Interview mit Alykhan Jetha, CEO von Marketcircle

ml, den 20. Februar 2007
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Letzte Woche haben wir mit Alykhan Jetha, CEO von Marketcircle, unter anderem über den Mac im Businessbereich, Apples „Get a Mac“-Kampagne und das iPhone gesprochen.

Marketcircle ist seit mehreren Jahren mit seiner Groupware Daylite im Mac-Businessbereich erfolgreich. Hinzugekommen ist mittlerweile das Programm Billings zum Erstellen von Rechnungen und zur Zeiterfassung. Im Interview verrät Alykhan Jetha, dass Daylite ursprünglich gar nicht geplant war und nur durch mehrere Zufälle auf den Markt gekommen ist.

Macnotes:

Guten Morgen Mr. Alykhan Jetha, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, mit uns über aktuelle Mac-Themen zu sprechen.

Alykhan Jetha:

Ja, schön, dass es geklappt hat. Sie können mich auch AJ nennen, das ist für die meisten Leute einfacher.

Macnotes:

Warum sind Sie zur Zeit in Deutschland unterwegs?

Alykhan Jetha:

Es gibt zwei Gründe: Zum Einen möchte ich den deutschen Markt besser kennenlernen und zum Anderen überlegen wir zukünftig aktiver in Deutschland zu sein. Aus diesem Grund habe ich mich mit ProjectWizards getroffen und wir haben über Möglichkeiten der Zusammenarbeit und gemeinsame Ideen diskutiert.
Bisher gibt es noch keine lokalisierten Versionen von Daylite und Billings und wir wollen herausbekommen, ob wir es tun sollten.

Macnotes:

Sie sprachen grad darüber, den deutschen Mac-Markt besser kennenlernen zu wollen. Gibt es große Unterschiede zwischen dem nordamerikanischen und dem deutschen Mac-Markt?

Alykhan Jetha:

In Deutschland wird der Mac von prozentual mehr Geschäftsleuten als Endanwendern genutzt als zum Beispiel in Kanada oder den USA. Ich habe meine Gedanken dazu noch nicht vollständig abgeschlossen, doch es sieht so aus als müsste Marketcircle aktiver in Deutschland werden.

Macnotes:

Marketcircle wurde 1999 gegründet. Hat die Firma schon immer nur für den Mac entwickelt oder gab es andere Gründe, die damals zur Firmengründung führten?

Alykhan Jetha:

Wir haben Marketcircle damals als ein Dot-Com-Unternehmen gestartet und nicht speziell an den Mac oder Apple gedacht. Wir entwickelten Webtechnologien, doch als wir unsere Technologie fertig hatten, platzte die Internet-Blase. Aus diesem Grund mussten wir unsere Ziele etwas zurückstecken und haben Software-Consulting für kundenspezifische Internet-Applikationen gemacht. Doch das war eigentlich nicht das, was wir damals bei Marketcircle machen wollten. Wir wollten kommerzielle Software entwickeln und verkaufen.
Als das Consulting-Geschäft wuchs, bekamen wir es mit etlichen Problemen zu tun. Da wir die Entwicklung selber durchführten, litten andere Bereiche (Verkauf, Marketing) unter zu wenig Aufmerksamkeit. Wir beantworteten zum Beispiel unsere Telefonanrufe nicht mehr. Dadurch verloren wir Aufträge.

Macnotes:

Wie kam es dann zur Entwicklung von Daylite?

Alykhan Jetha:

Aus den eben genannten Gründen, schauten wir uns auf dem Markt für Geschäftssoftware um und standen vor der Entscheidung: Gehen wir zu Windows oder bleiben wir auf dem Mac? So überlegten wir, wie schwer es sein könnte diese Software für uns selbst zu schreiben. An diesem Punkt haben wir aber nicht an ein kommerzielles Produkt gedacht, sondern nur daran, wie wir unsere eigenen Abläufe auf die Reihe bekommen.
Wir fingen dann an einigen Leuten Daylite zu präsentieren, um zu zeigen, wie gut Marketcircle im Bereich Softwaretechnologie ist. Sie fragten uns dann: „Können wir das kaufen?“ und wir sagten: „Nein, das ist nur für unseren internen Gebrauch.“ Irgendwie bekam Apple dann Wind von der Sache und empfahl uns, aus Daylite ein kommerzielles Produkt zu machen. Anfang April 2002 kam dann schließlich die erste Version von Daylite auf den Markt.

Macnotes:

Warum entwickelt Marketcircle ausschließlich Programme für Mac OS X?

Alykhan Jetha:

Der erste Grund ist philosophischer bzw. ideologischer Natur. Wir denken, dass wenn es nur noch Windows als Plattform gibt, dann werden wir eine deutliche Verlangsamung des Fortschritts in diesem Bereich sehen, weil es keinen echten Wettbewerb mehr gibt. Auf der anderen Seite sahen wir, dass es auf dem Mac im Bereich der Geschäftsprogramme ebenfalls wenig Wettbewerb gab.
Der zweite Grund ist ästhetischer Natur. Ich finde, dass das Arbeiten auf dem Mac viel besser ist als das Arbeiten mit Windows. Ich höre nie Leute sagen, dass sie es genießen mit Windows zu arbeiten.

