OS X 10.5: Leopard Developer Preview im Überblick (2)

ml, den 15. September 2006
OS X 10.5 - Spaces
OS X 10.5 – Spaces

Der zweite Teil unserer großen Leopard-Serie beschäftigt sich mit den Änderungen der Benutzeroberfläche und Verbesserungen an den mit dem System gelieferten Programmen. Außerdem gehen wir näher auf Time Machine und Spaces ein, nachdem wir im ersten Teil vor allem die Installation und Benutzeroberfläche betrachtet haben.

Es zeigt sich, dass Apple an den Programmen teilweise große, aber manchmal nur kleinere Verbesserungen vorgenommen hat. Dabei zeichnet sich bei der Benutzeroberfläche ein Trend hin zum Design von Mail oder Xcode ab. Oft ergeben sich die Erweiterungen des Funktionsumfangs einzelner Programme aus den Verbesserungen und Erweiterungen der ihnen zugrunde liegenden Cocoa-Frameworks.

Finder

Der Finder ist wohl das meistgenutzte Programm unter Mac OS X und jeder Benutzer kommt mit ihm zuerst in Berührung; Unter Leopard hat sich am Finder nicht viel getan.

Die Oberfläche ist bis auf wenige Stellen die selbe wie bei Mac OS X Tiger. Das Fenster vom Papierkorb hat jetzt einen Knopf zum Leeren spendiert bekommen. Möchte man ein Bildschirmfoto über die Tastenkombination Apfel + Shift + 4 erstellen, so werden neben dem Fadenkreuz zum Auswählen des Bildschirmbereichs jetzt auch die Bildschirmkoordinaten angezeigt. Bei den Darstellungsoptionen ist eine Einstellung für den Gitterabstand hinzugekommen, die größere Abstände zwischen den Icons erlaubt, damit z. B. längere Dateinamen besser lesbar bleiben.

Vorschau

Große Änderungen und Verbesserungen hat Apple dagegen am Programm „Vorschau“ vorgenommen. Nach dem Start fällt zunächst die à la Mail veränderte Oberfläche auf. Die Fenster verfügen jetzt über das gleiche Design wie Xcode oder Mail. Außerdem wurde das Design der Knöpfe in der Werkzeugleiste denen von Mail angeglichen. Das wird nicht nach jedermanns Geschmack sein, erinnert man sich doch noch an die lebhaften Diskussionen über die Änderungen an Mail bei Mac OS X 10.4.

Vorschau hat zahlreiche neue Funktionen erhalten. Bilder lassen sich jetzt in ihren Abmessungen ändern, Beschneiden und es lassen sich einfache Bildkorrekturen vornehmen (z. B. Belichtungszeit, Weißpunkt und Schwarzpunkt). Ein Inspektor zeigt die Metadaten zu einer geöffneten Datei an und erlaubt außerdem das Hinzufügen von weiteren Stichwörtern für die Spotlight-Suche.

Wesentlich erweitert wurden zudem die PDF-Funktionen. So lassen sich jetzt einfach per Drag and Drop Seiten aus anderen Dokumenten einfügen, verschieben oder löschen. Man kann so mehrere Dokumente zusammenfügen und ein zusammenhängendes erstellen. Außerdem lassen sich mit Vorschau jetzt Bemerkungen in PDF-Dokumente einfügen.

Safari

Apple hat Safari 3.0 ein paar neue Funktionen spendiert. So warnt der Browser jetzt beim Schließen mehrerer Tabs. Auch der neue Knopf in der Werkzeugleiste zum Erstellen eines sogenannten Webclips fällt sofort ins Auge. Klickt man darauf wird das Dashboard geladen und die aktuelle Seite kann als Webclip in ein neues Dashboard-Widget integriert werden. Dabei kann man die Seite so platzieren, dass nur die gewünschten Informationen angezeigt werden.

