Das Problem politischer Talkshows

Alexander Trust, den 3. April 2008
Altes TV-Gerät aus den 1970ern
Fernsehen in den 1970ern war anders, Bild: CC0 (AlexAntropov86)

Anne Will, Hart aber fair, Maybritt Illner… – drei Formate auf einer breiten, öffentlich-rechtlichen Wahrnehmungsebene. ARD und ZDF haben einen Auftrag. Gebührenzahler auszunehmen? Wahrscheinlich nicht. Zumindest liegt das nicht im Ansinnen vieler Betroffener. Die nächste Gebührenerhöhung ist jedoch schon 100 Meter gegen den Wind zu riechen.

Und doch lässt sich feststellen, dass die Formate ein Problem haben. Vor allem seitdem Frank Plasberg seinen gemütlichen Platz vor den Augen der WDR-Zuschauer verließ, um nun eine größere Öffentlichkeit in der ARD anzusprechen. Plasberg war vorher schon zuverlässig und journalistisch einwandfrei. Das ist er heute zumeist immernoch. Das hilft aber ihm und seinen beiden weiblichen Kolleginnen nicht weiter. Denn oft genug müssen alle drei sich sommerloch-artige Kalenderwochen miteinander teilen, in denen es schwer fällt, einen ein Mal gelutschten Drops wieder in den Mund zu stecken.

Ich glaube nicht, dass die Damen und der Herr dies absichtlich tun. Sie können nur einfach nicht anders, als manchmal unter anderem Etikett den gleichen Inhalt widerzukäuen. Deutschland wurde nicht Weltmeister und das öffentliche Interesse in diesem Segment bietet nicht genügend Anknüpfungspunkte, als dass genug Themenkuchen für die drei Moderatoren übrig wäre. Am vergangenen Sonntag sprach man bei Anne Will über die Rentensituation, darüber, dass die Alten eine Erhähung kriegen, die die Jungen zu bezahlen hätten. Dass die Jungen die Zeche zu zahlen hätten, sieht auch Daniel Bahr von der FDP so, ganz im Gegensatz zur Rentnerin Sonja Barthel, die angibt, dass die Alten für die Jungen lange genug geschuftet haben und dieses Land nach dem Krieg wieder aufgebaut hätten. Barthel empfindet die beschlossene Rentenerhöhung als eine Farce.

Nur leider sind Bahr und Barthel nicht Anne Wills Gäste, sondern eingeladen worden, um bei Hart aber fair zu sprechen. Der Titel von Plasbergs Sendung indes lässt eigentlich etwas ganz Anderes vermuten: “Arm durch Arbeit – Wie Staat und Wirtschaft die Bürger plündern”. Unter dieser Überschrift erwartet man tatsächlich etwas anderes, als den aufgewärmten Generationskonflikt im Rentensegment, wie er bei Anne Will schon drei Abend davor besprochen wurde. Dies ist in Teilen allerdings Augenwischerei, zumindest aber der Versuch, sich selbst einen neuen Impuls zu geben. Das Rententhema wird mitdiskutiert. Und was macht Maybritt Illner? Die hat hoffentlich bis hierhin ein neues, ein anderes Thema gefunden, das es medial aufzubereiten gilt, für ein Gebühren zahlendes Publikum, das schon längst vom Schulterzucken zum Kopfschütteln gewechselt ist.

Gott sei Dank reüssieren im ZDF dann andere Köpfe wie Lauterbach und Blüm, um über die Trennung zwischen Privat- und Kassenpatienten zu diskutieren. Da hat Frau Illner aber nur Glück gehabt. Denn je nachdem, wie sich das Geschehen in einer Woche entwickelt – und vor allem, wenn die Redaktionen nicht immer ganz aufmerksam sind -, passiert es sogar, dass Talkgäste die Runde machen. Der ehemalige Umweltminister Töpfer beispielsweise war im letzten Jahr zunächst bei Maybritt Illner aufgetreten, nur um ein wenig später bei Frank Plasberg ins selbe Horn zu blasen. Wenn der geneigte TV-Zuschauer eines feststellt, dann ist es ein Überangebot an politischen Talkformaten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Zuletzt gab es dann auch öffentliche Kritik an der “Steifheit” Anne Wills.

Warum geht nicht einer der Drei einen anderen Weg und versucht sich daran, Themen überhaupt erst interessant zu machen, die davor noch nicht medial prostituiert worden sind. Das Motto sollte nicht “Alle Jahre wieder” lauten. Die Themen liegen quasi auf der Straße, es müsste sich nur mal jemand bücken. Ich würde es begrüßen, wenn wir talkend über Dinge informiert würden, die gesellschaftlich nicht auf der Agenda stehen. Ein Thema aufzugreifen, wenn es schon einige Titelseiten der BILD-Zeitung gefüllt hat muss nicht unbedingt bedeuten, dass man es zum richtigen Zeitpunkt getan hat. Ina Deter sang einst: “Neuer Männer braucht das Land” – Ich bin zufrieden mit den Köpfen, die wir im Polit-Talk-Business haben, einzig neue Themen brauchen wir. Plasberg und Co sollten sich nicht scheuen, auch ein mal in der Zielgruppe zu variieren und vielleicht ein wenig spezifischer werden. Anstatt immer auf der größtmöglichen Schnittmenge zu fußen, sollte man sogar den kleinsten gemeinsamen Nenner aus den Augen verlieren.


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