Ausbruch aus Apple-Ökosystem – Ein Versuch mit WP8 (Teil 1 – Hardware)
mz, den 25. März 2013Seit es Windows Phone 8 gibt, gesellt sich ein vierter Konkurrent zu den Marktführern von Android, Apple und BlackBerry. Mit einem Exklusivvertrag für mobile Betriebssysteme aus dem Hause Microsoft möchte auch Nokia sich sanieren. Technisch können die Lumia-Smartphones locker mit der Konkurrenz mithalten, aber lässt es sich vernünftig in ein „Apple-Arbeitsumfeld“ integrieren?
Warum?
Welche Computersysteme wir bevorzugen, ist von vielen Faktoren abhängig. Die einen haben außer einem iPhone kein Gerät von Apple, die anderen sind schon vor Jahren vollständig auf Mac OS X und iOS umgestiegen. Dazwischen gibt es noch viele Nutzer, die in einem wilden Mix leben und damit mehr oder weniger gut zurecht kommen.
Ein notwendiger Disclaimer vorneweg: Ich gehöre zu denen, die ausschließlich Macs und iOS-Geräte im täglichen Leben verwenden. Zubehör ist in den meisten Fällen zumindest speziell für die Kombination mit Apple-Hardware konzipiert. Zuhause ein MacBook Air mit angeschlossenem Monitor, ein iPhone 5, ein iPad 2 und im Büro steht ein iMac, der dort für die härteren Aufgaben verantwortlich ist.
In letzter Zeit aber, obwohl ich mich seit Jahren von Microsoft abgewandt habe und sogar Word nur noch in Fällen benutze, in denen ich als Pages-Nutzer den Workflow des Teams aufhalten würde, ertappte ich mich zunehmend als Zielgruppe der neuen Produkte und Werbekampagnen aus Redmond. Klare Formen, klare Farben, das Kacheldesign sprach mich zumindest seit Windows Phone 8 schnell an. Ich möchte zu Beginn sogar so weit gehen, zu behaupten, dass die neuen Werbesports von Microsoft der Genialität des Apple-Marketings von allen Konkurrenten am nächsten kommen.
Genug der Vorrede: Ich wollte testen, ob Windows Phone eine Chance hat, in einem von Apple dominierten Umfeld zu funktionieren. Ausgangspunkt war der Artikel des Kollegen Stefan über Windows Phone 7, sowie immer wieder auftauchende Berichte zum App-Angebot für das mobile OS aus Redmond. Ein entsprechendes Gerät musste her. Am besten gefielen mir die Geräte von Nokia, wo meiner Ansicht nach ein wirklich guter Job gemacht wird, nachdem dort in den Jahren zuvor so viele Fehler gemacht wurden.
Eine Anfrage bei der deutschen PR-Abteilung des einstigen Weltmarktführers blieb allerdings ohne Reaktion. Ich machte mich also auf die Suche und erstand aus eigenen Mitteln ein Nokia Lumia 820, um das es nun im folgenden geht. Der Versuch besteht aus mehreren Teilen, die jeweils die Zusammenarbeit zwischen Windows Phone 8 und Apple-Produkten bzw. -Diensten in verschiedenen Bereichen untersuchen sollen. Los geht es mit generellen Infos zu Betriebssystem und Hardware, die für erste Überlegungen im Einsatz mit Mac-Produkten von Relevanz sind.
Lumia 820
Das Lumia 820 wird als Mittelklasse-Smartphone beworben und liegt zwischen dem Einsteiger-Gerät Lumia 620 und dem Flaggschiff der Finnen, dem Lumia 920. Tatsächlich ist es mit nahezu identischer Hardware wie sein großer Bruder ausgerüstet.
Im Lumia 820 tickt eine Snapdragon-S4-CPU mit zwei Kernen (jeweils 1,5GHz) und 1GB Ram – ebenso wie im 920, weswegen ich mich aufgrund des großen Preisunterschiedes für das „kleinere“ Modell entschieden habe. Während das 920 nämlich für 649€ angeboten werden soll, beträgt die UVP für das 820 nur 440€. Bei Amazon ist das Gerät derzeit in Weiß oder mattem Schwarz ab ca. 390 Euro zu haben.
Unterschiede gibt es natürlich trotzdem: Statt dem 4,5-Zoll-IPS-Display des Lumia 920 ist im 820 „nur“ ein 800×480 Pixel auflösender „Clear-Black-AMOLED“-Bildschirm mit einer Diagonale von 4,3 Zoll verbaut. Ein glücklicher Umstand für alle (wie mich), denen selbst das iPhone-5-Display mittlerweile zu klein wird. Statt 332ppi Pixeldichte beim Flaggschiff bietet das Panel des Lumia 820 allerdings nur 220ppi. Dies fällt wegen des klaren Kacheldesigns und der großen Schrift allerdings kaum ins Gewicht, auch wenn man hier mit bloßem Auge einzelne Pixel erkennen kann. In der Tat wirken Klarheit und Farben des AMOLED-Displays ausgesprochen gut und machen Spaß.
