Parallels Desktop 7 im Test: Virtualisierung anderer Systeme auf dem Mac

Stefan Keller, den 7. September 2011
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Pünktlich zur IFA hat Parallels eine neue Version der Virtualisierungslösung Parallels Desktop vorgestellt. In unserem Testbericht wollen wir euch näher bringen, ob und für wen sich das Update auf Parallels Desktop 7 lohnt.

Was ist Parallels? Was ist neu?

Parallels Desktop 7 ist eine Virtualisierungssoftware, mit der es möglich ist, ohne Neustart des Mac ein weiteres Betriebssystem „im Fenster“ zu betreiben. Durch die Integrationsfeatures ist es auch möglich, Programme so in den Mac-Desktop zu integrieren, dass sie laufen, als wären es native Programme.

Das Update auf Parallels Desktop 7 steht ganz im Zeichen von OS X Lion. Zunächst haben die Entwickler die Software an OS X Lion angepasst. Der Vollbild-Button musste beispielsweise dem Lion-Feature für Vollbild-Programme weichen. Der Hersteller verspricht daneben einige Optimierungen, die die Leistung der virtuellen Maschine angeht. Vielleicht das wichtigste neue Feature ist die Virtualisierung von OS X Lion: Hiermit kann Mac OS X 10.7 innerhalb von Parallels laufen. Denkbar wäre, dass ein Anwender, der auf Rosetta-Programme angewiesen ist, mit Snow Leopard nativ arbeitet und neue Lion-Features in der virtuellen Maschine nutzt. Der umgekehrte Fall wäre zwar sicherlich nützlicher gewesen, aber das verbietet die Mac-OS-X-Lizenz.

Virtuelle Maschine einrichten

Wie schon bei Parallels Desktop 6 geht die Einrichtung sehr leicht (und nahezu unverändert) über die Bühne. Der Assistent interessiert sich für das Installationsmedium und versucht anhand dessen das Betriebssystem nebst sinnvollen Voreinstellungen zu ermitteln. Neu ist in dem Fall, dass OS X Lion wahlweise von der Recovery-Partition oder vom DMG-File aus dem App Store-Download installiert werden kann (Lion noch einmal herunterladen / Wie komme ich zum DMG?).

Neu ist allerdings, dass vorgefertigte, virtuelle Maschinen, die von Parallels heruntergeladen werden können, prominenter platziert sind. Hierunter fallen Chrome OS (das schon in der Vorgängerversion verfügbar war), Ubuntu Linux und Fedora Linux. Diese virtuellen Maschinen haben den Vorteil, dass sie bereits komplett eingerichtet und mit den entsprechenden Tools versehen sind.

Performance in und außerhalb von Spielen

Performance ist ein wichtiges Thema innerhalb einer virtuellen Maschine. Nicht nur weil Anwendungen, die nicht nativ auf dem Mac laufen, möglichst flüssig laufen sollen. Was Anwendungsprogramme angeht, ist Parallels hierbei gut dabei: Windows-Programme laufen weitestgehend problemlos und fast ohne nennenswerten Geschwindigkeitsverlust, verglichen etwa mit Boot Camp. Bei Spielen sieht dies etwas anders aus.

Zugegebenermaßen hat Parallels hier auch das Problem, die DirectX-Aufrufe in der VM abzufangen, in OpenGL-Befehle umzuwandeln, diese auszuführen und wieder zurück zur VM zu transportieren. Was ältere Spiele angeht, ist Parallels hierbei durchaus eine Alternative zum Reboot in Boot Camp, für neue Spiele wird aber dringend zu einem echten Windows geraten. Need For Speed: World etwa läuft im realen Windows auf 2560×1440 bei allen Details und 2xAA durchgehend flüssig, während dasselbe Spiel in Parallels nur auf minimalen Details bei 1024×768 „spielbar“ läuft (Core i7, Radeon HD 6970M). Wir haben weiterhin beobachtet, dass die Performance von DirectX in Windows 7 besser zu sein scheint, als in Windows XP, genau wie bei der Vorgängerversion. Was Spiele angeht, bleibt zu sagen, dass im Grunde das Gleiche zutrifft, wie im letzten Jahr bei Parallels Desktop 6: Wenn ein Spiel mit VMware läuft, läuft es dort in der Regel besser. Breitere Unterstützung bietet aber Parallels Desktop. Dennoch sind beide kommerziellen Virtualisierungsplattformen eher mäßig zum Spielen geeignet.

Zu beachten ist aber, dass Parallels Desktop in seiner Funktion als Virtualisierer Speicher braucht, viel Speicher. Mit fünf virtuellen Maschinen war es uns bereits möglich, 16 GB RAM auszulasten. Nun sind fünf VMs gleichzeitig sicher nur die Ausnahme, aber es zeigt, dass es für eine vernünftige Arbeit mit dem Tool eine Menge Hardware braucht. Vier oder besser acht Gigabyte RAM sollte der Mac also durchaus mitbringen.

