iPad mini: Altbewährte Qualitäten gut genug für den Massenmarkt?

nw, den 24. Oktober 2012
iPad mini
iPad mini

Ich erinnere mich an kaum ein anderes Event in Apples Geschichte, das so vollgestopft war mit Neuheiten und Updates als die Keynote gestern Abend. Das California Theatre bebte vor Applaus, als Phil Schiller das lang erwartete iPad mini nach den wahrscheinlich beeindruckenderen neuen iMacs enthüllte. Doch was ist vom neuen Tablet zu erwarten? Was zeichnet das neue iPad mini aus und lohnt sich ein Kauf?

Das Design

Im Urwald der Tablets beweist Apple Mut zur Beständigkeit. Seit Jahren hält Apple am ebenso zeitlosen wie hochwertigen Aluminium fest. So auch beim ersten iPad, inzwischen auch neuen iPod touch, iPhone 5 und natürlich den MacBooks.

Das 7,9 Zoll große Display ist in ein wahlweise weiß-silbernes oder schwarz-graphit Gehäuse eingelassen, wo es aller Voraussicht nach nicht zu Displaywacklern kommen wird. Gegenüber herkömmlichen 7-Zoll-Tablets ist das Display also 35 % größer, geht aber keinesfalls als Retina-Display nach Apples Definition durch (163 ppi – iPad 2: 132 ppi). Einer der gut platzierten Marketingsprüche. Mit einem Leistungsgewicht von gerade mal 308 Gramm ist es mehr als halb so leicht als das erste iPad und damit das bisher leichteste iPad. Außerdem ist es sogar dünner als das iPad, gerade mal 7,2 mm misst es in der Höhe.

Die Solidität und hochwertige Verarbeitung der iPads ist sicherlich auch eine der Glanzseiten des iPad mini. Vor allem das verwendete Aluminium macht den Unterschied zu den aus Plastik und mit gummierten Rückseiten ausgestatteten Tablets von Konkurrenten, die günstige Preise durch eine billige Verarbeitung erreichen wollen. Ein wenig enttäuscht bin ich ehrlich gesagt schon, weil ich mir ähnliche Farbkombinationen für die Rückseite gewünscht hätte, wie es Apple für die unlängst aktualisierten iPod touch anbietet. Das hätte gewiss ein herausragendes Alleinstellungsmerkal des neu eingeführten Tablets werden können.

Joshua Topolsky von TheVerge spricht in seinem Hands-On sogar davon, dass man das dünne und glatte Gerät gar nicht oft genug loben kann. Obwohl das Display mit 1024×768 Pixeln deutlich niedriger auflöst als das eines „neuen iPad“, sehe das Display unglaublich scharf aus.

Leistungsfähigkeit

„Unglaubliche Leistung. Kräftig. Verkleinert.“
Apple

Die größte Enttäuschung des Abends ist die inzwischen über zwei Jahre alte Apple A5 SoC aus dem iPhone 4 und iPad 2. Diese verfügt über zwei ARM-A9-Prozessorkerne und taktet mit einer Frequenz von 1 GHz. Interessant zu wissen ist die Umstellung des Fertigungsverfahrens von 45-nm auf 32-nm, das zu einem Zuwachs der Akkulaufzeit um 15 bis 30 Prozent führte. Kein Wunder, dass das iPad mini auch mit bis zu 10 Stunden Akkulaufzeit ausgestattet ist.

Letztlich stellt sich entweder die Frage, welches 7-Zoll-Tablet unabhängig von Android oder iOS für mich als Nutzer interessant ist. Oder ob mir ein 7-Zoll-Tablet für meine individuellen Bedürfnisse, wie dem Spielen, Filme schauen oder Surfen, ausreicht.

Indes besteht momentan kein Zweifel an der Perfomance des A5 Prozessors, schließlich laufen iPad-Apps auf dem iPad 2 nach wie vor flüssig, das Multitasking macht ebensowenig Probleme wie das Ausführen derzeit erhältlicher rechenintensiver Apps. Der nach Leistung lechzende Endkunde wird sich damit abfinden müssen, ein iPad mini mit etwas geringer Zukunftsaussicht für Spiele der kommenden ein bis zwei Jahre zufrieden zu geben. Letzteres ist nicht gesagt, da Entwickler problemlos das ein odere Grafikfeature ausschalten können.

Ein Beispiel gegen die A5 CPU ist das iOS-Game „Wild Blood“ von Gameloft. Auf dem neuen iPad kommt es zu Frameeinbrüchen, wohingegen das iPhone 5 keine derartigen Probleme hat. Kurzum die Unreal-Engine ist ein gutes Beispiel für potentielle Blockbuster-Titel, die möglicherweise mit dem iPad mini nur bedingt spielbar sind. Gewiss muss sich das erst im Alltagstest beweisen, jedoch wäre der A5X- (neues iPad) oder A6-Prozessor der wünschenswerte Prozessor gewesen.

Ziehen wir das Kindle Fire HD zum Vergleich heran: Ein 1,2 GHz Dual-Core Prozessor (TI OMAP 4460) mit Imagination PowerVR-Grafikkern. Im Nexus 7 setzt Google hingegen einen NVIDA Tegra 3 (Quad-Core-Prozessor mit 1,3 GHz Taktfrequenz) ein. Nvidias Tegra 3 bietet die potentere CPU- und GPU gegenüber dem A5, obwohl letztlich die Gesamtperformance bei sämtlichen wichtigen Applikationen von Belang ist. Es hilft wenig, wenn die wirklich notwendigen Apps entweder nicht unterstützt oder wegen Mängeln ständig abstürzt.

Preis

Die Hoffnung nach einem preisgünstigen Einstiegsmodell für den Bildungsmarkt oder eine eher jüngere Zielgruppe blieb unerfüllt. Zwar ist das iPad mini mit 16 GB Festspeicher sowie WiFi-Model für 329 Euro das bisher günstigste iPad, allerdings dürfte es ohne 3G-Modul für einen Großteil der Kunden uninteressant sein. Volle 459 Euro werden fällig, wer ein Modell mit 16 GB und 3G-Modul wünscht. Die Preise aller iPad-mini-Modelle findet ihr in unserem Artikel zur Keynote.

Aber und darüber muss man sich klar werden, das Kindle Fire HD mit 16 GB Festspeicher kostet gerade mal 199 Euro (ohne Werbung 214 Euro), womit das iPad mini 129 Euro teurer ist. Das Nexus 7 kostet mit 249 Euro nur rund 70 Euro weniger. Das Top-Modell mit 64 GB sowie Wifi+3G ist mit 659 Euro alles andere als ein Schnäppchen. Generell sind die iPad mini weit von einem Budget-Tablet entfernt, diesen Stigma möchte sich Apple womöglich ganz bewusst nicht anstecken. Ich habe ein mulmiges, um nicht zu sagen, komisches Geühl im Magen, einerseits ist das iPad mini wegen altbewährter Verarbeitungsqualität und dem zeitlosen Design interessant. Auf der anderen Seite bin ich mit meinem „großen“ iPad mehr als zufrieden und würde auch aufgrund des Einstiegspreises tendenziell eher zu den großen iPads greifen.


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