Lernen mit Apple 1: mac:education von Uwe Nerger, Buchrezension

rj, den 10. März 2011

An „Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen“ richtet sich Uwe Nergers „mac education: Digitale Medien um Unterricht mit iLife, iWork, iTunes und Apple-Technologie“, und breitet auf mehr als 300 Seiten Projektbeispiele, Anleitungen und eine Reihe von Howtos aus, mit denen sich Apples Hard- und Software im Lehr-Lernkontext einsetzen lassen. Schwerpunkt-Zielgruppe ist die Schule, Adressat der interessierte Lehrer mit Mac-Ausstattung und Vorkenntnissen.

Inhalt

Gegliedert ist Nergers Buch in fünf unterschiedlich schwergewichtige Bereiche. An eine kurze Einführung in didaktische Konzepte und ihre Umsetzung mithilfe von Apple-Technik schließt sich der drei Kapitel umfassende Hauptteil des Buches an: auf insgesamt 130 Seiten werden hier drei Unterrichtsprojekte mit unterschiedlichen Inhalts- und Medienschwerpunkten Schritt für Schritt inclusive Anleitung für die benutzte Software durchgespielt.

Eine historische Diashow mit Textuntermalung, eine Untersuchungsreihe zum Pflanzenwachstum sowie ein Videoprojekt zum staatstragenden Thema „Demokratie“ sind die stark an Schul-Lernstoffen ausgerichteten Inhalte. Der nächste – recht technische – Teil widmet sich dem Bereitstellen von AV- und anderen Ressourcen via Netzwerk, anschließend folgt eine recht lose Sammlung von Einsatzmöglichkeiten, Tools und Tricks zu Apple-Anwendungen mit mehr oder weniger direkten „Schulbezug“. Zu guter Letzt folgen Informationen zu weiterführenden Ressourcen und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis.

Einen ganzheitlichen Ansatz verspricht der Einstieg ins Buch – ohne „didaktische Konzepte“ kann man heutzutage im Medienbildungsbereich nicht mehr punkten. Dem Anspruch wird die knappe Einführung nur bedingt gerecht – am auffälligsten ist die weitgehende Beschränkung auf den schulischen Sektor und die (unten nochmals im Detail betrachtete) offen bleibende Frage nach der Unterscheidung zwischen mediengestützter Inhaltsvermittlung und der „Medienbildung“ als solcher – im Buch wird es insbesondere um letztere gehen.

Drei exemplarische Projekte: „Gedanken, Ideen, Emotionen“ medial aufbereiten lernt man mit der exemplarischen Diashow, die mit iPhoto realisiert wird. „Zahlen, Daten, Fakten“ strukturieren und anschaulich aufbereiten ist das Ziel eines mit Numbers, iPhoto und Keynote realisierten Analyseprojekts zur Wirkung von Kunstdünger. Zu guter Letzt lernt man Videodreh, -schnitt und -nachbearbeitung während der „Menschen, Meinungen, Überzeugungen“ betitelten TV-Spotproduktion, die in iMovie und iDVD realisiert wird. Pluspunkte: sehr gute Praxisorientierung und ein gut ausbalanciertes Verhältnis zwischen technischer Anleitung und inhaltlichem Konzept. Auch die Auswahl der „Themenfelder“ verschafft trotz nur dreier Beispiele eine weite Vorstellung von den Möglichkeiten der medialen Aufbereitung verschiedenster Themenfelder.

„Tipps, Tools und Workflows“ ist das umfangreichste Einzelkapitel, das zwar viele durchaus relevante Information bietet, selbige aber recht lieblos aneinanderreiht – Erläuterungen zum sinnvollen Einsatz unterschiedlicher Datenformate stehen neben Schulnotenverwaltung, der unvermeidlichen Anleitung zur Erstellung von Serienbriefen und länglicher Anleitung zum PDF-Handling mit Vorschau. So nützlich die „Fundgrube“ für die Zielgruppe gelegentlich sein mag, so inkonsistent lesen sich die aneinandergereihten Anleitungen angesichts des didaktischen Anspruchs, der im Eingangskapitel thematisiert wurde.

Es folgen Verweise auf Macupdate und den cnet-Softwaredownload sowie einer kurzen, aber ordentlichen Linksammung und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis.

