Kolumne: Ghost in the Shell Zone

rj, den 11. Dezember 2010
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Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner kann’s twittern. Angesichts der Maßnahmen gegen Wikileaks werden aktuell Kommunikationskanäle und Dienstleistungen dichtgemacht, man könnte meinen, der Wettbewerb im staatstragenden Benehmen sei bei den entsprechenden Unternehmen ausgebrochen. Wenn es um die Steuermoral geht, wünscht man sich natürlich ebenso große Solidarität, aber man muss klein anfangen.

Visa, PayPal, MasterCard down – und die Netzwelt diskutiert, ob man selbstverständlich DDoSen darf oder man sich dadurch mit ein paar Chaoten gemein macht, die aus vielleicht nachvollziehbaren Motiven der Sache an sich schaden. Entscheiden muss das wohl jeder für sich selber, das anschließende Handeln wird indes nicht von Systemgrenzen behindert – das von Anonymous eingesetzte DDoS-Tool LOIC gibt es für Windows, Linux und Mac. Irgendwer da draußen glaubt an das Potential der Macuser zum zivilen Ungehorsam. Vorsicht sei geboten, der erste Angreifer wurde bereits verhaftet. Was tun? Um auf das Leninzitat eine der schönsten Zeilen aus der ersten Version des demnächst neuverfilmt erscheinenden „TRON“ zurückzuzitieren: „Die Entscheidung liegt bei uns, den Usern.“. Erst 2020 wird sie uns abgenommen, da treten wir nämlich in die Ghost in the Shell-Zone ein.

Falls davor nicht schon 2012 die Welt untergeht – dafür gibt’s zum Glück den Countdown zur Apokalypse fürs iPhone.

Bisher arbeitet der Geist in der Maschine eher unzuverlässig. Wir hatten es meines Wissens nach noch nicht auf Macnotes erwähnt, dabei gibt es Damnyouautocorrect schon ein wenig länger.

Es passt irgendwie ein wenig schlecht zum appletypischen Saubermannimage, dass gefühlte 50% der dort aufgeführten, ungewollten Autokorrekturen des iPhone entweder zu „Penis“ oder „Anal“ korrigieren, die Ergebnisse hingegen sind geeignet, Kollegen im gleichen Büro wegen gelegentlicher Kicheranfälle ohne erkennbaren Grund zu irritieren.

Bevor wir nun von der Soft- zur Hardware kommen, noch die Randbemerkung, dass Apples Berührungsängste gegenüber den Administrationslösungen der Konkurrenz offenbar im Schwinden begriffen ist. Es ging ein wenig unter, aber mit Hadoop wird in Zukunft in Apple-Datencentern offenbar der Einsatz einer Plattform für verteiltes Rechnen kommen, der bisher insbesondere bei Google und Facebook hoch im Schwang war. Oder will Apple nur ein paar kluge Köpfe abwerben? Nun aber zur Hardware.

Mit dem kommenden neuen iPhone wird man sich nicht mehr mit fehlkorrigierten SMSen herumärgern müssen, da man sich nur noch akustisch missverstehen kann. Die Textmöglichkeit scheint nach dem Motto „Less is more“ wegrationalisiert worden zu sein. Aber, Trommelwirbel: es scheint richtiges USB zu haben. Nur die Beschimpfung von Windows-Kisten als DOSe wird angesichts der kommenden neuen iPhone-Bauform möglicherweise zum Bumerang.

Warum Apple beim neuen DOSen-iPhone ganz konventionell auf kabelgestützte Datenübertragung setzt? Wahrscheinlich liegt es an den Melkversuchen, die nach den Net Neutrality-Diskussionen mit Kabel/DSL-Providerschwerpunkt nun auch im Mobilbereich kommen. Unter anderem Apple soll für die Fehlkalkulationen der Handyprovider bei ihren Datenflats blechen, man könnte sich an sich hervorragend über die Dreistigkeit amüsieren, mit der hanebüchene Geldforderungen aufgestellt werden, wenn deren Absurdität nicht so schwer zu verstehen wäre. Tatsächlich ist das Thema ein wenig komplex, Toady hatte es mir vor einiger Zeit aber dankenswerterweise umfassend erläutert, was mich wiederum in die schöne Lage versetzt, kurzgefasst die Unsinnigkeit der Pläne von Telefonica, Vodafone und anderer zu erläutern.

Denn an sich ist es ganz einfach: Die Mobilprovider verkaufen ihren Kunden eine Leistung, die in Konnektivität und einem bestimmten, maximalen Datentransfer besteht. Der Kunde zahlt und nimmt diese Leistung in Anspruch. Nun verkauft Apple das Gerät, mit dem der Kunde die Dienstleistungen seines Providers überhaupt erst nutzen kann. Schöner noch: Apple verkauft ein Produkt, zu dem Provider mehr Leistungen als reine Telefoniepakete verkaufen (und entsprechend abrechnen) können. Mehr Leistungen, mehr Geld, an sich sollte man Apple für die „Datendienst-Anfixerei“ dankbar sein. Das Gegenteil ist indes der Fall, France Telecom, Telecom Italia und Vodafone wollen Gebühren von Apple und Google erheben, gekoppelt an den Datenhunger ihrer Geräte bzw. Dienste. Die richtige Antwort gab der Videoanbieter Dailymotion: Dort wird bissig kommentiert, dass man auch gerne über Gewinnbeteiligungen der Contentprovidern an den Vertragseinkünften der Mobilfunk-Provider reden könne, wenn diese schon über Kostenbeteiligungen beim Netzausbau sprechen.

Tatsächlich hat Apple schlicht überhaupt nichts damit zu tun, wenn Vodafone einem seiner Kunden ein Gigabyte Mobiltraffic verkauft. Diese Dienstleistung bietet Vodafone aus freien Stücken seinem Kunden an, der selbige bezahlt, anschließend ist die Sache abgegolten und hat Vodafone das Gigabyte zu übertragen, wenn der Kunde die (bezahlte) Leistung abruft. Fazit: Mit derselben Begründung könnten die Ölfirmen der Welt von den Autoherstellern fette Gewinnbeteiligungen fordern, weil der Verbrauch ihrer KFZ-Flotten schließlich weitere Ölförderung notwendig mache. Dass sie ohne Automobilindustrie schlicht keinen Markt für ihre Produkte hätten, wird gepflegt ignoriert.

OK, genügend Konfliktpotentiale aufgerollt, nun noch, weil bald Weihnachten ist: die North Point Community Church iBand spielt ein Weihnachtsmedley auf iPhones und iPads. App-Liste: iGog, Bassist, SoundGrid, Melody Bell, , NLogfree, Guitarist, Bebot, Percussions, Saxophone musicofx, Pocket Organ, T-Pain und Pianist.

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Zu guter Letzt die Antwort auf die Frage, die uns alle jahreszeitbedingt am meisten beschäftigt: Kann die Betriebstemperatur eines laufenden, zugeklappten Macbook Pro einen im selben Rucksack verstauten Schokoladennikolaus zum Schmelzen bringen und so eine größere braune Sauerei verursachen? Wir haben es für euch ausprobiert, die Antwort ist „Ja. Das geht.“

Schönes Wochenende.


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