Vodafone: Shitstorm again, Anni Roc dieses Mal
Alexander Trust, den 1. August 2012Anni Roc ist Kundin bei Vodafone. Der Mobilfunk- und Telekommunikationsanbieter hat Aussagen von Roc zufolge unberechtigterweise 275 Euro bei ihr abgebucht und ihre Telefonanrufe ignoriert. Es folgte der Shitstorm auf Facebook.
Eine Kundin hat sich über die Facebook-Fanpage an Vodafone gewandt. Sie warf dem Unternehmen Ignoranz vor und unberechtigte Abbuchungen. Sie habe einen zweiten Handy-Vertrag für ihre Mutter als Geschenk eingerichtet. Als dann im ersten Monat eine Rechnung über 165 Euro ankam, gab die Mutter der Tochter das Handy zurück, weil man Angst hatte, auch im zweiten Monat werde ein solcher Betrag entstehen. Tatsächlich kam es noch dicker, 275 Euro wollte das Unternehmen haben, obwohl Anni Roc angibt, das Handy ausgeschaltet zu haben und nicht zu benutzen. Ursprünglich seien wohl nur 29,90 Euro geplant gewesen. Wie es zu diesen Differenzen kam, wird die Öffentlichkeit vielleicht nie erfahren. Der Pressesprecher Christian Rapp hat sich in einem Statement auf FB zu Wort gemeldet und versucht die Wogen zu glätten.
Vodafone stünde jetzt mit Roc in Kontakt und würde sich der Sache annehmen, heißt es. Ob Sascha Lobo sich diesen Shitstorm ausgedacht hat? Er war doch vor Jahren schon einmal Urheber von Fake-Werbung, die der Mobilfunk-Konzern zurücknehmen musste, weil darin Leute Smartphones benutzten, die diese gar nicht besaßen. Während diese Verarsche am Kunden in der Werbung kein Alleinstellungsmerkmal eines, sondern ganz vieler Unternehmen ist, hat aber der Einwand von Roc ebenfalls ein großes Echo gefunden, so wie seinerzeit die gefakte Werbekampagne, bzw. der Shitstorm danach, die der Autor von „Wir nennen es Langeweile und wollen Geld dafür“, pardon, von „Wir nennen es Arbeit“, initiiert hatte. Entsprechend musste Vodafone nun reagieren. Zwischenzeitlich hieß es auch, dass die Beschwerdeführerin sich nicht gemeldet habe. Hoffentlich heißt gemeldet nicht, bei einer Hotline anzurufen – als Freiberufler kann ich mir besseres vorstellen, als in einem Call-Center durchzuklingeln und nervige Musik vom Band zu hören, für die hoffentlich die GEMA ihre Gebühren erhält.
Krach machen angesagt?
Es ist tatsächlich so, in unserer Gesellschaft, dass man wissen muss, welche Saite man anschlägt. Als letztes Jahr August der Vertrag von uns bei Vodafone auslief, wurden wir von einem neuen großen Telekom-Unternehmen bedient. Auch dort bekamen wir nicht, was wir wollten, aber das ist eine andere Baustelle…
Vodafone buchte fleißig Monat um Monat weiter die Internetgebühr ab. 5 Euro für eine Flatrate, die über unseren Anschluss nie mehr weiter genutzt wurde, nachdem wir ja beim neuen Anbieter angeschlossen waren.
Beweise sammeln
Hotlines, bei denen man erst nach Wartezeiten durchkommt, sind in solchen Fällen nicht erste Wahl, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Das hat Anni Roc gemerkt, das sollte aber eigentlich auch jeder wissen, oder sich zumindest merken. Denn die Mitarbeiter in Call-Centern können viel versprechen, letztlich hat man, sofern man das Telefongespräch nicht aufzeichnet, keinen Beweis, dass man es tatsächlich so geführt hat. Wollte man das tun, muss man aber zuvor die Erlaubnis der Gegenseite einholen, ansonsten macht man sich strafbar.
Entsprechend formulierte ich vor Monaten eine nette Mail, die direkt über das Support-Formular online verschickt wurde. Als ich darauf keine Antwort bekam, schrieb ich einen netten Brief, in dem ich unter anderem anmerkte, dass ich den Verbraucherschutz und einen Anwalt konsultieren würde, wenn meinem Wunsch nach sofortiger Kündigung und Rückerstattung nicht entsprochen werde.
