Test: Pages für iPad ist Textverarbeitung auf dem Tablet

Alexander Trust, den 23. April 2010
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Apple hat die Applikationen aus seiner Produktivsuite iWork für das iPad angepasst. Wir haben uns Pages in der iPad-Ausführung genauer angesehen und wollen euch verraten, wie sich der Produktiveinsatz anfühlt und was man mit der iPad-Textverarbeitung unterwegs anstellen kann.

Mit dem iPad kann man – Apple sei Dank – auf eine andere Art und Weise mobil Texte verfassen. Vorbehalten gegenüber der Usability wollte Apple damit begegnen, dass man die Produktiv-Apps ganz besonders an die Plattform, das Tablet, anpasste.

Herausgekommen ist mit Pages für iPad eine Textverarbeitung, mit der man seine Aufgaben manchmal spielerisch und hin und wieder ordentlich erledigen kann. Probleme bereitet eigentlich nur die Bauweise der Hardware und der eigene Anspruch.

Kein Königsweg

Am Rechner kann man meist nicht viel verkehrt machen, indem man zuerst den Text schreibt und ihn anschließend formatiert. Auf dem iPad sollte man seine Arbeitsweise überprüfen und die für sich beste Herangehensweise finden, oder sich dran gewöhnen. Optimal sind beide Wege nicht. Wenn man Absätze oder Wörter zuerst formatiert unterbricht man den Schreibfluss, zudem muss man für das Formatieren das iPad hochkant verweilen, das verkleinert das ansonsten genügend große On-Screen-Keyboard. Wenn man hingegen im Landscape-Modus zuerst den Text schreibt und später die Formatierungen vornehmen möchte, muss man mit den zwar vorhandenen aber dennoch umständlichen Markiermöglichkeiten des iPhone-OS vorlieb nehmen. Um einzelne Absätze zu formatieren sind die Möglichkeiten in Ordnung (dreifaches Tippen markiert einen Absatz, doppeltes nur ein Wort), wenn man hingegen mehrere Wörter oder sogar nur Zeichen markieren mag, braucht man oft länger als am Rechner.

Formatieren in Grenzen

Die Optionen zum Auszeichnen von Text, aber auch jene zum Einrichten der Seite sind nicht allzu umfangreich ausgefallen. Aktuell kann man mit Pages für iPad nur zwischen dem Seitenformat von US-letter und DIN A4 wählen. Wer unterwegs eine Gruß- oder Visitenkarte erstellen wollte, der kann das bislang nicht.
Das Auszeichnen von Text und das Ausrichten von selbem ist ebenfalls auf Standardformate beschränkt, die indes wesentlich umfangreicher ausfallen als die Formate für das Seitenmaß. Wenn man hochkant mit dem iPad arbeitet und Text markiert, hat man über eine Menüleiste am oberen Bildschirmrand die Möglichkeit, den Absatzbeginn zu variieren, indem man das Lineal verschiebt oder kann den Absatz ausrichten (links, mittig, rechts, Blocksatz), dazu kommen die Formatoptionen für fett, kursiv und unterstrichen. Man kann darüber hinaus auch Absatzformate aus einem Dropdownmenü auswählen, wie z. B. Überschriften-Formate unterschiedlicher Größe. Weitere Formatoptionen, die es durchaus gibt, erreicht man nur über ein Tippen auf den Info-Button oberhalb der Menüleiste. Dort gibt es dann beispielsweise die Möglichkeit, die Schriftgröße und Farbe (29 stehen zur Verfügung), aber auch die Schriftart zu variieren.

Ein wenig unglücklich ist, dass man die Laufweite des Texts gar nicht verändern kann, aber immerhin die Zeilenhöhe lässt sich sogar für einzelne Absätze variieren. Da sollte Apple trotzdem nachbessern. Ebenfalls schade ist, dass man keine eigenen Formatvorlagen einrichten kann, sondern mit den vorhandenen zwölf vorlieb nehmen muss. Wer also einen Text gerne mit roten anstelle von dunklen Überschriften auszeichnen wollte, der müsste jede einzelne von Hand farbig markieren anstatt eine gespeicherte Formatvorlage anzuwenden. Akademische Seminararbeiten sind zwar mit Pages am Mac machbar – auf dem iPad mangelt es aber an vielem, was dazu notwendig wäre. Schon deswegen ist dieser Arbeit ein Riegel vorgeschoben, weil man nur Formatvorlagen für Überschriften zweiten Grades findet und keine Index- und/oder Inhaltsverzeichnisse anlegen kann, und auch nicht mit Fußnoten arbeiten.

