Kommentar: Apples neue Macs und wie man sich verschätzen kann
rj, den 3. März 2009Nicht nur die Desktop-Hardware wurde mit iMac, Mac mini und Mac Pro runderneuert, auch die Art und Weise ist neu, wie Apple einen größeren Umbau des Angebots kommuniziert. Kein Event, trotz Update bei drei Produktlinien? Wir konnten es uns im Vorfeld nicht recht vorstellen. Im Nachhinein ist man klüger und kennt sogar ein paar Gründe, warum es eigentlich gar nicht so unwahrscheinlich war. Im Kontext der Macworld- und Messenstrategie Apples ergibt sich ein stimmiges Bild, in dem die Produkte in den Vordergrund treten, Events und Inszenierungen hingegen an Gewicht verlieren.
Die Macworld ’09 und die heiß ersehnte Apple-Keynote brachte Softwareupdates und eine (unterschätzte) Revolution im Online-Musikbusiness, aber nicht die erhofften neuen Geräte. Enttäuschung allerorten – und nun, da die neuen Macs in den Apple Stores gelistet sind, gab es nicht einmal einen Presse-Event in Cupertino. Weniger Event, mehr Produkt – ist das die neue Zukunftsstrategie bei Apple?
Schlüssig wäre es allemal – denn Hand aufs Herz: Thema Nummer eins bei einem Special Event wäre, Urlaub hin oder her, nach wie vor gewesen, ob es nun von Steve höchstselbst oder eben nicht von ihm gehalten worden wäre. Ob mit oder ohne Steve, in beiden Fällen wäre nicht vollkommen grundlos zu fürchten gewesen, dass die folgenden Spekulationen und Nachfragen von der Hauptsache des Events – den neuen Mac-Rechnern – bestenfalls abgelenkt, sie schlimmstenfalls völlig aus dem Fokus verdrängt hätten.
Stattdessen ließ man nun die Produkte für sich sprechen – in der denkbar schlichtesten Form. Gestern noch die alten, heute nun die lange erwarteten, neuen Rechner im Store, und das war‘s. Immerhin eine halbe Stunde Downtime gab es bei den Apple Stores weltweit. Verglichen mit dem wochenlangen Buzz, den eine angekündigte Keynote regelmäßig erzeugt, an sich ein Witz.
Oder ein cleverer Schachzug – denn nicht nur bei der MWSF ’09 trat ein Effekt ein, der bei einem Unternehmen wie Apple kaum zu vermeiden ist: Man erwartet Innovationen, neue oder gar revolutionäre Geräte, Anhänger der verschiedensten Produktfamilien hoffen naturgemäß auf Neuerungen bei „ihren“ Gadgets und Rechnern, und wenn es dann soweit ist, müssen die ins himmelhohe gewachsenen Erwartungen, Mutmaßungen und Hoffnungen ebenso selbstverständlich zumindest zum Teil enttäuscht werden. Bei einer halben Stunde Zeit, die zum wilden Mutmaßen und Spekulieren im Netz zur Verfügung steht, kann so ein Effekt auch nur in sehr eingeschränkter Form stattfinden.
Insofern trat das Gegenteil dessen ein, was viele (Teile der hiesigen Redaktion eingeschlossen) erwartet hätten: ein Update bei kleineren Produktreihen wie eben der Time Capsule. Vielleicht tatsächlich der Mac mini, aber mehr sicher nicht. Und so kam es nun zu einem Effekt, den Apple häufiger verdient hätte, zuletzt aber nur selten ernten durfte: die Erwartungen wurden deutlich übererfüllt.
So liegt man gerne daneben.