Wie man bei Twitter mehr Klicks erzielen kann, oder auch nicht?

Alexander Trust, den 23. Januar 2013
@sajonara - Twitterprofil am 23.1.2013
@sajonara – Twitterprofil am 23.1.2013

Es gibt „Studien“ im weitesten Sinne, die Auskunft darüber geben, wann es sinnvoll ist, zu twittern, um möglichst viele Klicks auf die Links zu erhalten, oder viele Retweets.

„Den“ optimalen Zeitpunkt gibt es nicht, weil es nämlich nicht nur „die eine“ Zielgruppe gibt. Das Verhalten der eigenen Klientel spielt eine Rolle dabei, wann man die Tweets absetzen sollte, um möglichst viel Feedback zu erhalten.

Spielt die Länge der Tweets eine Rolle?

Rand Fishkin von SEOMOZ hat in einer eigenen Auswertung von Twitterdaten, die er 2010 unternahm, für seinen Fall analysiert, dass es eine eher marginale Rolle spielt, wie viele Wörter man in einem Tweet verwendet. Er spricht von einer „subtilen“ Korrelation (0,262).

Laut einer Auswertung von Dan Zarella sollen absolut kürzere Tweets, gemessen an der Zahl der verwendeten Zeichen, bessere Retweet-Quoten erzielen. Rand Fishkin findet für diesen Fall eine leicht höhere Korrelation, wenn es darum geht, zu schauen, ob Links in kürzeren Tweets auch öfter angeklickt werden (0,335). Zarella wertete 200.000 Tweets aus und fand eine höhere CTR bei Tweets mit 120 bis 130 Zeichen.

Werden themenrelevante Tweets häufiger geklickt?

Laut Fishkin besteht eine gewisse Korrelation (0,43) zwischen der Clickthrough-Rate seiner Tweets und deren Inhalt. Rand Fishkin nimmt für sich in Anspruch ein SEO zu sein, und sein Profil gebe auch her, dass er über Star-ups oder Technik twittere. Seine Leser, so Fishkin, erwarten entsprechend von ihm eher keine Links zu Spaßvideos oder Fotos von Haustieren und filtern womöglich seine Nachrichten entsprechend.

Wo sollte ich den Link im Tweet platzieren?

Lieber vorne? Doch eher hinten? Laut der bereits verlinkten Analyse von Dan Zarella seit es am besten, wenn man sowohl vor als auch hinter den Link etwas Text packt.

Wird die Clickthrough-Rate über die Zeit besser?

Man könnte auch fragen, vertrauen einem die Follower mit der Zeit mehr und klicken deshalb vielleicht häufiger auf die Links in den Tweets? Bei der Auswertung seiner Tweets ergab sich für Rand Fishkin das Bild, dass er keine Progression in dieser Angelegenheit feststellen konnte.

Welche Frequenz sollten meine Tweets haben?

Ist es besser, Tweets ein mal in der Stunde zu verschicken oder unter Umständen gleich 50 Tweets in einer Stunde? Die CTR soll laut Dan Zarella eher abnehmen, je mehr Links man in der Stunde twittert.

Und welche Sprache soll ich in meinen Tweets verwenden?

Zarella hat darüber hinaus auch Auswertungen zur verwendeten Sprache in den Tweets vorgenommen, die er analysierte. Unscheinbare Wörter wie „via“ haben ihm zufolge einen positiven Effekt auf die Click-Rate, ebenso die Verwendung der Phrase „daily is out“, die vom Service „Paper.li“ in den Tweets verwendet wird. Auch sollte man mehr Verben und weniger Nomen verwenden.

Muss ich die Datenbasis immer aktuell halten?

Wer auf Trends reagieren möchte, oder mit seinen Followern „heute“ interagieren mag, der muss dafür Sorge tragen, stets aktuelle Daten zu sammeln und auszuwerten, heißt es in den VDI Nachrichten im Januar 2013. Dort wird der Director of Business Intelligence bei SAS zitiert mit den Worten „Niemand interessieren die Twitter-Analysen von gestern“.

Welche Analyse-Tools gibt es?

Man kann die Analyse der eigenen Tweets natürlich in die eigenen Hände nehmen. Dazu bedarf es allerdings gewisser Programmierkenntnisse, um mit Hilfe der API von Twitter Daten auszulesen und zu sammeln und später dann auszuwerten.
Die Arbeit können einem aber diverse Analyse-Tools abnehmen, von denen es super viele gibt. TweetStats bspw. visualisiert einige Kennzahlen des eigenen Twitter-Accounts.
Daneben bietet beispielsweise Twittercounter an, gegen Bezahlung die eigenen Erwähnungen (Mentions) und Retweets zu dokumentieren und auszuwerten. Natürlich bietet der Dienst auch kostenlos ein paar Kennziffern. Allerdings fängt der Service erst an, den eigenen Account zu analysieren, sobald man ihn darauf hinweist. Für @sajonara begann die Auswertung im März 2010. Wer heute erst damit anfängt, kann auch keine früheren Statistiken erwarten.
Eine Analyse der eigenen Themen bspw. unternimmt der Dienst foller.me.
Twitter selbst bietet seit 2011 Analyse-Optionen an, nachdem man das Start-up Backtype aufgekauft hat. Allerdings stehen diese unter http://analytics.twitter.com nur Business-Kunden zur Verfügung. – Diese Auswahl ist lediglich exemplarisch. Es gibt deutlich viel mehr Tools.

Soll ich morgens und abends twittern?

