StudiVZ: Crawl mich Baby, (nicht) noch ein Mal

Alexander Trust, den 21. März 2007
StudiVZ
StudiVZ, Screenshot

Britney Spears hat die Haare schön, und das Studiverzeichnis seinen Benutzern neue AGBs aufs Auge gedrückt. Es wird in Teilen der Blogosphäre fleißig darüber diskutiert. Es gibt einige Stimmen, die empfinden die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Zumutung. Darüber hinaus wird jetzt auch für das Ausspähen von Daten eine Vertragsstrafe fällig.

Es gab Projekte, wie den Hoebot, die haben die Daten des StudiVZ aus Spaß an der Freud gecrawlt. Es gab Hagen Fritsch, der den Betreibern zeigen wollte, was potenziell möglich ist. Dann gab es die “pösen” “pösen” Hacker, die zuletzt Ende Februar Daten vom Studiverzeichnis ausgelesen hatten.

Visualisierung von Verbindungen

Doch es gibt sogar akademische Zirkel, die das Studiverzeichnis für die mehr oder weniger wissenschaftliche Arbeit ausgespäht haben. Die FH Kaiserslautern tat dies mit einer Projektgruppe “studiAnalyse”.

Den Akteuren aus dem akademischen Feld ging es vor allem um die Visualisierung von Netzwerkverbindungen und den daraus ablesbaren Erkenntnissen. Wir erinnern uns an einen Beitrag von Hans Rosling, der einen wunderbaren Vortrag hielt, und zeigte, wie die Visualisierung von Statistiken einen wunderbaren Zusatznutzen generiert.

StudiVZ-CEO entlassen

Vor diesem Hintergrund darf man sich schon ein Mal fragen, warum das StudiVZ gerade den Akademikern einen Riegel vorgeschoben hat. Holtzbrinck hat Dariani entlassen, nachdem dieser den Mund zu voll genommen hatte (wie es heißt) und ist nun mehr und mehr auf dem Weg, die klassischen Werbepartner ins Spiel zu bringen. Wie negativ man das Sammeln von Daten im Kontext von Werbung betrachtet, so gehaltvoll können dieselben Daten sein, wenn sie im Sinne der Wissenschaft verwendet werden.

Ob wir in einem Sozialstaat leben, in einer Demokratie oder Diktatur, alle sind wir nur ein Teil der Weltbevölkerung auf diesem Globus. Je näher wir zusammenwachsen, desto komplexer werden unsere Beziehungen und Netzwerke, aber umso wichtiger wird es, dass wir Informationen sammeln und sie auswerten, um die Komplexität aufzudröseln. Netzwerkanalyse betreibt die Sozialwissenschaft nebst anderen Disziplinen seit einigen Jahrzehnten. Die Visualisierung solcher Netzwerk beispielsweise zeigt, welch Ungetüm der Deutsche Bank Konzern ist, und wo überall er seine Finger mit im Spiel hat. Wenn man von der Größe weiß, wird es einem noch unverständlicher, warum bald jedes Jahr einige Hundert bis Tausend Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Netzwerke zeigen Verbindungen an, und Netzwerke können optimiert werden, aber man kann sie auch erst durchschauen, wenn man sie entdeckt.

Holtzbrinck und die Wissenschaft?

Die Zusammenarbeit von Holtzbrinck mit der Akademik wäre ein positives Signal für eine Zukunft, vor der uns nicht Bange sein muss. Warum? Nun, man möge sich bitte den Vortrag von Hans Rosling ansehen. Er erklärt wunderbar, wieviele Datenbestände es eigentlich gibt, und wie wenige davon wissenschaftlich genutzt werden dürfen, weil der Kommerz drohend seine Hände darüber hält. Gleichwie veranschaulicht er in der Folge, wie man schon mit wenigen Datenbeständen unheimlich verblüffende Erkenntnisse vermitteln kann. Analyse von Daten ist kein ausschließlich werbewirtschaftliches Thema. Und doch gibt es viel mehr Leute, die eine Payback-Kartebesitzen als solche, die gerne an Umfragen teilnehmen, um der Gesellschaft ein paar Anhaltspunkte zu liefern über ihre immer komplexer werdende Sozietät.


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