Im Test: Metal Gear Solid: Peace Walker
Alexander Trust, den 11. Juli 2010Hideo Kojima hat Metal Gear Solid Peace Walker explizit für Sonys Handheld-Plattform PlayStation Portable entwickelt. Er wollte die Grenzen testen und wir wollen in unserem Review zeigen, dass er diese auch erreicht hat.
In einem Interview wurde Hideo Kojima vor kurzem gefragt, ob er sich vorstellen könnte, eine Version von Metal Gear Solid Peace Walker für PlayStation 3 zu veröffentlichen. Es gibt Gründe, die dafür sprächen, vor allem auf der Seite der Spieler. Es gibt aber auch Gründe auf Seiten des Entwicklers, die dagegen sprechen, und die in diesem Review vielleicht auch zur Sprache kommen.
MGS Peace Walker spielt in einer Zeit im Jahr 1974, da der Kalte Krieg herrscht. Der Titel ist die unmittelbare Fortsetzung von MGS 3: Snake Eater. Snake ist dabei eine Widerstandsorganisation auszubauen und die Geschehnisse spielen ihm in die Hände. 100 Stunden Gameplay verspricht Kojima, und ich glaube, er könnte sogar Recht haben. Die Story ist insgesamt sehr umfangreich, wird aber durch interaktive Comic-Szenen auch aufgelockert. Dies ist eine neue Erfahrung und hat fast etwas von Kunst. Allerdings dürfen Spieler sich in diesen animierten Comic-Szenen nicht wirklich zurücklehnen, denn auch darin gibt es manchmal Sekunden, in denen man eingreifen muss, aber eher in der Form, dass es auf die Reaktion ankommt.
Steuerung wie bei Guns of the Patriots
Freunde des letzten Metal-Gear-Abenteuers Guns of the Patriots können sich freuen. Es gibt im Spiel einige vorgefertigte Tastenbelegungs-Schemata – eines, das sich beinahe genauso anfühlt wie zuletzt auf der PlayStation 3. Ich entschied mich spontan für diese Form der Steuerung, bei der der Analogstick zum Bewegen der Figur benutzt wird und die Symbol-Buttons als zweites Steuerkreuz den Blick der Figur kontrollieren lassen. Es kommt echtes Third-Person-Feeling auf und die Aktionen, die man darüber hinaus noch ausführen kann, sind nicht von schlechten Eltern.
Mehrspieler Ad-hoc
Neu bei Peace Walker ist die Möglichkeit, taktisch klug mit Hilfe von Freunden zu agieren. Notwendig ist nur eine PlayStation 3, die das Ad-hoc-Partyplay erlaubt. Entweder spielen bis zu 4 Spieler lokal gemeinsam oder maximal 6 Spieler gegeneinander auch online.
Dieser Modus bietet eine ungemein positive Erweiterung dieses Genres auf Handhelds. Kojima ist damit etwas „gelungen“, wie es ihm schon vorher bei vielen seiner Produktionen gelang. Doch eines zeigt sich beinahe genauso deutlich: Metal Gear Solid: Peace Walker weist latente Züge eines Mehrspielers-Titels auf. Man kann „Peace Walker“ auch alleine spielen, doch dann wird es in manchen Missionen extrem schwer. Die Herausforderung ist dann, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Wer zu wenig Ausdauer an den Tag legt, der könnte dann gefrustet sein.
Optionswunder
Es gibt Missionbriefings, es gibt verschiedene Stationen auf der eigenen Basis, eine Gefangenenstation genauso wie eine, die sich um die Versorgung mit Lebensmitteln kümmert, eine die forscht und entwickelt und wieder eine, die sich um die medizinische Versorgung von Verwundeten und Kranken kümmert. Man muss dafür neue oder vorhandene Mitglieder ihren Fähigkeiten nach auf die einzelnen Gruppen aufteilen. Sie verbessern sich dann stetig. Man kann diese Zuweisung zum Glück auch automatisch vornehmen, muss sie allerdings in jeder Runde aufs neue Treffen. Wohingegen man sich bei einem Fußballmanager einmal dafür entscheidet, eine Aufgabe an die KI abzutreten und fortan dann nichts mehr damit am Hut hat. Hier zeigt sich dann etwas, das mich durchaus stört.