Macnotes:

Haben die unter Mac OS X zur Verfügung stehenden Technologien (Cocoa, zahlreiche Frameworks, Xcode) dazu beigetragen, ein Produkt zu entwickeln, welches auf anderen Plattformen nicht möglich gewesen wäre?

Alykhan Jetha:

Unmöglich nicht, aber man hätte mehr Entwickler und mehr Zeit benötigt.
Die Entwicklerwerkzeuge sind meiner Meinung nach sehr gut. Apple muss jedoch dranbleiben, denn außerhalb der Mac-Welt gibt es auch Fortschritte. Die Grundlagen mit Objective-C, den Cocoa-Frameworks und OS X selbst, sind sehr solide und deshalb denke ich, wird Apple auch zukünftig in der ersten Liga mitspielen.

Macnotes:

Wird Mac OS X Leopard ein wichtiger Schritt für Marketcircle sein? Einige Unternehmen haben bereits Versionen ihrer Produkte angekündigt, die nur unter Leopard laufen werden.

Alykhan Jetha:

Natürlich schauen wir auf Leopard und werden sicherstellen, dass wenn Mac OS X 10.5 auf den Markt kommt, unsere Produkte damit kompatibel sein werden. Ein Großteil unserer Anwender sind aber Geschäftsleute und normalerweise wechseln diese ihr Betriebssystem nicht sofort. Aus diesem Grund müssen wir den Zeitpunkt für eine Leopard-spezifische Version unserer Produkte vorsichtig angehen.
Trotzdem warten wir sehr gespannt auf Leopard, denn es wird einige interessante Technologien mitbringen, die wir gerne nutzen möchten.

Macnotes:

Viele Kunden von Marketcircle kommen aus dem Geschäftsbereich. Was halten Sie von Apples „Get a Mac“-Kampagne, durch die ja leicht der Eindruck entsteht, dass Mac und Business nicht gut zusammenpassen?

Alykhan Jetha:

Ich denke Apple hat damit eine sehr clevere Kampagne geschaffen, denn sie wissen, dass viele Leute genau das denken und anstatt dagegen zu kämpfen versuchen sie dieses Spiel mitzuspielen.
Jeder Geschäftsführer hat auch ein Privatleben und wenn sie auf den Mac schauen, dann sehen sie iLife usw. und denken, dass es ihnen zu Hause helfen könnte. Wenn sie dann erstmal einen Mac zu Hause haben, dann merken sie, dass es keine schlechte Plattform ist.
Bei Marketcircle merken wir gerade, dass häufig Unternehmer von kleineren Firmen zu uns kommen und auf den Mac umsteigen wollen. 50 Prozent der Anfragen, die wir bekommen, kommen von Switchern oder von Leuten, die vorhaben auf den Mac umzusteigen. Wir spüren einen deutlichen Anstieg des Interesses am Mac.

Macnotes:

Wünschen Sie sich, dass Apple mehr tun würde, um den Mac im Geschäftsbereich erfolgreicher zu machen?

Alykhan Jetha:

Ja, auf jeden Fall. Ich denke aber, dass Apple zum Beispiel in großen Unternehmen keine Chance hat und sich deshalb auf die kleinen Unternehmen konzentrieren sollte. Ich denke sobald Apple in diesem Bereich auch mehr zu bieten hat, werden sie das auch tun.

Macnotes:

Auf der Macworld im Januar hat Apple das iPhone vorgestellt. Ist das iPhone ein Produkt, welches zukünftig Einfluss auf die Geschäfte von Marketcircle haben wird?

Alykhan Jetha:

Ja, ich denke schon. Der Grund dafür ist, dass ich denke, dass das iPhone das beste Business-Telefon ist. Der Grund dafür ist seine einfache Bedienbarkeit, denn Technologie, die schwer zu bedienen ist, wird von den Leuten nicht angenommen.
Unsere Software wird demnächst mit den Sync Services von Mac OS X kompatibel sein und damit lassen sich dann auch Kontakte und Kalender mit dem iPhone synchronisieren.

Macnotes:

Aus Sicht vieler Entwickler hat das iPhone einen gravierenden Nachteil: Apple wird die Installation von Software von Drittanbietern nicht ermöglichen. Ist das ein Nachteil für das iPhone?

Alykhan Jetha:

Ich finde das nicht gut, aber ich kann verstehen, warum sie es tun. Da es eine komplett neue Plattform ist, ist Apple vielleicht einfach noch nicht bereit diese zu öffnen. Ein anderer Grund ist, dass sie die Stabilität durch schlecht geschriebene Programme nicht riskieren wollen.
Allerdings denke ich, dass sie es in Zukunft erlauben müssen, weil viele Unternehmen das iPhone benutzen werden und es entsprechend an ihre Bedürfnisse anpassen wollen. Diesen Markt wird sich Apple vermutlich nicht entgehen lassen wollen.

Macnotes:

Vielen Dank AJ für das Interview.


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