven werden. Man solle schließlich niemals nie sagen.
Konsequent von Young wäre allerdings, wenn er seine Musik dann auch nicht mehr zum Kauf via Download anbieten würde. Denn ob die Musik mit 256 kbit/s als AAC gestreamt wird, oder ob man sie bei Amazon Music, Google Play, Groove (ehemals Xbox Music) oder im iTunes Store mit derselben Bitrate kauft, ist wohl einerlei. Doch den Verkauf seiner Musik möchte Young nicht einstellen.