Neurobiologie nicht der Weisheit letzter Schluss?

Alexander Trust, den 24. September 2006
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Blog, Bild: Macnotes

Wenn es nach Niels Birbaumer geht, dann sind Hirnforscher von Heute in vielen Fällen nicht mehr als Psychoanalytiker. Die Neurobiologie sei außerdem nicht der Weisheit letzter Schluss.

Das Wort Psychoanalyse hat für Birbaumer durchaus so etwas wie einen Charakter von Schimpfwort, zumindest ist die Bemerkung in gewisser Hinsicht abfällig zu interpretieren.

„Die Sicht der Mechanik des menschlichen Gehirns unterscheidet sich dabei nur in der Wortwahl, nicht in Aufbau und Logik von der Psychoanalyse: An Stelle des ‚Ich‘ rutschte der ‚Neo-Kortex‘, an Stelle des ‚Es‘ das ‚limbische System‘ und an Stelle des ‚Über-Ichs‘ der ‚mediale Präfrontalkortex‘.“1

Dass Birbaumer (als Psychologe) beide Disziplinen in einen Topf wirft, irritiert. Noch dazu ist seine Kritik nicht an allen Stellen überzeugend. Einzig folgende Begründung ist plausibel: Man müsste, meint Birbaumer, zunächst einen gesunden Menschen zu einem Kriminellen machen. Dann müsste man dessen Gehirnaktivitäten messen, um damit Vergleiche zu den Ergebnissen von Psychopathen anzustellen.2 Er mahnt, neurobiologische Daten nicht vorschnell zu generalisieren. Man solle mit Bedacht an deren Interpretation herangehen.3

Ein bisschen verknappt stellt das schon die ganze Expertise dar, die B. in seinem knappen Kommentar in der Anthologie Hirnforschung und Willensfreiheit auf den Seiten 27 bis 29 abgegeben hat. So konnte offensichtlich jeder Mal seinen Senf dazutun. Mit seiner Bemerkung zu mehr Distanz in der Beurteilung hat er nicht ganz Unrecht, allerdings ist es nicht per se so, wie B. es darstellt. Natürlich gibt es einige Vertreter der Neurowissenschaft, die über alles erhaben sind, aber solche gibt es in jedem Bereich des wissenschaftlichen Feldes.


  1. Hirnforschung und Willensfreiheit: Zur Deutung der neuesten Experimente, S. 27. 
  2. Vgl. ebd., S. 29. 
  3. Vgl. ebd. 

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