Wie anfangs erwähnt kommt es auch auf die eigene Zielgruppe und deren Gewohnheiten an, ob man gelesen wird, oder nicht. Die vorhin erwähnte Analyse von Sign-up.to hat allerdings auch Durchschnittswerte für den optimalen Zeitpunkt zum Twittern angegeben. Bei der Auswertung ergab sich, dass die beste Click-Rate um 10 Uhr in der Früh und um 18 Uhr am Abend erreicht werden konnte.
Zarella hingegen formuliert, man solle später am Tag twittern und außerdem vermehrt am Wochenende.

Lesen weniger als 1% der Follower die eigenen Tweets?

Das äußerst ephemere Medium Twitter lebt durch die Kurzlebigkeit der Meldungen. Einmal etwas geschrieben, ist es fast schon nicht mehr auf dem Schirm der Leute. Das liegt in der Natur der Sache, da die Tweets chronologisch angezeigt werden, die aktuellsten immer zuerst. Je mehr Leuten eine Person folgt, desto häufiger wird seine Timeline neue Meldungen für ihn bereithalten und andere unter Umständen nicht mehr anzeigen, weil diese schon „zu alt“ sind, vor allem wenn man berücksichtigt, dass diese Person, die ein Follower von einem selbst ist, unter Umständen etwas Besseres zu tun hat, just zu dem Zeitpunkt, da man selbst eine Meldung twittert. Deshalb lautet die Maxime: „Jeder Tweet zählt.
Im April 2011 unternimmt Shea Bennett eine Analyse seiner eigenen Tweets. Seinerzeit attestiert er eine CTR von 1%, muss aber Ende Oktober 2012 erschreckt feststellen, dass man diese Ziffer nicht halten kann. Stattdessen wird offenbar die CTR umso niedriger, je mehr Follower man hat. Ende Oktober konnte Bennett nur noch 0,46% CTR feststellen.

„Don’t be disillusioned. There’s still value in building a large audience on Twitter, but it has to be one that is engaged. Otherwise it’s just a number.“
Shea Bennett

Eine Analyse von Sign-up.to von mehreren Zehntausend Tweets hat zwar die durchschnittliche CTR bei Twitter auf 1,64% notiert. bei Accounts mit über 10.000 Followern sinkt diese allerdings auf 0,45%.

Aktive Follower sind wichtig?

Man kann die vorherigen Zahlen einfach so hinnehmen, oder versuchen etwas dagegen zu unternehmen. Denn je engagierter die eigenen Follower, desto häufiger werden sie auch auf Links in den eigenen Kurznachrichten klicken. Shea Bennett appelliert, dass man sich nicht desillusioniert zeigen sollte:

Wie erhalte ich mehr Klicks bei Twitter, oder nicht?

Der Grund, warum ich überhaupt diesen Beitrag formuliert hab, war ein total substanzloser Eintrag auf einer SEO-Seite, der den Lesern verspricht, sie würden mit den vorgeschlagenem Tipp mehr Klicks erhalten. Nur belegen konnte man das nicht.

So wird auf Seo-United versprochen:

„(…) möchten wir Euch hiermit eine weitere Möglichkeit vorstellen, wie Ihr die Klickrate eines Tweets erhöhen könnt…“
Gretus von Seo-United

Ein Leser namens Oneck hinterfragt in einem Kommentar den Gehalt des Versprechens mit den Worten „Ist das tatsächlich so?“ Der Autor des Beitrags, Gretus, weiß darauf nur zu antworten, das „müsste man mal testen.“

Ist das tatsächlich so?

Nun schließt sich allerdings der Kreis: Denn egal ob durchschaubar substanzlos, oder wie im ganzen vorherigen Beitrag von mir zusammengetragen. All diese Hinweise haben das gleiche Problem. Sie können zutreffen, müssen es aber nicht.

Der Grund dafür liegt auf der Hand. SEO versucht anhand von empirischen Daten, ganz gleich ob diese geringfügig oder umfassend sind, Verhalten zu analysieren und zu prognostizieren. Würde man wissenschaftlich die ganzen Erkenntnisse untermauern wollen, müsste man deutlich mehr Aufwand betreiben. Selbst die in der Webbranche so beliebten Split-Tests, auch A/B-Tests genannt, sind nicht fundiert. Ohne tatsächlich das Nutzerverhalten zu beobachten, kann man nur lose Schlüsse ziehen, die vielleicht plausibel klingen, aber genauso gut ins Leere führen können.

Wie kommt es beispielsweise, dass Nicht-Raucher auch an Lungenkrebs erkranken oder die Straße auch nass ist, selbst wenn es nicht geregnet hat?

Denn den wahren Grund, warum ein User zu einer Zeit X auf einen Link geklickt hat oder nicht, kann man auf die bisher im Web gängige Weise nicht ermitteln. Man zieht die Lebensumstände und die Soziosphäre der Surfer nicht hinzu. Man kann gar nicht entscheiden, ob jemand auf einen Tweet klickt, weil ihm der Text gefallen hat, oder weil er die Person dahinter mag, weil ihn das Thema interessiert. Weil er selbstlos einen Freund unterstützen wollte, usw. usf. Solange man nicht Tests mit Beobachtungen einführt und Kontrollgruppen, und dafür sorgt, dass man möglichst „repräsentative“ Versuchsgruppen findet, wird man eher im Dunkeln tappen als Wahrheiten zu verkünden.

Gerade das ist aber das Problem von SEO und SMO als ganzer Disziplin. Denn wenn Google die Daumenschrauben anzieht mit Pandas und Pinguinen, dann beginnt das Raten aufs Neue. Ob sie nämlich nur Glück hatten, oder vielleicht sogar Recht, können die wenigsten von ihnen voller Inbrunst behaupten. Wer das trotzdem tut, der vergisst die Komplexität seines Schaffens, und ist damit kein guter Berater, ganz gleich für welche Kunden.


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