Apple-Watch-Kritiker gibt es genug

Alexander Trust, den 13. März 2015
Apple Watch Edition in Gelbgold
Apple Watch Edition in Gelbgold

Ich könnte mich Thomas Knüwer anschließen, in seiner Meinung, dass die Kritiker nach der Veröffentlichung der Apple Watch nun wieder mit denselben Argumenten aus den Löchern gekrochen kommen. Doch das kann ich nicht in jedem Fall, stattdessen habe ich meine eigenen Argumente gegen „manche“ Kritik.

Knüwer allerdings erinnert sich an die Computer Bild aus dem Jahr 2007 und zitiert daraus. Das iPhone wurde als zu teuer erachtet und sein Akku als zu kurzlebig – niemand konnte sich vorstellen, wozu man „das Ding“ eigentlich braucht. Vor derselben Situation stünden die Kritiker von heute ebenfalls, so Knüwer.

Wenn ich ehrlich bin, hätte ich diesen Zusammenhang nicht adhoc rekonstruieren können, weil meine Schwerpunkte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des iPhones vor allem im Interesse für das akademische Feld zu suchen waren.

Apple Watch kein Erbstück?

Sehr wohl einer Meinung bin ich mit Knüwer, wenn es um den Beitrag eines Spiegel-Online-Konlumnisten geht, der die Apple Watch abwerten möchte, weil sie in seinen Augen nicht „hochwertig“ genug ist. Stefan Kuzmany findet die Apple Watch „teuer, stillos und infantil“. Sie sei zudem kein Erbstück, weil sie viel zu sehr an den Träger angepasst werden könnte. Kann nicht gerade das ein Grund sein, warum die Apple Watch zum Erbstück wird?

„Eine hochwertige Armbanduhr ist zeitlos, sie hält praktisch ewig und ist damit ein klassisches Erbstück.“
Stefan Kuzmany

Erst dachte ich, Kuzmany spricht damit indirekt auf den Preis der Uhr an. Doch es geht ihm, wie ich im Gespräch auf Twitter erfahren konnte, um etwas Anderes. Hochwertig begründet sich für Kuzmany vor allem von Wertigkeit, im Sinne von Wertarbeit, also Handarbeit.

Ein Kuscheltier für 99 Cent, das maschinell gefertigt wurde, kann ein Erbstück sein, und zwar weil es Erinnerungen an die Verstorbenen transportiert. Kann nicht genau das eine vom Träger individualisierte Apple Watch, Erinnerungen transportieren? Repräsentiert sie nicht den Typ, der allen Lieben genau so bekannt war? Kuzmany zufolge nicht, mit dem ich mich darüber auf Twitter ausgetauscht habe.

Apple Watch teuer?

Ein weiteres Argument von vielen Kritikern ist, die Apple Watch sei zu teuer. Fragt man Stefan Kuzmany vom Spiegel oder Sascha Pallenberg von Mobilegeeks, dann ist der Preis durchaus etwas, was beide stört. Doch ist die Apple Watch wirklich teuer? Die Apple Watch kostet günstigst in der Sport-Ausführung 399 Euro. Was kostet die Konkurrenz? Für die Sony SmartWatch 3, die LG G Watch R, die Motorola Moto 360, Samsung Gear S und wie sie alle heißen, zahlt man zwischen 200 und 350 Euro. Ist also die Apple Watch teuer? Immerhin haben viele Konkurrenten ebenfalls nur ein Plastikarmband in der Basis-Ausführung, für Leder oder Metall zahlt man mehr, wenn es sie überhaupt gibt; die Apple Watch mit Edelstahlgehäuse kostet günstigst 649 Euro.

Die Apple Watch Edition ist teuer. Sie ist günstigst ab 11 000 Euro zu haben. Das ist, je nachdem, wer darüber spricht, verhältnismäßig teuer. Als jemand, der ein 250 Euro Chromebook benutzt, erscheinen 11 000 Euro mir teuer. Trotzdem teile ich nicht die Meinung von Kuzmany und Pallenberg und möchte das erläutern.

Das Gehäuse der Apple Watch Edition ist aus 18-Karat Gold. Mir ist klar, dass der Materialpreis darin nur einen Teil ausmacht. Doch wenn man beim Juwelier einen Ring oder eine Kette aus Gold kauft, dann ist ebenfalls das Material beim Wiederverkauf nicht annähernd den Kaufpreis wert.

