Test: Zeiss Cinemizer

ha, den 11. Februar 2008
Zeiss Cinemizer
Zeiss Cinemizer

Auf der Macworld haben wir bereits einen ersten Blick auf den Cinemizer von Carl Zeiss werfen können. Nachdem sich die neue Videobrille anschließend im Alltag bewähren musste, wird es nun Zeit für unseren Testbericht. Hält der Cinemizer, was sein Name verspricht?

Lieferumfang

Der Cinemizer kommt in einer schicken, aber recht klobigen Transportschachtel. Außer der Brille nebst Akku-Box und Kabelfernbedienung finden sich darin insgesamt 6 Adapter-Clips für die verschiedenen iPod-Modelle, zwei unterschiedlich große Nasenpolster, eine Kurzanleitung sowie ein USB-Kabel. Letzteres dient lediglich zum Aufladen der Akku-Box, Filme lassen sich auf dem Cinemizer nicht speichern. Zwar verfügt der Cinemizer über einen Klinke-Eingang zum Anschließen anderer Video-Quellen (wie DVD-Player oder Spielekonsolen), ein passendes AV-Kabel muss allerdings zusätzlich gekauft werden.

Design und Formfaktor

Für das Design holte sich Zeiss mit Frog Design die Firma ins Boot, die für Apples Formensprache der achtziger Jahre verantwortlich zeichnete.

Entstanden ist eine Videobrille, die zumindest auf den ersten Blick für eine Sonnenbrille aus dem Sportbereich gehalten werden könnte – eine Illusion, die durch die verspiegelten „Gläser“ der Brille ganz bewusst erzeugt wird. Schaut man etwas genauer hin, fällt dann aber der recht breite Rahmen auf, in dem die beiden Displays und die Linsen Platz finden. Statt in Schwarz gibt es den Cinemizer auch in vier etwas fröhlicheren Farbvarianten. Doch so sehr sich die Designer bemüht haben: Man sieht mit der Brille bestenfalls gewöhnungsbedürftig aus.

Bedienung und Ergonomie

Dank der breiten, dehnbaren Bügel und dem austauschbaren Nasenpolster lässt sich der Cinemizer einigermaßen komfortabel tragen. Mit seinen 115 Gramm ist er allerdings kein echtes Leichtgewicht. Da die Brille das Sichtfeld nicht vollständig abdeckt, lässt sich zumindest noch erahnen, was um einen herum passiert.

Am Rahmen kann für beide Augen unabhängig voneinander eine Dioptrien-Stärke von -3,5 bis +3,5 eingestellt werden. Diese stufenlose Schärferegelung ist wohl der größte Pluspunkt des Cinemizer und macht sich selbst dann bezahlt, wenn man im Alltag keine Brille trägt.

Weniger gelungen sind dagegen die Ohrhörer: Sie werden von den Bügeln herunter- und vor die Ohren geklappt. Diese Konstruktion wirkt erstens ziemlich wackelig und ist zweitens in Sachen Klang alles andere als optimal (siehe unten). Die Konkurrenz – wie z. B. myvu – verfolgt mit flexiblen In-Ear-Hörern insoweit das bessere Konzept.

Am rechten Bügel ist die Brille über ein Kabel mit der schlanken und leichten Akkubox verbunden. Diese liefert das Videosignal, dementsprechend findet auch der iPod Anschluss. Dafür hat man mit den austauschbaren Adapter-Clips, die den iPod quasi Huckepack nehmen, eine gute Lösung gefunden. Drei LEDs an der Akkubox informieren über Ladezustand und Video-Modus, außerdem gibt es einen USB-Anschluss sowie einen Klinke-Eingang (siehe oben).

Im Kabel integriert ist die Fernbedienung, die sich dank der haptisch gut unterscheidbaren Knöpfe auch ohne Sichtkontakt bedienen lässt – alles andere wäre bei einer Videobrille aber auch höchst kontraproduktiv.

Bild- und Tonqualität

Als „mobiles Kino für unterwegs“ bewirbt Zeiss den Cinemizer und tatsächlich bietet er als erste Videobrille für die aktuelle iPod-Generation eine Auflösung von 640 x 480 Bildpunkten. Cineasten werden da zwar nur müde lächeln, aber bekanntlich entscheidet nicht allein die Auflösung über ein gutes Bild: Tatsächlich stellt sich beim Betrachter schon nach kurzer Zeit das Gefühl ein, auf einen großformatigen Fernseher bzw. ein kleineres Leinwand-Exemplar zu schauen.

Das Bild ist gestochen scharf und wirkt trotz der VGA-Auflösung erstaunlich detailreich. Allerdings könnte das Bild deutlich mehr Kontrast vertragen. Auch die 3-stufige Helligkeitsregelung an der Fernbedienung hilft hier nicht weiter: Zwar lässt sich damit für etwas mehr Farbintensität sorgen, gleichzeitig werden dann aber hellere Bereiche häufig überzeichnet.

Die integrierten Ohrhörer sind zwar laut, aber klanglich äußerst schwach auf der Brust: Bässe wirken blechern, im Hochton-Bereich wird es leicht schrill. Da die Ohrhörer lediglich vor den Gehörgang geklappt werden, schirmen sie Umgebungsgeräusche zudem faktisch überhaupt nicht ab.

Fazit

Auf der Coolness-Skala liegt der Cinemizer ganz weit vorn: Videobrillen wirken auch im 21. Jahrhundert noch seltsam futuristisch. Genau das könnte dem Cinemizer aber zum Verhängnis werden: Man sollte mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet sein, wenn man den Cinemizer nicht nur auf der heimischen Couch oder in der Business-Class, sondern auch in der S-Bahn oder im Wartezimmer beim Arzt tragen möchte.

Das Bild ist detailreich und scharf, leider aber erstaunlich konstrastarm. Trotzdem stellt sich nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ein recht passables Seh-Erlebnis ein. Klanglich dagegen enttäuscht der Cinemizer: Die merkwürdige Ohrhörer-Konstruktion sollte Zeiss noch einmal überdenken.

Wir empfehlen, das Gerät vor dem Kauf selbst auszuprobieren. Auch wenn der Cinemizer insgesamt durchaus gelungen ist: Er ist ein Fortschritt, aber keine Revolution und wird die Videobrille deshalb wohl weiterhin nicht zum Alltagsgegenstand machen.


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