Kolumne: iPhone. Weil wirs nötig haben!

rj, den 13. November 2008
Sexvilla-App funktioniert nur hochkant
Sexvilla-App funktioniert nur hochkant, Screenshot

Porn ist bekanntermaßen technischer Vorreiter schlechthin, der neue Medien zügig vereinnahmt und ihre Möglichkeiten ausschöpft. Insofern ist es nur folgerichtig, dass mit i.thrixxx.com die erste interaktive Sexspielseite fürs iPhone angekündigt wird. Die Videobranche hat sich dem iPhone ja schon länger angenommen, und schon da meinte ich, irgendwas nicht begriffen zu haben: mit dem als Gamekonsole entdeckten iPhone kann man sich die Zockerei im Zug, im Park oder sonstwo mobil ja vorstellen, aber irgendwie stehe ich in Bezug auf Mobile Porn immer noch auf dem Schlauch: wheres the point?

An wild ein Gerät schüttelnde iPhone-Nutzer wird man sich mit der Zeit im Stadtbild gewöhnen – dafür gibt es einfach zu viele gute Spielideen, die von der Accelerometer-Steuerung des iPhone profitieren. Wer in Zukunft hingegen Jugendliche erblickt, die ihr Gerät mehr oder minder erregt streicheln und rubbeln, braucht sich keine Sorgen um Technikfetischismus im Wortsinn zu machen: hier probiert jemand offenbar i.thrixxx aus. Das „erste interaktive Sexspiel für das iPhone“ besticht durch ein naheliegendes Interface: „Durch Reiben auf dem iphone Display wird das 3D Model erregt und bewegt sich rhythmisch zu den Streicheleinheiten des iphone Besitzers.“ Man träumt fast schon vom Force Feedback: wer sein Display ganz besonders lasziv-erregend befummelt, wird mit nem Vibrationsalarm belohnt. Das kommt dann wohl in der Sex 2.0-Version, zusammen mit dem Multiplayer-Mode. Spätestens dann sollte man sich den virtuellen Mädels auch im Breitbildformat antun können, die Fehlermeldung beim Landscape-Modus kommt fast schon ein wenig dominant daher.

Mädels, aufgepasst: wenn der Junge gegenüber sein Handy schüttelt und euch dann mit einem Spruch wie „Du bist so heiß, da werd ich braun von“ oder „Großer Polarbär!“ anquatscht, ist das nicht nur schlecht, sondern vom Flirthelfer abgelesen. Quicky oder iPickuplines heißen die Applikationen, wer Geld ausgeben will, kann auch Hey Baby! oder JS Pickup Lines ausprobieren, komisch eigentlich, dass Apple da nicht wegen Duplicate Content die eine oder andere App rauswirft. Jedenfalls gibt es so viele davon, dass man sich fragen könnte, ob sich der natürliche Sexappeal der iPhone-Nutzer noch nicht unter App-Codern herumgesprochen hat. Oder haben wir das nötig?

Wennschon, dennschon: viel cooler wäre vermutlich ohnehin der perfekte Pickup-Guide, der in Echtzeit Situationsanalysen auf dem iPhone bereitstellt. Ein Spruch allein, dafür brauchts kein iPhoneschütteln, das geht auch noch mit nem Merkzettel. Besser wäre doch eine Step-by-Step-Anleitung, die auch noch dann Infos ausspuckt, wenn das HB-Target einen LJBF ansetzt, obwohl man grade den BS ausgeschaltet und schon halb im Pre Lay Relaxation Mode war. Wer lacht: für den Kram gibts ein extra Wiki. Sollte man der Klientel, die solches Zeug nicht nur liest, sondern auch anwendet, Apps verkaufen? Man sollte. Hochpreisig, bitte.

Dass man Schritt-für-Schritt-Anleitungen aufs iPhone bringen kann, hat sich schon in einem anderen Kontext bewiesen. Eine Zeitlang kam ja jeden zweiten Tag eine neue Erste-Hilfe-Anleitung fürs iPod in den App Store. Zyniker mochten fürchten, dass der Ersthelfer im Fall eines Unfalls nicht die Arterienblutung, sondern das iPhone in die Hand nimmt, um nachzuschlagen, was denn zu tun sei. Weniger pessimistisch eingestellte Menschen dachten sich vermutlich eher, dass eine regelmäßige Lektüre von Erste-Hilfe-Anleitungen möglicherweise zu besserem und beherzterem Eingreifen im Ernstfall sorgt. Nun also die virtuellen Erotik-Applikationen. Die meisten werden sich wohl ein „Ja nun, wers braucht“ dazu denken, die sozialen Auswirkungen dürften vorerst gering bleiben.

Wer braucht noch was? Immerhin wurde nun auch von GTA3-ähnlicher Action für unser Lieblings-Smartphone geredet, und braucht man noch i.thrixxx, wenn man Hot Coffee kriegen kann? Spiele braucht es fürs iPhone und den iPod touch, und da passiert glücklicherweise ebenfalls richtig viel, auch und gerade jenseits von Sudoku, Puzzles, Adventures und Casual Games. Insofern: iPhone-Action. Weil wirs nötig haben. Erotisch muss das alles gar nicht sein.


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