RotlichtVZ keine Grauzone
Alexander Trust, den 22. Mai 2008RotlichtVZ heißt ab sofort nicht mehr RotlichtVZ. Die Betreiber haben die Webseite umbenannt. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Das Social Network firmiert nicht länger unter dem Titel RotlichtVZ, sondern schon eine Weile unter Rotlichtverzeichnis.
Es liegt nahe, dass die Namensänderung von RotlichtVZ geschah, um einem Streit mit Holtzbrinck aus dem Weg zu gehen – denn der Verlag wäre mit Sicherheit ein unbequemer Gegner vor Gericht für die schweizer Betreiber des RotlichtVZ geworden.
RotlichtVZ und deren Betreiber sind bei genauerem Hinsehen wie ein Dickicht, aus dem dieses Unternehmen hinter der Webseite heraus agiert.
Kein Unrechtsbewusstsein
Als Spielverderber muss man notgedrungen auftreten, wenn man sich einige Kommentare von potenziellen Opfern von RotlichtVZ ansieht. Sie nehmen den Sachverhalt viel zu sehr auf die leichte Schulter. Wenn man unerwünscht Werbung kriegt und daraufhin in eine Art Kostenfalle getappt ist, dann wird man das ruhigen Gewissens zugeben können. Das gilt vor allem, wenn man vereidigt würde und nicht lügen dürfte. Schaut man sich aber manche Kommentare an, dann ist nicht nur die Sprache flapsig, sondern der Inhalt deutet auf eine Scheiß-egal-Mentalität hin, oder eine Die-können-mir-sowieso-nix-Attitüde. Es fehlt ein gewisses Unrechtsbewusstsein, bei Leuten, die offen artikulieren, dass sie Grenzen ausprobieren und überschreiten.
Dort gibt es Leute, die offen schreiben, sie haben wissentlich „die falsche Adresse“ bei RotlichtVZ angegeben. Dies kann einem als Betrug ausgelegt werden.
Was die AG hinter RotlichtVZ getan hat oder nicht, rechtfertigt keineswegs die Erschleichung von Dienstleistungen unter falschem Namen. In Deutschland gibt es sogar einen Paragraphen im StGB, der das unter Strafe stellt, der sich „Computerbetrug“ nennt. Die haben ja nur meine IP, heißt es. Ich habe extra eine falsche Adresse angegeben, wird fortgesetzt. Sich öffentlich selbst so hinzustellen grenzt nicht mehr an Dummheit.
RotlichtVZ am Zug?
Versteht mich nicht falsch, mir liegt fern, den „Opfern“ eins auszuwischen, weil sie auf eine Phishing-Masche hereingefallen sind.
Wenn die Betreiber von RotlichtVZ genug Antrieb haben, könnten sie mithilfe solcher öffentlich zugänglichen Selbszeugnisse in Form von Kommentaren, gegen die Personen vorgehen. Denn diese geben unumwunden zu, dass sie wissentlich den Service von RotlichtVZ – auf Deutsch gesagt – „bescheißen“ wollten.
Computerbetrug
Als Ende der 1990er die ersten Internet-Flatrates für Analog-Modems in Mode kamen, hatten die Anbieter es schwer. In derselben Zeit sprossen Firmen aus dem Boden, die Internet-by-Call angeboten haben. Der Ablauf bei der Anmeldung für diese Dienstleistungen war nicht durchdacht. Man konnte, wenn man wollte, sich mit falschen Adress- und Bankdaten registrieren und für eine Zeit einwählen. Das haben auch viele Leute getan; In Foren und Webseiten wurden entsprechende Logins sogar angeboten, um sich kostenlos Internet zu erschleichen. Es konnte einem ja nichts passieren, denn man hatte ja seinen Namen nicht angegeben. In dem Fall waren die Internet-Provider keine schwarzen Schafe und es gab in diesem Fall von RotlichtVZ wie in jenen Fällen der Internetprovider zu keiner Zeit eine Rechtfertigungsgrundlage. Dies ruft erneut den Paragraphen mit dem Computerbetrug auf den Plan.
Einige der Firmen, die immensen Schaden genommen und ihr operatives Geschäft aufgeben mussten, haben nachträglich Gerichtsverfahren angestrengt, bzw. sind anwaltlich, zum Teil gerichtlich dagegen vorgegangen. Vater Staat hat sich in diesem Fall ebenfalls eingeschaltet. Weil es sich nicht nur um eine Zivilsache, sondern eben um eine Strafsache handelt. Der hohe Bearbeitungsaufwand brachte es mit sich, dass manche Verfahren sich unnötig in die Länge gezogen haben. Wurde bspw. 1999 eine „IP-Adresse“ geloggt, bekamen manche Computerbetrüger erst 2001 Post von ihrer ansässigen Polizeidienststelle und wurden zur Vernehmung eingeladen. Die Strafsachen wurden in den meisten Fällen mit einem drohenden Fingerzeig der Staatsanwaltschaft beigelegt, wenn sich die Personen zuvor nichts zu Schulden haben kommen lassen. Dann blieb es bei einer Ermahnung und/oder eine Geldbuße wurde fällig. Indes konnten sich viele glücklich schätzen, dass kein Eintrag in der Strafakte folgte.
Wer bis hierhin mitgelesen hat und die Analogie zu RotlichtVZ nicht nachvollziehen kann, der muss das denke ich auch nicht. RotlichtVZ soll – Beweise fehlen ja – Spammails verschickt haben, und Leute übers Ohr gehauen. Wer sich aber selbst brandmarkt, dass er sich den Service erschleichen wollte und dann als Trittbrettfahrer die Unschuldsmasche für sich in Anspruch nehmen möchte, dem muss man die Moralkeule hinstellen dürfen. Es ist naiv, aber eventuell sogar gefährlich, derart damit im Netz rumzuprahlen, dass man eine falsche Adresse angegeben hat.
Kommt noch was von RotlichtVZ?
Ich bin gespannt und beobachte die Dinge weiterhin. Viele Nutzer haben bereits eine zweite Mahnung von RotlichtVZ erhalten und während eben manche sich übers Ohr gehauen fühlen, gibt es andere, die mit ihren Worten selbst dafür sorgen, dass man ihnen die Opferrolle nicht so ganz abnehmen mag.