App Store Bewertungs-Patent: Neutrale App-Reviews in Gefahr?

rj, den 4. Januar 2011

Ein Patent Apples für ein Review-System auf Onlinestores wie dem App Store sorgt für ein gewisses Unbehagen: geschützt werden Techniken, die nicht auf Kundenmeinungen setzen, sondern vielmehr auf Kundenprognosen, was den Erfolg des Produkts angeht. Belohnungen für gute Vorhersagen inclusive – was dazu führen könnte, dass nicht mehr die eigene Meinung, sondern eine möglichst massenkompatible Prognose abgegeben wird.

„Community Reviews in einem elektronischen Shopsystem“ schützt das Patent vom 30.12., und die Methode unterscheidet sich kräftig von „bekannten“ Bewertunssystemen. Die Kunden sollen Vorhersagen abgeben, wie gut sich ein Produkt verkauft. Belohnt werden Tipps, die am nächsten am tatsächlichen Erfolg liegen. Ebenso kann die Gewichtung der Stimme „guter“ Tippgeber bei der Bewertung neuer Produkte erhöht werden.

Statt einem „Ich find die App weitgehend prima, 4 von 5 Sternen“ also ein „Mir scheint, das müsste vielen Leuten gefallen, 4 von 5“ – ein kleiner, aber möglicherweise folgenschwerer Unterschied. Unbenommen – die bisherige Bewertungspolitik im App Store ist streitbar und manipuliert wird definitiv. Ob eine solche Technik jedoch zu verlässlicheren und aussagekräftigeren Bewertungen durch die „kollektive Intelligenz“ der User führt?

Dass einfach „Apps für die Masse“ weiter gepusht werden und zum Launch (manipuliert) hochbewertete Apps per selbstverstärkendem Top-Ranking auch oben bleiben, sind die naheliegenden Befürchtungen. Dass statt der eigenen Meinung ein wie auch immer vorgestellter „Massengeschmack“ zur Bewertung herangezogen werden soll, kann aber auch in die andere Richtung wirken: Nischen-Apps werden möglicherweise schlecht bewertet, da sie schließlich nur für eine Minderheit nützlich sind. Erfolgversprechend dürfte aber insbesondere das Gut-Bewerten der „üblichen Blockbuster-Verdächtigen“ sein – nicht zuletzt, weil Apples System eine Belohnung der „Richtig-Tipper“ vorsieht – finanziert aus der Werbekasse des Anbieters bzw. dessen Werbeabteilung. Die Werbetreibenden bezahlen so über den Umweg des Apple-Tippsystems die Bewerter ihrer Apps – nicht für gutes Feedback, sondern für eintreffende Ranking-Prognosen.

Ob und wie das patentierte Bewertungssystem zum Einsatz kommt, ist jedoch zum einen offen, zum anderen liegt bei der aktuellen „Bewertungssituation“ im App Store ohnehin das eine oder andere im Argen. Statt auf die Sternchen werden auch unabhängige Reviews und Testberichte gelesen, viele nützliche Apps findet man ohnehin jenseits der ausgetretenen Top 100-Pfade. Und zynisch kommentiert: Wenigstens werden die App-Hochvoter mit einem solchen System einigermaßen offiziell – und erfolgsorientiert – bezahlt.


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