Abo-Dienste fürs iPhone: Vorsicht beim Werbungklicken, In-App und anderswo (Update)
rj, den 18. August 2010Abo-Dienste – manche werden auch „Abo-Fallen“ sagen – sind ein seit Jahren beliebtes Abrechnungsmodell im Netz. Auf dem iPhone waren die einschlägigen Angebote bislang nicht im Fokus, doch bei immer mehr Angeboten, die per In-App-Werbung an den Kunden gebracht werden sollen, wird eine einschlägige Warnung nicht schaden. Auf iPhone und iPad, über App-Werbung und Social Media kommen die Annoncen. Eine Premium-SMS verschicken oder den Abo-Abschluss bestätigen geht dann oft leichter, als man denkt. Spannendes Detail: bei Abo-Bestellungen via WAP-Webseite liefern die Handyprovider einschlägigen Anbietern die Handynummer zur IP gleich automatisch mit.
Was schon vor Jahren auf „gewöhnlichen“ Webseiten lange Zeit umstritten und Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten war, scheint sich nun auf den Mobilplattformen und in den Social Networks nochmals abzuspielen. Insbesondere auf iPhone-Screens sind AGB und einschlägige Abobedingungen bei manchen Anbietern schwer erkennbar bzw. gleich gar nicht sichtbar – ein leichtfertiges „OK“-drücken kann gelegentlich bereits zum (nicht unbedingt rechtsgültigen) Vertragsabschluss führen. Wie Kai Laufen vom SWR recherchierte, werden dazu von mindestens drei der großen vier Handyprovider in Deutschland zur IP des Users, der via WAP-Browser eine Bestellung tätigt, automatisch die Handynummer an den Anbieter des georderten Dienstes mit übermittelt.
Abo-Anbieter…
Äußerst umstritten sind beispielsweise die Leistungen von Guerilla Mobile aka Bob Mobile aka HandyPlanet: schon seit Anfang 2009 wird von Abos berichtet, die auf ungeklärte Weise zustandekamen und nur unter einigen Schwierigkeiten wieder gekündigt werden konnten. Auch in iPhone-Werbeanzeigen soll inzwischen von Guerilla Mobile Werbung geschaltet werden. Wenig Wert legt man darauf, dass der Kunde erfährt, was er gerade tut. Eine Facebook-Kampagne des Mobile-Anbieters zeigt das recht deutlich – wenn man den Text markiert, der ansonsten kaum zu lesen ist.
Betroffene berichten, dass nach der Eingabe der Handynummer Kontenbelastungen auch dann stattfanden, wenn die Bestätigungs-SMS nicht beantwortet wurde. Hinweise per SMS erhält man dabei nicht etwa von einer der drei Namen, unter denen Dienste angeboten werden, sondern von einer GoPAY.de. Inzwischen sei bei mehreren Staatsanwaltschaften Anzeige gestellt worden.
iPhone-optimiert kommt auch die KKO Mobile-Werbung aufs Smartphone: die suggerierte Nacktscannerfunktion bietet das beworbene Produkt selbstredend nicht. Immerhin: etwas holprig, aber erkennbar werden die entstehenden Kosten und das Abo angeführt.
Möchte man die AGB betrachten, bevor man sich auf den Deal einlässt, kommt man am „Bestätigen“ aber nicht vorbei. Per Deeplink (http://ipxde.kkomobile-de.0pb.org/i.php/kkomobile-de/cgv/agb) geht’s zwar – wir wollen an dieser Stelle aber davor warnen, auf der Seite weiterzuklicken. In der Detailansicht heißt es hier vor Ort im Macbook-Browser zwar, es seien keine Abos gebucht, die Übersicht scheint hingegen auf zwei durch uns abgeschlossene Dienste der KKO Mobile hinzuweisen. Bisher erhielten wir jedoch keine einschlägigen Bescheide, mangels angegebener Handynummer rechnen wir auch nicht mit einer wie auch immer gearteten Form der Rechnungsstellung.
…kooperierende Mobilfunk-Provider…
Eine nicht eingegebene Handynummer bedeutet aber mitnichten, dass auch kein Abo abgeschossen wurde. Wie SWR-Reporter Kai Laufen bei Recherchen zum Thema für den SWR erfuhr, gibt es zwischen den Mobilfunkprovidern in Deutschland und Anbietern verschiedener Handy-Dienste und -Spiele Kooperationen, was die Vertragsabwicklung und notwendige Datenübertragung angeht. Bei Abobestellung via WAP-Seite werden zur IP (die ohnehin in den Serverlogs der Anbieter landet) automatisch die zugehörige Handynummer vom Provider übermittelt. Bestätigt wurde diese Vorgehensweise von E-Plus, O2 und T-Mobile. Letzterer wörtlich: „Wir bieten Anbietern eine Schnittstelle an, damit Vendoren aus IP-Adressen Handynummern entschlüsseln.“.
