Kommentar: Mac App Store – Anfang vom Ende?
ml, den 21. Oktober 2010Die Ankündigung des Mac App Store hat bei beim gestrigen Back-To-Mac-Event keine spontanen Begeisterungsstürme bei den anwesenden Journalisten ausgelöst. Wurden sonst neue Funktionen immer beklatscht, blieb es bei der Demonstration des Mac App Stores auffallend ruhig im Saal.
Liegt es daran, dass sich ein App Store auf einem Computer im besten Fall irgendwie komisch anfühlt? Ist es meine Skepsis gegenüber den vermeintlichen Vorteilen des Mac App Stores, die mich mit einem unguten Gefühl auf die Zukunft der Mac-Plattform blicken lässt?
Ein kritischer Kommentar eines Mac- und iPhone-Entwicklers.
Vorteil Apple
Fangen wir zunächst mit den Vorteilen an. Zunächst einmal möchte Apple zukünftig am Verkauf von Mac-Anwendungen mitverdienen. Der aus dem App Store für iPhone und Co 70/30 Split wird auch hier gelten. Daran gibt es per-se nichts Verwerfliches, denn das Apple kein karitativer Verein ist, dürfte jedem klar sein.
Für die Entwickler die ihre Anwendung über den Mac App Store vertreiben gibt es die gleichen Vorteile wie beim normalen App Store. Apple übernimmt das Hosten und die Bezahlabwicklung der Applikation. Zusätzlich können Entwickler von einer besseren Sichtbarkeit ihrer Anwendung profitieren, da es eine zentrale Anlaufstelle für die Suche nach passenden Anwendungen gibt. Das dürfte insbesondere für neue Entwickler auf der Mac-Plattform interessant sein. Bei iPhone und Co hat der App Store jedenfalls für eine wahre Entwicklerschwemme gesorgt.
Für den Anwender dürfte der Mac App Store einfach nur bequem sein. Nach einer kurzen Anlaufzeit wird er dort vermutlich passende Anwendungen für jeden Zweck (hat jemand Fart-App gesagt?) finden. Alternative Softwarequellen braucht man dann vermutlich nicht mehr aufzusuchen. Angenehm ist natürlich auch das Lizenzmodell. Einmal kaufen und auf allen Rechnern im Haushalt nutzen. Damit wird die Familienlizenz zum Standard.
Problem
Kann es sich zukünftig ein Entwickler oder eine kleine Softwarefirma leisten eine Anwendung nicht über dem Mac App Store zu vertreiben? Es besteht die Gefahr, dass eine Anwendung die dort nicht zu finden ist nur schwer bei den Anwendern wahrgenommen wird und damit auch zu niedrigen Verkaufszahlen führt. Das wird dazu führen, dass zukünftig immer weniger Software „frei“ heruntergeladen und installiert werden kann, ohne sich der Diktion des Mac App Stores zu unterwerfen. Weitergesponnen stellt Apple in ein oder zwei Jahren fest, dass es eh keine Software mehr außerhalb des App Stores gibt und macht diesen dann zur Pflicht. Hier verhält es sich wie mit dem Frosch, den man in den Wasserkocher setzt und dann kontinuierlich die Temperatur erhöht.
Kritiker mögen jetzt einwenden, dass der Mac App Store den Anwendern mehr Sicherheit vor Viren und anderer Malware verschafft. Auch das sehe ich kritisch. Sieht Apple trotz mantraartiger Verneinung eine solche Gefahr auf sich zurollen? Selbst wenn, dann wäre ein solches Vorgehen nur ein sehr schwacher Versuch dies zu verhindern. Ein Sicherheitsmodell des Betriebssystems welches auf die Kontrolle der darauf installierbaren Anwendungen setzt ist den Programmcode nicht wert mit dem es implementiert wurde. Im weitesten Sinne ist es „Security through Obscurity“ und wie die Vergangenheit lehrt, hat das noch nie gut funktioniert.
Zudem verhindert der Mac App Store wie schon beim iPhone schnelle Updates. Selbst kritische Fixes für Sicherheitslücken müssen erst den mitunter langwierigen Review-Prozess durchlaufen bis Apple das Update freigibt, was der Sicherheit zusätzlich abträglich ist.
Entmündigung des Anwenders
Ich habe die Befürchtung, dass der Mac App Store zu einer schleichenden Entmündigung des Anwenders führen wird. Apple kontrolliert zukünftig noch stärker welche Anwendungen wir auf unseren Rechnern installieren. Flog eine schlechte Anwendung früher bestenfalls gleich wieder in den Papierkorb, so entscheidet zukünftig erst einmal Apple was gut und was schlecht ist. Freuen dürfen wir uns wohl daher auch zukünftig über Meldungen, in denen von einer Ablehnung aufgrund der „Duplikation von Funktionalität“ berichtet wird.
Dabei beruhigt es auch nicht, dass diejenigen unter uns die finden, dass die Hardware die sie bezahlt haben auch ihnen gehört und sie daher damit machen können was sie möchten, schon irgendwie einen „Jailbreak“ finden werden, wenn man dann liest, dass in Niedersachsen die Polizei gegen Jailbreaker ermittelt.
Fazit
Wieviel Entmündigung bzw. Enteignung ist der Anwender bereit für Bequemlichkeit hinzunehmen? Blickt man z. B. auf die Datenschutzproblematik bei Facebook und den trotzdem ungebrochen hohen Zulauf an neuen Mitgliedern, dann ahnt man beim Mac App Store nichts Gutes. In einem solchen Szenario würde ich dann wohl Abschied vom Mac nehmen müssen. Wieviele Anwender würden folgen?