Form

Die „äußeren Werte“ sind schnell abgehandelt: Layout und Lesbarkeit sind prima, Illustrationen sinnvoll und nicht im öfter beobachteten Seitenschinder-Übermaß gesetzt, sondern vielmehr optimale und gut veranschaulichende Ergänzung zu den Textinhalten. Nichts zu meckern.

Die unvermeidliche Kritik in Kürze – denn eine längere Diskussion zum Mac- und Rechnereinsatz im (Schul-)Bildungsbereich wird in weiteren Artikeln zum Thema ausgeführt.

Sinn und Zweck

Medienkompetenz ist wichtig, Medienerstellung ein Muss, will man kein Heer von reinen Rezipienten züchten. Nerger schafft die Balance zwischen dem Medienlernen als Mittel und jenem zum Selbstzweck, gelegentlich gewinnt man bei der Lektüre dennoch dein Eindruck, dass Inhalte auf „Multimedialität“ gebürstet werden und statt des vorgegebenen Stoffs bzw. der medial zu bearbeitenden Inhalte eben das Medium massiv im Vordergrund steht. Provokant gesagt: Bei der Numbers-gestützten Analyse des Kunstdüngereinsatzes steht zu befürchten, dass nach dem Kampf mit Formeldefinitionen und Zellenattributen Numbers vielleicht begriffen wurde, aber der Kunstdünger zum Nebenthema mutierte. Erkennbar wird dieser Schwerpunkt bereits bei der Musterseitenauswahl auf der Verlagswebseite – praktisch jede Beispielseite beschäftigt sich mit der Technik und der Programmbedienung. Didaktische Ziele kommen vor und werden abgehandelt, sind aber deutlich unterrepräsentiert.

Das mag ganz im Sinne von Autor wie auch Anwender liegen – aber die exemplarische Einführung ins Arbeiten mit Numbers oder einer anderen Tabellenkalkulation ist vom didaktischen Gesichtspunkt aus etwas völlig anderes als der „selbstverständliche“ Einsatz digitaler Medien in Schule und insbesondere Hochschule. Um später fundierter vorgetragene Kritik zu überspitzen: zwischen dem alltäglichen Wikipedia-Abschreiben und dem aufwändigen Lernstoffvermitteln per Videoprojekt sollte eine Art „alltäglicher“ Einsatz existieren, der den Rechner als Kulturtechnik analog zum Lesen und Schreiben im Unterricht einbindet. Wer (wie ich an dieser Stelle) seit längerer Zeit versucht, sich eine Vorstellung eines solchen Rechnereinsatzes an der Schule zu machen, wird das auch nach der Lektüre weiterhin tun.

Kosten und Nutzen

Von der Macbook-Komplettausstattung wird mancher medienpädagogisch engagierte Lehrer nachts träumen, angesichts der Ausstattung an den meisten Schulen mutet der Hinweis auf die ohne Zusatzkosten mitgelieferten Apple-Softwarepakete unfreiwillig zynisch an. Die im Buch vorgestellten Projektkonzepte werden sich auch mit anderen Rechnersystemen und Freeware umsetzen lassen, dabei wird indes viel macspezifische Information im Text überflüssig. Schwerer wiegt an dieser Stelle aber die Schwerpunktsetzung auf die Vermittlung der Bedienungs- und Arbeitsgrundlagen – nach Absolvierung der Beispiele werden Lernende und Lehrende zwar viele Kenntnisse in der Mac-Bedienung erworben haben, grundlegendere Konzepte zum „selbstverständlichen“ Rechnereinsatz im Unterricht sind hingegen wenige vermittelt worden.

Fazit

Trotz dieser Einwände: Nergers Buch ist insbesondere für den ambitionierten Schulpädagogen mit Zugriff auf Mac-Hardware mit Sicherheit von Nutzen – und mit ein wenig Fantasie lassen sich auch Anwendungsfälle für die magerer ausgestattete Schule schaffen. Mit ein paar Apple-Rechnern mit iLife wird sich zumindest im Rahmen einer Projekttage-Veranstaltung sicher einiges umsetzen lassen. Anregungen und Anleitung liefert „mac education“ auf anschauliche Weise – nur insbesondere eben für schulischen „Projekteinsatz“ und allenfalls bedingt für die „alltägliche Lernsituationen“ oder den Hochschuleinsatz.

Weitere Teile der Reihe Lernen mit Macs an der Schule


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