Rechtlich dürfte das – Erwähnung in den AGB vorausgesetzt – durchaus in Ordnung sein, schließlich will der Kunde einen Vertrag mit einem Dritten abschließen und erleichtert der Provider den beiden Parteien somit das offenbar gewünschte Geschäft. Die „Dienstleistung“ gerät nur zum Ärgernis, wenn man dabei an Anbieter gerät, welche aus guten oder weniger guten Gründen die Vertragsbedingungen oder den Vertragsabschluss selbst nicht unbedingt transparent gestalten bzw. abwickeln.*)
Auch bei den KKO-Diensten landet man nebenbei recht schnell in der „Firmenverwirrung“ – KKO Mobile ist ein Angebot der MyDoo GmbH, diese wiederum befindet sich noch im Prozess der Handelsregistereintragung. Abgewickelt werden Dienste und Services wiederum über die us-amerikanische Cellfish Media. Diese wiederum schmückt sich mit durchaus großen Namen: lizensierte Medien und Spiele der Branchengrößen wie Warner, Universal, Electronic Arts oder Sony befinden sich im Portfolio.
Falls Leser auf ähnliche Anzeigen in iPhone-Apps und iPhone/iPad-optimierten Werbeformaten stoßen – Hinweise werden gern entgegengenommen. Beim SWR recherchiert Kai Laufen weiter für einen Bericht zum Thema und nimmt Hinweise ebenso per E-Mail gern entgegen.
…und Apple?
Mehr als einmal wurde an dieser Stelle kritisch über Apples restriktiver Politik auf ihrer mobilen Plattform berichtet. Es muss an dieser Stelle zugestanden sein, dass iAds bislang mit vergleichsweise transparenten Werbeprogrammen arbeitet. Mit einer aktuell höchst überschaubaren Zahl von Werbekunden ist das nicht allzu schwer – aktuell sind auf der iAds-Plattform Unilever, Nissan, Citigroup, Walt Disney und J.C. Penney vertreten. Erste Beschwerden werden bereits laut: Apple greife zu massiv in die Ad-Entwicklung ein. Dies jedoch nicht, was Paymentsysteme, Abomodelle oder versteckte AGB angeht, sondern direkt in den „kreativen Prozess“. Mit Chanel soll sich bereits der erste Werbepartner für iAds vorerst zurückgezogen haben.
An anderer Stelle wird iAds eine glänzende Zukunft prognostiziert, spannenderweise begründet mit dem Fehlen der hier angesprochenen Probleme. Die „Angst vor dem Klick“ falle angesichts Apples strenger Kontrolle bei iAds weg, was die Plattform für Werbetreibende höchst attraktiv mache. Der Knackpunkt wird aber direkt benannt: Apple müsse seine Nutzer davon überzeugen, dass es sicher sei, auf alles zu klicken, was das iAds-Logo trage. Nur ist eben anzunehmen, dass der größte Teil der Nutzer niemals größere Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Auslieferer verschiedener Werbeprogramme richten wird. Das legt wiederum den Umkehrschluss nahe, dass Apple ein lebhaftes Interesse an ebenso rigide prüfender Konkurrenz bei mobilen Vermarktern für die iOS-Plattform hat.
Ob Apple zu guter Letzt den harten Kontrollkurs durchhält, wenn der Ansturm auf iAds einmal so hoch wie der auf die App Store-Plattform selbst ist, wird sich weisen. Im App Store „übersah“ Apple schon durchaus die eine oder andere versteckte Programmfunktion.
Nachtrag: Unser Leser Markus weist auf eine Möglichkeit hin, die Abofallen von vorneherein zu vermeiden:
„…Da die Handynr. beim Surfen per Mobilfunknetz mitübertragen wird (ich habe das schriftl. von der Datenschutzabteilung von T-Mobile!), wird die Rechnung automatisch belastet und man hat eine Forderung, die T-Mobile als ihre geltend macht. Sprich: Zahlt man nicht, kann man nicht mehr telefonieren / angerufen werden. Um dem Problem vorzubeugen, kann man bei seinem Netzanbieter das Kundenkonto „für die Abrechnung von Drittanbietern“ sperren lassen. Diese Sperre kann man sich auch schriftlich bestätigen lassen. So kann erstmal kein Geld flöten gehen, falls man auf solch dubiosen Seiten landet.“
Einzige Nebenwirkung sei, dass SMS-Kurzwahlen solcher Drittanbieter auch nicht mehr funktionieren, was im Sinne der Übung liegen sollte.
Nachtrag 2: Die SWR-Reportage wurde neben der Ausstrahlung auch als Text in zwei Artikeln im Netz publiziert. Thx, Kai!
*) Fußnote, leicht offtopic: Das ist mitnichten ironisch gemeint – blickt man nach Skandinavien, bemerkt man schnell, wie einfach, bequem und praktisch eine niedrigschwellige Payment-Methode per Handy aussehen und auf gesellschaftlich vollkommen akzeptierte Weise umgesetzt werden kann. Am Rande diskutierte ich dieses Problem mit Herrn Laufen, der vorschlug, dass Handy-Payments zugunsten der Sicherheit soweit „entschleunigt“ werden könnten, dass zumindest die Eingabe der Handynummer zur Bestätigung des Vertragsschlusses notwendig sein sollte, darüber hinaus könnte eine obligatorische Mail mit obligatorischem Link zu AGB, Vertragsdetails und Rücktritts/Widerrufsmöglichkeit versendet werden. So sehr mir das einleuchtet: mir würde eine „Everywhere-Payment“-Möglichkeit via handy durechaus gefallen, bequem fände ich sie jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nur, wenn ein Bezahlvorgang ungefähr so einfach wie der von Paypal via Web vor sich gehen würde.