Test: Excel 2008
Redaktion Macnotes, den 19. Februar 2008Lange hat man uns Mac User warten lassen, aber seit Anfang letzter Woche ist es nun endlich soweit: Office 2008 für Mac steht in den Regalen und wir nehmen die Office-Suite für euch Stück für Stück unter die Lupe. In unserem ersten Test hinterließ die neue Word-Version bereits einen zwiespältigen Eindruck und konnte nur bedingt überzeugen. Nun ist Excel an der Reihe und der Platzhirsch unter den Tabellenkalkulationen muss zeigen, was er nach knapp 4 Jahren Entwicklung so alles Neues auf dem Kasten hat.
Look and Feel
Optisch bieten die neuen Office-Applikationen allesamt Grund zur Freude – denn die MacBU hat die Programme durch die Bank weg drastisch aufpoliert. Excel und Co. passen sich nun beinahe perfekt in das Gesamtbild von OS X ein und man gewinnt den Eindruck, ein „waschechtes“ Mac-Programm vor Augen zu haben. Die bereits vom Vorgänger bekannte Toolbox bietet nun endlich einheitlichen Zugriff auf alle benötigten Werkzeuge und Formatierungen und lässt sich bequem an die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Dabei hat man sich in Redmond offensichtlich am iWork Paket orientiert. Allerdings bleiben ein paar Schönheitsfehler: klickt man durch die einzelnen Reiter der Toolbox, so ändern sich deren Ausmaße nicht nur in der Höhe, sondern auch in der Breite. So entsteht unweigerlich der Eindruck, dass die Box auf dem Bildschirm umherspringt, was bereits nach kurzer Zeit am Nervenkostüm des Users nagt. Zudem kann es bei der Auswahl mehrerer Unterpunkte passieren, dass die Toolbox über den Bildschirmrand hinaus ragt, was mehr als unschön aussieht und zusätzliche Arbeit verursacht. Ansonsten verfügt Excel nun endlich über eine aufgeräumte Symbolleiste und auch das vorher wenig ansprechende Einstellungen-Menü ist einer modernen Schaltzentrale im Design der Systemeinstellungen gewichen. In Sachen Look and Feel ist die neue Oberfläche keine Revolution, aber immerhin ist man hier nun endlich auf Augenhöhe mit iWork und Co.
Abschied von VBA
Während man in Sachen Bedienung in Redmond einen großen Schritt nach vorne gemacht hat, so geht man in anderen Bereichen gleich zwei Schritte zurück. Warum die Entwickler sich dazu entschlossen haben, den Support von Makros auf der Basis von Visual Basic for Applications (VBA) gänzlich zu streichen, ist schlichtweg unbegreiflich. Für viele professionelle Anwender dürfte dieses Manko gerade bei Excel ein KO – Kriterium darstellen. Da hilft es auch nicht, wenn sich der Leiter der Mac-Entwicklungsabteilung Erik Schwiebert seitenlang rechtfertigt und die Schuld beim veralteten Programmcode sucht. Wer von Berufswegen her auf reibungslosen Datenaustausch mit Windows-Office-Nutzern angewiesen ist, der guckt hier in die Röhre. Immerhin: öffnet man eine entsprechende Tabelle, bietet Excel dem User zwei Optionen – entweder man deaktiviert das Makro und entfernt den entsprechenden Code oder man kann sich die Datei ansehen, aber nicht bearbeiten. In der Praxis dürfte sich allerdings keine der genannten Möglichkeiten als sonderlich hilfreich erweisen.
Dennoch: ganz ohne Makros muss man aber auch auf dem Mac nicht leben – Excel bietet rudimentäre Unterstützung für AppleScript sowie einige Automator-Aktionen (jedoch nicht in der günstigsten Home & Student Version). Einen gleichwertigen Ersatz oder gar eine brauchbare Alternative stellt dies trotzdem auf keinen Fall dar.
Neue und alte Funktionen
In der neuen Version kann Excel mit einer Handvoll neuer Features aufwarten – darunter unter anderem die Autovervollständigung für Formeln sowie Vorlagen für alltägliche Aufgaben. Letztere sind im Gegensatz zu ihren Pendants in Word allerdings relativ lieblos gestaltet und bieten kaum einen nennenswerten Nutzen. Darüber hinaus bietet die Toolbox noch die Möglichkeit so genannte Dokumentendesigns zu verwenden – dabei handelt es sich im Prinzip um aufeinander abgestimmte Farbpakete, mit welchen sich Grafiken und Objekte formatieren lassen. Insgesamt wird sehr deutlich, dass man in Redmond bei Excel mehr Wert auf Berechnungen als auf Präsentation legt.
