Rezension: Willkommen am Mac. Für Umsteiger, Einsteiger und Neugierige

rj, den 12. Oktober 2008
Bücher
Bücher, Bild: CC0

Immer mehr Switcher und solche, die es werden wollen, tummeln sich in der Computerwelt. Für diese ist Anton Ochsenkühns Buch gedacht, genauer gesagt, für Switcher von Windows auf den Mac. „Willkommen am Mac“ richtet sich an „Umsteiger, Einsteiger und Neugierige“ und damit ist der Inhalt auch gut umschrieben.

Inhalt

Die Zielgruppenorientierung „XP-Switcher“ wird im Kapitel Zwei recht deutlich – einer detaillierten Gegenüberstellung von XP und Mac OS X, die beim und nach dem Systemwechsel als Nachschlagewerk wertvoll sein wird.

Hier schafft das Buch, die zwei Welten gegenüberzustellen, ohne in ein – notwendigerweise zum Scheitern verurteiltes – „das ist das gleiche wie…“-Schema abzugleiten. Die Erklärungen sind einsteigerfreundlich, umfassen aber zahlreiche Tipps und Kniffe für erfahrene Anwender – insbesondere, was Shortcuts angeht. Das Mausschubsen kann man sich mit Ochsenkühns Titel auf beiden Systemen gut abgewöhnen. Dem gegenüber stehen nur gelegentlich stutzig machende Passagen, beispielsweise, wenn repräsentativ an „zwei sehr wichtigen“ Beispielen die Systemsteuerung der beiden Plattformen verglichen wird und anschließend Bildschirmhintergrundbild bzw. Bildschirmschoner vorgestellt werden.

Im dritten Kapitel wird der konkrete Umzug von XP auf den Mac dargestellt, die Importe von Daten, Programm- und Systemeinstellungen ausführlich und gut bebildert erläutert. Ochsenkühn scheut auch nicht vor Umwegen zurück, wenn die dafür einen narrensicheren Transfer ermöglichen – Outlook-Maildaten werden in seiner Anleitung flugs über einen gegebenenfalls zwischengeschalteten Thunderbird-Import auf dem XP-System in ein Format gebracht, das auf dem Mac dann reibungslos zu importieren ist. Der durchschnittliche XP-Nutzer wird seine Migration hinbekommen, wer weniger gängige Programme nutzt, wird darauf hingewiesen, und auch die schmalere Spielebasis auf der Apple-Plattform findet Erwähnung. Regelmäßig stellt Ochsenkühn darüber hinaus Mac-Alternativen zu gängigen Windows-Programmen vor.

Das eigentliche Highlight ist Kapitel Vier: prägnant und griffig werden dort die Vorzüge und Feinheiten des Mac-Betriebssystems vorgestellt, mit den naheliegenden Schwerpunkten Spotlight, Finder und der schwer zu übertreffenden Integration von Programmen und der Betriebssystemfunktionen auf dem Mac. Sicherheit, Backup und Reparatur wird ebenfalls viel Platz eingeräumt, und wenn einige Features dem XP-Nutzer auf den ersten Blick recht knapp dargestellt scheinen, liegt das in der Regel daran, dass sie auf dem Mac schlicht und ergreifend einfacher vonstatten gehen. Die kurze Schlussbetrachtung und ein Index schließen das Buch ab.

Kritische Anmerkungen

Wer das Kapitel eins im „Inhalt“ vermisste: das war Absicht :) Ochsenkühn schreibt mit offensichtlicher Begeisterung und setzt für meinen Geschmack gelegentlich einen Smiley zuviel in ein Buch, das den Leser trotzdem bzw. deswegen anspricht und mitbegeistert – mit kleineren Einschränkungen. Im ersten Kapitel stellt sich Ochsenkühn unter anderem die Aufgabe, dem angehenden Switcher die Argumente zu liefern, um im windowslastigen Freundeskreis den unvermeidlichen Diskussionen tapfer und erfolgreich begegnen zu können. Vor dem Statement, wie ihm das gelingt, ein persönliche Subjektivitätswarnung: ich wechselte nach hauptsächlicher Arbeit auf Linux zum MacBook und bin seitdem auf drei Systemen (XP ist ebenfalls auf einem Rechner im Einsatz) zuhause. Insofern mag es im Auge des Betrachters liegen, was vom Folgenden Schwächen oder zielgruppenspezifische Stärken des Buches sind.