Grafiken spielerisch

Text kann man mit Pages für iPad dank der mehr als ordentlichen On-Screen-Tastatur gut eingeben. Dazu trägt streng genommen aber Pages kein Scherflein bei. Sehr wohl allerdings klappt der Umgang mit Medien in der Textverarbeitung prima. Fotos oder Grafiken lassen sich leicht einbinden, und im Dokument dank der Touchscreenbedienung einfach verschieben (mit einem Finger auf dem Bild ruhend dasselbe hin- und herschieben) oder vergrößern und verkleinern (zwei Finger auf dem Bild ruhend zusammenziehen oder auseinanderschieben) und auch drehen (zwei Finger auf die Grafik legen, einen Moment abwarten und mit der Drehung beginnen). Der Textfluss um die Illustrationen lässt sich einstellen, doch bietet Pages für iPad hier nur drei Optionen an. Eine ausgewachsene Textverarbeitung am Desktop bietet mehr Möglichkeiten des Umflusses. Der Algorithmus für den Textumbruch verrichtet ordentliche Arbeit. Ein Tüpfelchen auf das „I“ wäre es gewesen, wenn Apple für den Text eine automatische Silbentrennung angeboten hätte. Denn ohne diese gibt es trotz vollständig um Bilder fließenden Text gerade in der deutschen Sprache genügend Wörter wie „Dampfschifffahrtsgesellschaft“, die für zu viele Aussparungen sorgen können.
Dass man die App aber grundsätzlich zunächst für angelsächsische Begebenheiten programmiert hat, zeigt auch die noch fehlende Lokalisierung. Pages für iPad ist aktuell nur in englischer Sprachversion vorhanden. Ein Umstellen der globalen Sprachoptionen am iPad ändert daran nichts. Sehr wohl funktioniert aber die deutsche Rechtschreibprüfung.
Man kann für die Grafiken im Text außerdem einen Außenabstand mithilfe eines Schiebereglers einstellen. Zudem bietet Pages die Möglichkeit diverse Rahmen, samt deren Stärke und Farbe, um das Bild zu ziehen. Außerdem kann man unterschiedliche Schattenwürfe erzeugen, die Deckkraft einstellen und sogar eine Reflexion für das Bild. Alles Optionen, die eher der Klicki-Bunti-Fraktion zuträglich sein dürften, aber weniger den Textverarbeitungsbraten fett machen. Hilfreich ist allerdings eine einfach Maskierungsfunktion für Grafiken, mit der man Teile eines Bildes leicht ausblenden kann. Wer sich hier und dort vertut, benutzt einfach die „Undo“-Funktion, mit der man Aktionen rückgängig machen kann.

Andere Objekte

Wer Tabellen in seinen Text einfügen mag, der kann dies sehr einfach erledigen. Spalten und Zeilen nachträglich hinzuzufügen, zumindest an den Enden ist leicht möglich. Unterschiedliche Farbschemata für Tabellen sind vorhanden, die Textausrichtung in Zellen, der Textumbruch und viele weitere Dinge wie beispielsweise die Anzahl von Überschriftszeilen lassen sich einstellen. Merkwürdig, dass Apple für Tabellen vom Fleck weg mehr Optionen anbietet als für die Formatierung von Text grundsätzlich. Dafür muss man aber für jede Tabelle global die Schriftart einstellen und kann nicht etwa für zwei Zellen einer Tabelle auch zwei unterschiedliche Schrifttypen auswählen. Ebenfalls muss man darauf verzichten, Tabellenzellen in ihrer Breite oder Höhe anzupassen. Das geschieht, je nach Inhalt, automatisch, ansonsten fällt das „Layouten“ einer Tabelle recht spartanisch aus.
Neben Tabellen lassen sich diverse Diagramme (z. B. Balkendiagramme, Tortendiagramme u. a.m.) einbauen, die ebenfalls über unterschiedliche Farbschemata verfügen und die man über einige Optionen seinen Wünschen anpassen kann. Natürlich lassen sich die Objekte in der Größe genauso leicht verändern wie Grafiken generell und die Platzierung der Objekte im Text klappt ebenso reibungslos. Ein Doppelklick auf das Diagramm öffnet ein Eingabefenster, in dem man die zugrunde liegenden Tabellendaten eingeben kann. Was nicht klappt, ist das Erstellen von Diagrammen anhand von Tabellen, die man vielleicht schon zuvor in den Text integriert hat. Wenn man versucht die Tabellendaten mittels „Copy & Paste“ in die Tabelle des Diagramms einzufügen, erlebt man komische Ergebnisse. Das Eingefügte verrutscht, und leider hat Apple manche Idee nicht zu Ende gedacht, denn im Editierfenster für die Diagrammdaten gibt es keine „Undo“-Option.
Dazu bietet Pages für iPad auch eine Reihe von Autoformen wie Vierecken, Pfeilen und dergleichen mehr an.