Außerhalb von Windows

In der PC- (und Mac-) Welt gibt es noch mehr als nur Windows. Parallels schickt sich hier an, auch andere Systeme virtualisieren zu können. Im Falle von gängigen Linux-Distributionen (die zum Teil mitgeliefert werden), wurden hier Hausaufgaben relativ gut gemacht, Linux fühlt sich in der Tat besser an als auf der Vorgängerversion. Was exotischere Systeme wie Open Solaris angeht: Sie laufen und dank des generischen Grafiktreibers kann man auch relativ gut damit auskommen, aber in Ermangelung an Treibern und Parallels-Tools ist eine richtige Integration nicht gegeben. Das ist vor allem bei der Verwendung der iOS-App ein Nachteil.

Mac OS X Server konnte schon seit längerem virtuell betrieben werden, seit Lion trifft dies nun auch auf die Desktop-Variante zu. Ganz an die Performance von Windows reicht OS X Lion in Parallels hierbei nicht ran. Immerhin werden Parallels-Tools mitgeliefert, die eine Integration nahtloser machen. Kuriosität am Rande: OS X Lion läuft zwar in Parallels, aber mit der Hardware scheint es nicht viel anfangen zu können. Der Prozessor hat eine Geschwindigkeit, aber keinen Namen und auch der Bildschirm besteht nur aus dem Treiber-Namen.

iOS-App

Bereits für Parallels Desktop 6 wurde eine iOS-App entwickelt, die seinerzeit kostenlos abgegeben wurde. Sie kostet jetzt 3,99 Euro, das Update für Bestandskunden bleibt aber kostenlos. Die App wurde im Rahmen von Parallels Desktop 7 enorm verbessert und erweitert: Über den großen Lag via UMTS-Netzwerk sind sich die Entwickler im Klaren, aber im lokalen Netzwerk beginnt die App langsam Spaß zu machen. Dort ist die Reaktion richtig gut, die Aktualisierung flüssig und die Zeitdifferenz zwischen Host und VM beträgt nur ca. eine Sekunde, Abspielen von Flash-Inhalten im Browser des Gast-OS ist aber problemlos möglich. Leider ist die App, wie im letzten Jahr schon, nicht zu gebrauchen, wenn keine Parallels-Treiber für das entsprechende System verfügbar sind. Einmal mehr läuft der Mauszeiger ins Nirgendwo, wenn man irgendetwas anklicken will. Das trifft übrigens auch dann zu, wenn in Windows die Auflösung geändert wird. Wer also eine Runde Fallout 2 auf der Couch auf dem iPad spielen wollte, was theoretisch durchaus ginge, wird daran gehindert, weil die Maus nicht mitspielt. Immerhin ist die App in einem Belang klüger als die Desktop-Version: Das Bild wird immer skaliert, sodass es möglichst den gesamten Bildschirm füllt. Bei einem Spiel in kleinerer Auflösung im Vollbild sieht man auf dem Host-Rechner nur schwarze Ränder und in der Mitte das Spiel.

Sehr schön ist übrigens, dass man mit der App auf den Host-Rechner zugreifen kann, als wäre es eine virtuelle Maschine. Weniger schön ist, dass nur der primäre Bildschirm erfasst wird.

Weiterhin müßig ist die Lösung der Statuszeile auf dem iPad, die im Querformat immer zu sehen ist. Dies ist keine neue Sache, aber behoben wurde sie dennoch nicht. Ein Workaround besteht im Zoomen und Scrollen, wenn man an Objekte kommen will, die von der Zeile verdeckt werden.

Einschätzung: Wann lohnt das Update?

Da Parallels Desktop 6 via Update auf die Eigenheiten von OS X Lion angepasst wurde und sich, zumindest in unserem Test, die Spielekompatibilitäten nicht dramatisch verbessert haben, würden wir sagen: Für diejenigen, die Lion virtualisieren möchten, ein Muss. Wer mit Parallels Desktop 6 zufrieden ist, wird dies auch bleiben. Wer sich eine Virtualisierung neu anschaffen möchte, sollte zu Parallels greifen, wenn Spiele wichtiger sind als viele Nischen-Systeme, wenn eine breitere Abdeckung von Gast-Systemen wichtiger ist, bleibt VMware die bessere Wahl.

Fazit

Dass Parallels Desktop 7 OS X Lion virtualisieren kann, hat man der Konkurrenz nun voraus, die bessere Unterstützung von DirectX-Anwendungen bleibt erhalten, die Linux-Unterstützung wurde etwas besser – aber der Rest ist eigentlich gleich geblieben gegenüber letztem Jahr. Parallels Desktop 7 ist eine solide Virtualisierung, ein Update lohnt sich dennoch nur bedingt – wobei das vor allem daran liegt, dass die Pflicht schon mit älteren Ausgaben gut gemeistert wurde. Immerhin ist die App deutlich verbessert worden: Sie bietet nun Sound aus der VM an (nicht aber vom Host-Rechner, obwohl dieser ebenfalls ferngesteuert werden kann) und ist reaktiv genug, um beispielsweise Flash-Inhalte auf dem iPad zu sehen – wenn der Mac läuft. Perfekt ist sie dennoch nicht.

Insgesamt überzeugt Parallels aber – und wer OS X Lion virtualisieren will, ist mit Parallels Desktop 7 gut bedient.


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