Man versuchte mich seitens Vodafone dann telefonisch zu erreichen; ich bekam schließlich ein Schreiben, in dem man die Kündigung bestätigte und in der Folge die zu viel gezahlten Beträge auf mein „Kundenkonto“ gutschrieb. Ein Konto, das nur mit etwaigen Gebühren verrechnet würde, wenn ich Kunde bei Vodafone bin. Falls ich es in der Zukunft nicht mehr werde, hat Vodafone mich um rund 30 Euro beschissen – Danke dafür! Gerade deshalb würde ich aktuell sowieso keinen Gedanken daran verschwenden, zu Vodafone zu wechseln.
Bei großen Unternehmen ist es leider so wie in unserer politischen Sphäre. Es werden neue Gesetze erlassen, ohne alte zurückzunehmen, irgendwann steht man vor einem Bürokratiemonster, das Anwälte auseinander dividieren.
Am Ende gibt es dann die Rapps dieser Welt, die so tun, als würde Vodafone sich zukünftig um die Kunden kümmern, der auf die Millionen von zufriedenen Kunden verweist, dabei aber den Fehler macht, zu unterstellen, nur weil niemand meckert, wäre alles in Butter. Viele meckern, viel mehr Leute meckern, als es Rapp lieb sein kann. Die tauchen nur in den Statistiken nicht auf, weil einzig solche Fälle wie die von Anni Roc gezählt werden. Die Deutsche Bahn ist ja auch das pünktlichste Verkehrsmittel mit den zufriedensten Kunden – wenn die Firma vor der Unzufriedenheit die Augen verschließt, dann mit Sicherheit. Dass nun aber so ein Shitstorm losbricht, hat das Handelsblatt von einem Verbraucherschützer in Erfahrung gebracht, liegt an einer generellen Unzufriedenheit der Leute mit Telekom-Unternehmen. Ich hätte ja nach dem Studium der Soziologie gesagt Umweltkritik ist Gesellschaftskritik, Punkt.
Demut! Es ist Dienstleistung!
Dies ist aber keine Vodafone-exklusive Perspektive. Alle Firmen, die zu groß und zu satt werden, reagieren immer auf die gleiche Weise. Es kann im Sinne des gesellschaftlichen Miteinanders aber nicht dauerhaft von Interesse sein, dass nur diejenigen gehört werden, die Rabatz machen oder wissen, wie sie das System möglichst am Schlafittchen packen. Ein Christian Rapp oder ein Vittorio Colao (CEO von VF), ebenso wie die Call-Center-Männchen und alle anderen VF-Mitarbeiter müssen lernen demütig zu sein. Sie müssen sich allesamt vor Augen führen, dass wir diejenigen sind, die ihnen die Semmeln am Frühstückstisch bezahlen und sie ohne unser hart verdientes Geld gar nicht die Möglichkeit hätten, sich die Schikane bei den Arbeitsagenturen zu ersparen. Jeder von denen ist austauschbar.
Ich bin jetzt 31. Mit 16 habe ich meinen ersten eigenen Telefonanschluss erhalten. In den 15 Jahren Erfahrung mit der Servicewüste Deutschland habe ich genervte Techniker am Telefon gehabt, genauso wie gelangweilte Support-Mitarbeiter. Wenn dann so ein Fall Schlecker eintritt, sind es in Augen der Schlecker-Frauen, die es so gar nicht gibt, die Unternehmer, die Schuld gewesen sind. Die müssen sich natürlich fragen, warum sie ihr Unternehmen so strukturieren, dass ihre Mitarbeiter nur Dienst nach Vorschrift tun und so viele Fehler in einem Gewerbe machen, dass keine Fehler verzeiht: das Dienstleistungsgewerbe. Letztlich müssen sich aber auch die „normalen“ Mitarbeiter fragen, ob sie nicht selbst Mitschuld tragen, wenn eines Tages ein Unternehmen vor die Wand fährt. Denn Erfolg und Misserfolg in einer Gruppe (und das ist eine Firma nunmal), das lehrt uns der Mannschaftssport, geht nie als Individuen, sondern nur als Team.