Speichern und exportieren

Das Speichern von Dokumenten verläuft automatisch. Falls man Pages einmal beendet, ist das Dokument auch beim nächsten Start noch vorhanden. Abgestürzt ist Pages in unseren Tests nicht, deshalb lässt sich von unserer Seite aus nicht sicher sagen, ob durch einen Absturz eventuell Datenverluste entstehen könnten. Gleichwie gibt es Möglichkeiten das Dokument mit anderen zu teilen. Man kann es über die File-Sharing-Option, die mittlerweile in iTunes verschwunden ist, umständlich mit dem heimischen Rechner synchronisieren. Darüber hinaus kann man ein Dokument aus der Dokumenten-Übersicht (My Documents) via E-Mail an andere weiterleiten, oder aber es mittels der Online-Plattform iWork.com von Apple mit anderen austauschen. Als Export-Formate stehen das Pages-Format, PDF und das Word-Format DOC zur Auswahl. Nicht unbedingt die Vielfalt an Formaten, die man aus Desktop-Textverarbeitungsprogrammen kennt, aber immerhin Formate, die, wenn man von Apples eigenem absieht, keine Randerscheinung darstellen.

Fazit

Apple hat mit Pages für iPad eine Textverarbeitung für unterwegs geschaffen, mit der man lockere und unverbindliche Texte, oder solche, die nicht zu viele Ansprüche an das Layout stellen, leicht realisieren kann. In der Vorlesung zu sitzen und mitzuschreiben (wenn man von Formeln für Naturwissenschaftler absieht) wird klappen, ordentliche akademische Seminararbeiten abzuliefern eher nicht. Wer im Park gerne Gedichte oder ein Manuskript zu „Papier“ bringen mag, der kann das mit Pages ebenfalls anstellen. Und auch einfache Formbriefe, vor allem solche, für die man die vorhandenen Vorlagen benutzt, sind recht schnell geschrieben. Trotz der Anpassung an den Touchscreen merkt man Pages für iPad aber an, dass es nicht nur spielerisch leicht, sondern manchmal eben auch umständlicher zu bedienen ist als auf dem Computer. Das Formatieren von Text wird unterwegs wohl öfter mal länger dauern als am Rechner.
Und natürlich wünscht man sich, dass Apple noch nachbessert, mehr Formatierungsoptionen anbietet, damit man zumindest die Chance hat, oder das Gefühl kriegt, man könnte auch auf dem Tablet die Dinge tun, die man sonst am Desktop oder Laptop getan hat. Die Exportoption via iTunes ist äußerst umständlich umgesetzt worden, nachdem man zuvor ja bereits einen Dateiaustausch gezeigt bekam, in dem das iPad als normaler Massenspeicher fungierte.
Wie bereits zu Anfang formuliert, können wohl die Leute am ehesten mit Pages für iPad gut leben, die ihre Erwartungen an (mobile) Textverarbeitung zurückschrauben können. Alle anderen werden nach einem ersten Aha-Erlebnis, das wohl eher der Hardware selbst als der App zu verdanken sein wird, ernüchtert feststellen, dass die Produktivsoftware für das iPad wohl erst noch erwachsen werden muss. Mit viel Wohlwollen gibt es von mir, weil ich meine Erwartungen runterschrauben kann, 3 von 5 Macs.


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