Die resultierende Gehäusegröße führt zumindest im Fall von Nokia im übrigen zu deutlich mehr Gewicht: Gegenüber dem iPhone 5, das mit seinen 112 Gramm mittlerweile ein Leichtgewicht geworden ist, halten wir ganze 160g in der Hand. Das Lumia 920 bringt sogar kaum fassbare 185g auf die Waage.
Die Verpackungsgröße hat sich auch bei Nokia deutlich gewandelt. Gegenüber früheren Smartphones wie der E-Reihe wurde sie um knapp die Hälfte reduziert, der Karton nähert sich denen von Apple an. Man zieht den eigentlichen Karton aus der schützenden Papphülle und es liegt das Smartphone in einer kleinen Schale oben auf, darunter befinden sich die Anleitungen und im unteren Teil in eigenen Kompartments der Netzstecker, das Lade- und Datenkabel und das Headset.
Einige andere Unterschiede sind deutlich wichtiger: Zum Beispiel ist der Akku des Lumia 820 im Gegensatz zum 920 (und zum iPhone 5) nicht fest verbaut. Man muss sogar das Backcover und den Akku entfernen, um an den Micro-SIM-Slot zu gelangen. Daneben verbirgt sich ein Fach für eine Speichererweiterung via MicroSD. Bis zu 64GB kann man nachrüsten, dafür fällt der interne Speicher mit nominell 8GB (tatsächlich bleiben dem Nutzer knapp unter 6GB übrig) ziemlich klein aus. Dennoch: Das Nokia-Top-Smartphone Lumia 920 und das iPhone bieten dieses nicht.
Trotz Wechselcover und beweglichen Teilen liegt das Lumia 820 aber äußerst gut in der Hand und fühlt sich vergleichsweise hochwertig an.
Der Akku hat zunächst enttäuscht. Zwar wird dies in den meisten Tests beschrieben, allerdings habe ich mir nicht vorstellen können, dass er derart kurzatmig ist. Nach knapp acht Stunden nicht übermäßig intensiver Nutzung schaltete das Lumia sich nach der ersten Ladung ab. Von 1650mAh hätte ich erst einmal mehr erwartet. Mein iPhone 5 hatte nach der gleichen Zeit noch etwa 40% Batterieladung übrig.
Geladen wird das Lumia 820 mit einem Micro-USB-Stecker an der Unterseite des Gerätes, der 3,5mm-Headseteingang ist oben rechts zu finden. An der rechten Seite befinden sich drei Tasten. Die eine ist für die Lautstärkeregelung verantwortlich, die mittlere schaltet das Smartphone ein und aus. Der untere Button ist für die Kamera reserviert.
Apropos: Die Kamera löst mit 8,7 Megapixeln knapp höher auf als die des iPhone, in Sachen Optik brüstet sich Nokia nicht erst seit dem Umstieg auf Windows Phone mit dem Traditionshersteller Carl Zeiss. In der Praxis hat dieser Schriftzug aber bei kaum einem Test eine bessere Fotoqualität ergeben als bei der Konkurrenz – erst recht nicht gegenüber dem iPhone 4S oder 5. Das Lumia 920 hätte im übrigen über 13 Megapixel verfügt, außerdem kommt dort noch ein zusätzlicher Bildstabilisator zum Einsatz.
Mehr ist zur Hardware zunächst nicht zu sagen, die Fotos verdeutlichen hoffentlich die Unterschiede. Im nächsten Teil geht es ans Eingemachte: Ich stelle dann das Betriebsystem Windows Phone 8 mit Schwerpunkt auf die Unterschiede zu iOS 6 vor. Fragen und Anmerkungen hierzu sind in den Kommentaren sehr willkommen.
Update vom 26. März 2013: Die Kommunikationsabteilung von Nokia hat sich bei mir gemeldet und wird uns für das Experiment ein Lumia 920 zur Verfügung stellen. Wenn es uns erreicht hat, folgen weitere Vergleiche und natürlich auch Fotos.
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Weitere Teile der Reihe Ausbruch aus Apple-Ökosystem
- Ausbruch aus Apple-Ökosystem – Ein Versuch mit WP8 (Teil 4 – Apps und Store)
- Ausbruch aus Apple-Ökosystem – Ein Versuch mit WP8 (Teil 3 – Synchronisation)
- Ausbruch aus dem Apple-Ökosystem – Ein Versuch (Teil 2 – Windows Phone 8)