Für Kuzmany vom Spiegel muss eine Armbanduhr „hochwertig“ sein, um ein Erbstück sein zu dürfen. Tatsächlich hat Apple maschinelle Verfahren über Jahre der Forschung und Entwicklung hin erarbeitet, die es dem Unternehmen erlauben ein von Natur aus sehr weiches Material wie Gold durch spezielle Anwendung doppelt so „hart“ zu machen, wie normales 18-Karat Gold. Warum? Damit das Material nicht so leicht zerkratzt und abnutzt, und damit es noch nach langem Tragen seinen Glanz zur Schau stellen kann. Doch es kommt noch etwas hinzu…

Handarbeit vs. Apple-Arbeit

Sascha Pallenberg ist bekannt für seine markigen Worte und ich mag ihn für seine Offenherzigkeit. Aber ich teile seine Meinung in diesem Fall erneut nicht. Für ihn ist die Apple Watch Edition deutlich zu teuer, weil eine Rolex oder Breitling über Monate in Handarbeit entstehen würden.

Das Video, das Apple zur Apple Watch Edition vorgestellt hat, stellt einerseits das Produktionsverfahren vor, das Apple über Jahre entwickelt hat, zeigt andererseits aber, dass bei der Anfertigung der Apple Watch Edition eine Auslese stattfindet und Spezialisten diese im letzten Schritt in Handarbeit vornehmen. Neben dieser „direkten“ Handarbeit, die im oben eingebundenen Video zu sehen ist, kommt noch eine weitere hinzu, die sowohl Kuzmany als auch Pallenberg vollkommen ignorieren. Die Zeit, die Ingenieure von Apple damit verbracht haben, die Soft- aber vor allem die Hardware und die Produktionsverfahren zu entwickeln, ist ebenfalls Handarbeit oder zumindest Kopfarbeit. Über Jahre hat Apple geforscht, entwickelt und Patente angemeldet zu neuen Gussverfahren für Legierungen von Materialien, Know-how und Ressourcen in Form von Arbeitnehmern eingekauft, um Produktinnovation voranzutreiben. Nur weil dort niemand an einem Holzklotz sitzt und mit einer Pinzette Federn und Schrauben in einem Uhrwerk zusammensetzt, wie im nachfolgenden Video des Schweizer Uhrmachers Cimier zu sehen, kann man diesen Aufwand nicht in Abrede stellen.

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Ganz nebenbei bemerkt: Dass sowohl Pallenberg als auch Kuzmany von Rolex oder Breitling als Prototpyen für Wertigkeit sprechen, ist in meinen Augen ein wenig naiv, und zwar aus zweierlei Gründen. Zum einen sind viele der Bauteile, die in solchen „zeitlosen“ Uhren verbaut werden, maschinell gefertigt worden. Warum? Nun weil ein Mensch diese Bauteile so nicht fabrizieren kann.

Dazu kommt aber, dass der einzelne Uhrmacher oder Mitarbeiter von Breitling, Rolex, Tag Heuer und Co., der in den Fabriken dieser Hersteller die Modelle zusammenbaut, ebenfalls einen Preis von 20 000 Euro und mehr für eine Armbanduhr dieser Marke nicht rechtfertigt. Wenn ein Handwerker auf einer Baustelle sich abrackert, bekommt er als Meister zwischen 40 und 60 Euro pro Stunde. Zählen wir den Uhrenbauer bei Rolex oder Breitling in diese Kategorie, dann ist in der Summe der Kaufpreis für diese Uhren trotzdem nicht annähernd gerechtfertigt. Warum ist sie dann trotzdem so teuer? Weil das Marketing der Uhrenmacher suggeriert, dass ihre Produkte etwas Besonderes sind. Genau dieses Image pflegen viele hochpreisige Marken, Apple macht da keinen Unterschied.

Apples soziales Gewissen

An dieser Stelle nur rudimentär eingehen möchte ich auf Pallenbergs Infragestellen von Apples sozialem Gewissen. ResearchKit als Open Source, zur Stütze wissenschaftlicher Forschung; die Rückzahlung von Antrittsgeldern für Arbeitnehmer in China seit 8 Jahren, Schulungsmaßnahmen zur erweiterten Hochschulbildung für ebenjene, die sonst keine Möglichkeit dazu hätten; die Forcierung zur Förderung von Rohstoffen in Gebieten, in denen nachweislich keine Kinderarbeit betrieben wird; Rechenzentren, die sich vollständig durch erneuerbare Energien speisen – es gibt sicher Firmen dort draußen, die weniger soziales Gewissen haben als Apple.


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