Denn die Bedienbarkeit und Ergonomie der PlayStation Portable ist nicht die allerbeste, wenn man ein Ranking von Handhelds anstellen mag. Die sehr sehr vielen Möglichkeiten, die Peace Walker anbietet, sind meiner Meinung nach für den Handheld eher unangebracht. Aber ich fürchte, dass auch auf der großen Konsole die vielen, vor allem taktischen Optionen, den Spielfluss ein wenig eingeschränkt hätten; die Einstellungen für den Mehrspieler-Modus sind dazu zu zählen.
Hinzu kommen – zumindest bei der normalen PSP – wegen der UMD die etwas längeren Ladezeiten zwischen den einzelnen Abschnitten einer Karte. Und man bewegt sich im Rahmen einer Mission durchaus schon mal durch 3 oder mehr Abschnitte. Wenngleich dann die Mission selbst nur einige Minuten Zeit zur Lösung in Anspruch nimmt, sieht man sich selbst dazwischen mit drei, vier Ladezyklen konfrontiert. Das stört den Spielfluss ungemein. Das hat mir bei „Resistance: Retribution“ besser gefallen und bei Metal Gear Solid 4 auf er großen Konsole gab es zwar ebenfalls einige Unterbrechungen wegen vieler Filmszenen, doch waren die Missionen wesentlich länger. Kojima selbst hat gesagt, dass er an der Spieltiefe noch einiges verändern müsse. Ich möchte damit aber nicht den Eindruck erwecken, dass der neue Handheld-Teil der Serie keine Spieltiefe anböte.
Präsentation
Von den Comic-Zwischensequenzen habe ich schon geschrieben. Wenn man sich die Präsentation außerdem näher ansieht, muss man noch auf die Soundkulisse eingehen. Es gibt viel Audio in Form gesprochener englischer Texte. Die Musik spielt eine untergeordnete Rolle, doch ist sie zumindest dramaturgisch gut verarbeitet, will heißen, sie passt sich der Action an. Geht es heiß her, wird sie schneller, hat man keine Gefahr zu erwarten, geht es eher piano.
Und optisch? Das Areal in den Spielabschnitten ist weitläufig und die Level sind mit viel Details ausgestattet. Der Weitblick ist überdies relativ umfangreich. Die Spielgrafik von Peace Walker hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Nur muss man sagen, dass hier von Kojima vielleicht an den Grenzen der Plattform gearbeitet wurde, aber dass dies schon von anderen Herstellern vor ihm realisiert wurde.
Besonders kultig sind indes Stellen, an denen Hideo Kojima Seitenhiebe oder verstecke Anspielungen auf andere Spiele untergebracht hat. Beispielsweise gibt es Szenen, in denen Snake von einem Häuserdach in einen Strohballen fliegt. Ubisofts Altair aus Assassin’s Creed lässt grüßen. Und einen Karton, unter dem sich zwei Spieler gleichzeitig verstecken können, hat Kojima mit einem Augenzwinkern „Love Box“ bedruckt.
Fazit
Es ließe sich noch viel mehr über Metal Gear Solid: Peace Walker sagen, doch das wichtigste habe ich notiert. Grafisch ist der Titel top, spielerisch ist er es ebenfalls. Und die Comic-Zwischensequenzen sind äußerst stilvoll. Vielleicht macht diese Form der Aufbereitung demnächst Mode, dann hätten die Einsprengsel in Peace Walker sogar etwas Ikonisches an sich gehabt. Story und Gameplay bieten ein super Preis-/Leistungsverhältnis an.
Wenn man überhaupt meckern mag, dann darüber, dass die Plattform bedientechnisch und ergonomisch an ihre Grenzen gebracht wird. Optionen einstellen geht sehr umständlich von der Hand und es ist schade, dass man anstatt zu spielen, sich dann mit vielen Aktionen beschäftigen muss, denn diese sind für den Erfolg teilweise unabdingbar. Wer nicht nach neuen Waffen forscht bspw., der wird irgendwann auch nicht mehr gegen die stärker werdenden Widersacher ankommen. Insgesamt finde ich vor allem den Mehrspieler-Modus hervorzuheben, aber persönlich bevorzuge ich Guns of the Patriots.