Mit diplomatischer Korrektheit: Tim Cook über den Brexit und Trump

Iro Käse, den 14. Februar 2017

Politisch leben wir 2017 in brisanten Zeiten, nicht zuletzt die Wahl Donalds Trumps im vergangenen November und seine ersten Tage im Amt haben genau das bestätigt. Auf seiner aktuellen Europa-Reise hat Tim Cook in einem Interview mit dem Telegraph über verschiedene weltpolitischen Entwicklungen gesprochen.

In den USA kommt ein offen rechter Präsident mit alternativem Faktenverständnis an die Macht, Großbritannien beschließt den Austritt aus der Europäischen Union und auch auf dem Festland Europas sind die nationalen Tendenzen in Form von AfD, Front National und der Partij voor de Vrijheid spürbar, in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland stehen im Laufe diesen Jahres richtungsweisende Wahlen an. Als CEO eines der größten Konzerne dieser Welt kann auch Tim Cook diese Themen nicht ignorieren und äußert sich nun in einem Interview dazu.

Optimismus und Diplomatie

Im Video des Telegraph äußert Tim Cook unter anderem den Satz „There’s never been a better time to be alive“ – eine Aussage, die seine Gedanken gut zusammenfasst. Er bleibt, trotz der beschriebenen Entwicklungen, optimistisch und bescheinigt Großbritannien trotz EU-Austritts eine blühende Zukunft – nachdem man ein paar unvermeidbare „Hürden auf dem Weg“ genommen habe. Er unterstreicht seinen Optimismus damit, dass Apple selbst erst vor wenigen Monaten in der Nähe von London das Gelände von Battersea Power übernommen hatte und dort in vier Jahren mit 1400 Angestellten eines der größten Europa-Büros eröffnen wird.

Weiterhin beschreibt er Großbritannien als sehr herzliches und offenes Land, diese Tendenz bleibt seiner Meinung auch nach dem Austritt aus der EU weiterhin genauso bestehen. Vollkommen außer Acht lässt er bei seiner Aussage leider die steigende Zahl von rassistischen und gewaltsamen Übergriffen gegenüber Polen und anderen Migranten seit dem Referendum im vergangenen Juni. Ähnlich zurückhaltend äußert Cook sich zu Donald Trumps Muslim Ban: Man wisse, wie wichtig der Einfluss von Vielfältigkeit und Diversität für die Entwicklung des Konzerns sei und möchte auch in Zukunft mit den besten Leuten aus der ganzen Welt arbeiten. Apple sei aufgrund seiner Diversität eine bessere Firma, so Cook. Amerika habe in der Vergangenheit bewiesen, auch bei schweren Fragen eine gemeinsame Lösung finden zu können, damit sei auch in dieser Diskussion zu rechnen.

Auch hier lässt Tim Cook eine steigende Zahl von rassistischen Übergriffen seit der Wahl Trumps im November vollkommen unbeachtet, eine klare Position für Immigration und gegen diskriminierende Politik scheint er nicht beziehen zu können – oder zu wollen? Etwas klarer äußert er sich immerhin zu „Fake News„, diese müssten auch von Technikkonzernen und mit staatlichen Mitteln unter anderem in Schulen deutlicher bekämpft werden.

Duckmäusertum statt Ideologie

Das Motiv hinter Cooks schwammigen und zurückhaltenden Äußerungen dürfte klar sein: Man darf es sich nicht mit der Regierung verscherzen, wenn man weiterhin beste Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg haben will. Betrachtet man diese Zurückhaltung zusammen mit einer Entscheidung in China vor ein paar Wochen – dort hatte Apple im Januar die Apps der New York Times nach Druck der Regierung aus dem Store genommen – wirkt Apples aktuelle politische Position gegenüber Regierungen in allen Teilen der Welt etwas zu duckmäuserisch und vielleicht zu sehr am wirtschaftlichen Erfolg orientiert. Warum kann ein Weltkonzern seinen Einfluss auf die Politik nicht zur Umsetzung moderner politischer Ideen nutzen? Lobbyismus muss nicht immer schlecht sein, sich vor klaren Statements gegen Rassismus und Hass zur Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs zu ducken ist schlichtweg feige. Steve Jobs sagte 1982It’s more fun to be a pirate than to join the navy.„. Apple muss sich 2017 die Frage stellen, ob wirtschaftlicher Erfolg und glückliche Aktionäre wirklich wichtiger als dieser Grundsatz des Gründers sind.


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