Unter dieser Einschränkung die beiden Abstriche, die ich am Buch machen würde: die „Philosophie“ kommt ein wenig kurz. Ochsenkühn bringt eine ganze Reihe guter Argumente – einheitliche Hardwareplattform, runde 32/64bit-Lösungen, das Ende der Treibersorgen, Stabilität, Vielseitigkeit – beim letzten Punkt ist er bereits bei Bootcamp und Parallels angelangt, was einen ängstlichen XP-Switcher sicher beruhigt. Die grundsätzlichen Unterschiede in der Philosophie, in denen der Mac jedoch wirkllich gegenüber XP punktet, kommen jedoch ein wenig kurz.

Am deutlichsten ist das beim Transfer von Musik von Windows auf Mac sichtbar – hier wird nach einer knappen Anleitung für die iTunes-Migration von XP nach OS X auf das ähnliche Prinzip beim Bildimport bei iPhoto verwiesen. Kein Wort von der Musik-Sortiertechnik über ID3-Tags. Während Windows und die dort verbreitetsten Player Winamp und Media Player den User zum Ordnerfetischisten erziehen, punktet der Mac mit einer intelligenten, datenbankbasierten Verwaltung, in der man als User im Optimalfall keine Hand mehr anlegen muss. So zum zweiten konkreten Abstrich: bei der Musikmigration wird der Switcher nicht nur einige interessante Features verpassen, sondern nach erfolgtem Datenimport im Buch keine wirklich gute Hilfe finden, sollte er mit den (zugegebenermaßen recht intuitiven) Funktionen von iTunes auf dem Mac nicht klarkommen.

Was keinen Sonderfall „Musik auf dem Mac“ darstellt, vielmehr ist die komplette Mac-Philosophie ja darauf ausgerichtet, dem User die Strukturierungsarbeit abzunehmen, die er auf dem Windows-System und den dort regelmäßig entstehenden Ordnerverschachtelungsorgien hat. Schön wäre im Buch neben dem spezifischen Spotlight-Lob eine Darstellung gewesen, warum der Mac hier die Nase weit vorn hat und den Rechner und dessen Innenleben weitgehend automatisch an die Bedürfnisse des Users anpasst bzw. die Strukturierungsarbeit selbständig und intelligent löst, während XP immer noch den User zwingt, in den Strukturierungen einer Verzeichnishierarchie zu denken, will man auch nur ansatzweise den Überblick behalten. Stößt man stattdessen auf Statements wie jenen zum „Tarn-Modus“ der Mac-Firewall, der „… Sie im Netz unsichtbar [macht] und damit sinkt die Möglichkeit, dass Sie von einem potenziell bösen Menschen angegriffen werden, weil er Sie schlicht und ergreifend gar nicht sieht…“, bleibt der Beigeschmack, dass jene unbedarften Windows-User mit fragwürdigen Statements beeindruckt werden sollen, die sich mangels besserem Wissen auch von den Statusmeldungen ihrer Softwarefirewall beeindrucken lassen.

Zugegeben: es ist auch nicht einfach, solche Unterschiede griffig und einleuchtend einem Leser zu erklären, der sich über die Probleme einer OS-Philosophie noch nie Gedanken machte, weil er „Computer“ bislang mit „Windows“ gleichgesetzt hat. Zum anderen kann dem Windows-User der Umstieg auch gerade dadurch leichter fallen, wenn er an seiner Ordnermetapher erst einmal hängenbleiben kann, bis er allmählich merkt, dass das alles auch praktischer und einfacher geht.

Fazit

Für den Umsteiger aus Richtung XP ist „Willkommen am Mac“ uneingeschränkt empfehlenswert – für wenig Geld bekommt der angehende Switcher ein Buch, nach dem er sich vermutlich kein weiteres mehr kaufen braucht, um Umstieg und Einarbeitung auf dem neuen System zu schaffen. Kritisches schreibt sich leichter und wortreicher als anderes, ein Umstieg ist auch ohne die angesprochenen Lücken im Buch problemlos zu schaffen, und die meisten wechselwilligen User werden sich die angesprochenen Gedanken nicht notwendigerweise machen müssen. Praktisch schmerzhaft wird die Infolücke nur in Bezug auf die Migration der Audiosammlung von Windows auf den Mac, wo sich vermutlich viele User auf die Hilfe via Rechner/iTunes verlassen werden müssen, statt wie in den anderen beschriebenen Anwendungsbereichen mit Ochsenkühns Buch bestens beraten zu sein. „Willkommen am Mac“ richtet sich an XP-zu-Mac-Switcher, nicht an andere Um- und Einsteiger, und für diese Zielgruppe erzielt das Buch vier von fünf Macs.


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