Die Sorgen, die Sorgen! Apples Risikobericht für die SEC
rj, den 6. November 2008Jedes Jahr legt Apple der Börsenaufsicht einen Bericht über den Stand des Unternehmens vor, in dem in seltener Offenheit auch Schwächen und Probleme angesprochen werden. Auf 104 Seiten kommen auch 2008 beispielsweise die Konzentration der Produktionsstandorte, die Unsicherheiten im Halbleitermarkt oder mögliche juristische Probleme für Apple zur Sprache. Einige davon durchaus interessant zu lesen.
An erster Stelle der Geschäftsrisiken im diesjährigen Berichts für die Börsenaufsicht steht wenig überraschend die Situation an den Finanzmärkten. Der Bankencrash macht Apple Kopfschmerzen: nicht nur die potentiell sinkende Kaufkraft auf der Kundenseite wird angesprochen, sondern auch die Unsicherheiten auf den Rohstoff- und Zulieferermärkten sowie die der eigenen „finanziellen Instrumente“, die das Unternehmen einsetzt.
Ebenso offen werden die Gerichtsverfahren angesprochen, die wegen einiger Börsen- und Optionsgeschäfte Apples im Gang sind. Hier gibt Apple klar zu Protokoll, dass einerseits vorbehaltlos mit den Behörden kooperiert werden soll und dass explizit keine Garantien für Kosten und Folgekosten laufender Prozesse gegeben werden können.
Wenig überraschender Risikofaktor: der extrem hart umkämpfte Markt. Auf allen Geschäftsfeldern tummeln sich die Wettbewerber, und während sich Apple als Trendsetter kaum verstecken braucht, schläft die Konkurrenz natürlich nicht. Interessanter im Kontext der konkreten Produktion ist indes der Hinweis auf die Situation bei Produktion und Zulieferern. Hier benennt Apple die geringe Zahl der Produktionsstandorte als Problem. An nur einem Standort in China werde so die Endmontage praktisch aller Mobilgeräte Apples – alle MacBook-Varianten, iPods und iPhones sowie die meisten iMacs – betrieben, entsprechend liegt hier ein Single Point of Failure in Bezug beispielsweise auf Naturkatastrophen, militärische oder politische Zwischenfälle.
Virtualisierung im Kommen
Ebenfalls pikant der Hinweis auf den zunehmenden Trend zur Virtualisierung. Oft als einer der zentralen Vorteile der OS X-Landschaft gepriesen, führt Apple die Möglichkeit zur Ausführung von Vista oder XP auf den Intel-basierten Macs als Risikofaktor auf: Softwarehersteller könnten angesichts der virtuellen MS-Systeme auf der OS X-Plattform die Pflege der nativen OS X-Versionen ihrer Programme einstellen.
Angesichts des späten Einstiegs im Handymarkt benennt Apple auch konkrete – und wenig überraschende – Faktoren: man steht beispielsweise einer Anzahl von Wettbewerbern gegenüber, die große Patentportfolios im Mobiltelefoniebereich halten. Erstaunlich hingegen das Statement zu den exklusiven Vertriebspartner in Bezug auf das iPhone: Für die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Irland und andere Länder habe man einen exklusiven Kooperationspartner für den iPhone-Vertrieb. Von dessen Erfolg ist man nun natürlich abhängig und sorgt sich entsprechend um die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Carriers sowie seiner Fähigkeit zur aggressiven Vermarktung des iPhone.
Wehe, wenn ein Erdbeben geschieht
Eine interessante Zusammenstellung von Risikofaktoren allemal: wusste wirklich jeder schon, dass der größte Teil nicht nur der Geschäftszentrale, Forschungs- und Entwicklungszentren Apples, sondern auch die meisten Produktionsstätten und Zuliefererbetriebe in der Nähe größerer geologischer Verwerfungen liegen, gegen direkte Erdbebenschäden jedoch nicht versichert sind?
Viele andere der aufgeführten Geschäftsrisiken werden schon bekannt bzw. einleuchtend sein, und bei vielen wird sich das Gefühl einstellen, dass Apple auch in der Vergangenheit gut mit den jeweiligen Problemen zurecht kam. Aber falls man in Cupertino jemals nach Gründen für Bauchschmerzen sucht: die diesbezügliche Versorgungslage scheint einigermaßen sicher.
Der vollständige Bericht findet sich als PDF im Netz.
Update vom 25. Juli 2020
: Leider gibt es das PDF an der Stelle nicht mehr. Auch im Internetarchiv haben wir es nicht gefunden, weshalb wir den alten Link entfernt haben.