Ein weiteres hilfreiches Feature wird dem Nutzer bei der Verwendung von Formeln an die Hand gegeben: die Autovervollständigung. Nachdem man den ersten Buchstaben einer Funktion eingegeben hat, schlägt Excel automatisch alle Funktionen mit entsprechenden Namen vor – nett anzusehen und durchaus praktisch.
Eine wirkliche Neuerung hingegen stellt der verbesserte Formeleditor dar. Mit diesem lassen sich Funktionen über die Toolbox komfortabel auswählen und anlegen: zudem werden Eingabefelder für die einzelnen Parameter einer Formel angezeigt, so dass sich Probleme durch fehlerhafte Verwendung von Funktionen gleich von vornherein ausschließen lassen, bevor man diese in die Zelle einfügt. Vor allem ungeübte Nutzer sollten von diesem neuen Feature profitieren können.
Damit wären allerdings auch die wesentlichen Neuerungen bereits abgefrühstückt – ansonsten befindet man sich vom Funktionsumfang her in etwa auf Niveau des Vorgängers. Vor allem einige Highlights der aktuellen Windows-Version werden schmerzlich vermisst: beispielsweise die Erweiterungen für die Autoformatierung, welche vor allem professionellen Nutzern einen echten Mehrwert bieten.
Tempolimit
Wie viele andere User auch, hatten wir in puncto Geschwindigkeit große Erwartungen in die neue Office Version gesetzt. Denn ohne den Umweg über die Rosetta-Emulation sollten die Programme der Office-Suite deutlich performanter arbeiten – zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht das hingegen etwas anders aus: Excel 2008 kann im Gegensatz zu seinem Vorgänger kaum Boden gut machen. Der Programmstart dauert immer noch eine gefühlte Ewigkeit und auch bei der alltäglichen Arbeit wirkt das Programm stellenweise oft so zäh und träge, dass man den Eindruck gewinnt mit angezogener Handbremse unterwegs zu sein. Lediglich bei rechenintensiven Arbeiten hat Excel 2008 die Nase vorn.
Wie es leibt und lebt
Genug der Schwarzmalerei: in der Praxis schlägt sich Excel durchaus beachtlich. Die Tabellenkalkulation verrichtet wie gewohnt ihre Arbeit tadellos, auch wenn das Programm bisweilen etwas zäh agiert. Die überarbeitete Benutzeroberfläche sowie die Toolbox erleichtern den Umgang mit der Applikation ungemein und auch die Autovervollständigung bei der Formeleingabe möchte man bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit nicht mehr missen. Programmabstürze sind uns während des Tests dankenswerter Weise nicht untergekommen. Bei der Lokalisierung muss allerdings noch an einigen Stellen nachgebessert werden: ab und an begegneten uns übersetzte Passagen, welche schlichtweg zu lang für den dafür vorgesehenen Platz waren. Und auch die hauseigene Liste bekannter Probleme dürfte noch genügend Potenzial für zukünftige Softwareupdates aus Redmond bieten.
Obwohl sich beim Alltagseinsatz keine nennenswerten Schwächen offenbarten, bleibt allerdings der schale Beigeschmack, dass man nur eine optisch aufpolierte Version des Vorgängers vor sich hat. Wirkliche Neuerungen sucht man mit der Lupe und so drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob die vergangenen 4 Jahre Entwicklungsarbeit einfach spurlos an Excel vorbeigezogen sind. Zwar muss ein Programm nicht mit jedem Versionssprung eine Palette an neuen Features auf Lager haben, aber gerade in diesem Fall sollte man zumindest auf dem Stand der aktuellen Windows-Version sein.
Fazit
Knapp vier Jahre Entwicklungszeit und das lang erwartete Office 2008 hinterlässt einen eher enttäuschenden Eindruck. Auf der einen Seite stehen wenige wirkliche Neuerungen, fehlender VBA-Support und miese Ergebnisse in puncto Geschwindigkeit. Auf der anderen Seite ist und bleibt Excel ein mächtiges Werkzeug und für viele Profianwender die Tabellenkalkulation schlechthin. Zumal das Programm während unseres Tests durchweg zuverlässig seinen Dienst verrichtet hat und die überarbeitete Benutzeroberfläche einen wirklichen Mehrwert darstellt. An diesem Punkt stellt sich für viele Mac User die Frage nach einer brauchbaren Alternative: für Heimanwender dürfte auch Numbers aus Apples iWork Suite ausreichen – Profis kommen um den Einsatz von Excel nicht herum. Wer nicht maßgeblich auf das neue Open XML Format angewiesen ist, der ist zumindest momentan noch mit der 2004er Version gut beraten. Nach der langen Entwicklungszeit hätte man durchaus mehr erwarten dürfen.