Weitere Verbesserungen finden sich unter der Haube. Safari 3.0 bringt eine neue Version des Webkit-Frameworks mit. Webkit ist die Safari zugrunde liegende Rendering-Engine und wer von Zeit zu Zeit die nächtlichen Versionen des Webkit-Frameworks des Webkit-Projekts ausprobiert, wird die neuen Möglichkeiten schon kennen. So werden jetzt benutzerdefinierte UI-Elemente unterstützt und nicht mehr durch die Aqua-Pendants ersetzt. Allerdings ist die mitgelieferte Version im Vergleich zu den Nightly-Builds schon veraltet. Seit kurzem kann das Webkit SVG-Graphiken (Scalable Vector Graphics) interpretieren und darstellen.

Apple-typisch ist die Stichwortsuche innerhalb von Webseiten gelöst. Wer bisher die Suchfunktion von Firefox zu schätzen wusste, wird die von Safari lieben. Sucht man nach einem Begriff, erscheint unterhalb der Tab-Leiste eine Suchleiste, in der man den Begriff eingeben kann. Außerdem wird die Häufigkeit des gesuchten Begriffs angezeigt. Während des Suchvorgangs wird die Website gedimmt und die gesuchten Begriffe werden hervorgehoben.

Automator

Größere Änderungen hat ebenfalls die Oberfläche von Automator erfahren. Das Programm zum Erstellen von automatisierten Arbeitsabläufen verfügt jetzt über die gleiche Oberfläche wie Mail oder Xcode.
Die Aktionen werden in einer übersichtlichen Spaltenansicht angezeigt und lassen sich über die Suche schnell finden. Etwas lustig muten die eierförmigen Knöpfe zum Starten und Stoppen von Abläufen in der Werkzeugleiste von Automator an.

iCal

Das Terminverwaltungsprogramm iCal ist inzwischen bei Version 3 angelangt. Oberflächlich hat sich gegenüber der Version von Mac OS X Tiger nichts verändert, jedoch lassen sich jetzt mehrere Benutzerkonten anlegen, die ihre Kalender von einem Kalenderserver beziehen. Damit können mehrere Leute kollaborativ Termine in einen gemeinsamen Kalender eintragen. Die Änderungen stehen dann allen anderen zur Verfügung.

Der zugehörige Kalenderserver arbeitet mit dem CalDev-Standard und wird von Apple über das Mac OS Forge Projekt als Open Source Projekt der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt.

Was iCal in Version 3 immer noch nicht kann, ist für den Geburtstagskalender Erinnerungen/Alarme einzustellen. Hoffentlich besinnt sich jemand aus dem iCal-Team noch und macht diese Funktion für Geburtstagstermine möglich. So schwer kann es ja nicht sein, wenn alle anderen Termine diese Funktion schon anbieten.

iChat

Apples Instant-Messaging Programm iChat wurde bereits auf der WWDC06 Keynote ausführlich von Steve Jobs und Phil Schiller vorgeführt. Die Benutzeroberfläche hat sich ebenfalls in Richtung Mail weiterentwickelt. Hinzugekommen ist die Möglichkeit mehrere Chats in einem Fenster zu gruppieren – ein Feature, über das viele andere IM-Clients schon lange verfügen.

Um die nächste Videokonferenz „unterhaltsamer“ zu gestalten, lassen sich jetzt beliebige Hintergrundbilder oder Videos einblenden. Dazu muss von iChat kurz der Hintergrund ohne Sprecher aufgezeichnet werden. Dieser wird dann anschließend herausgerechnet und durch das gewünschte Motiv ersetzt. Zusätzlich lassen sich dann noch Core Image Effekte auf das eigene Gesicht anwenden. Das sind nette Spielereien, aber keine wirklichen Neuerungen.

Mail

Den Funktionsumfang von Mail hat Apple deutlich erweitert. So verwaltet Mail jetzt ebenfalls Notizen und Aufgaben. Dazu finden sich in der linken Seitenleiste zwei neue Postfächer. Außerdem werden sie als normale Nachrichten im Posteingang angezeigt. Aufgaben lassen sich einfach durch das Auswählen eines Textabschnitts aus z. B. einer E-Mail-Nachricht und das Klicken auf den To-Do-Knopf in der Werkzeugleiste erstellen. Außerdem zeigen Mail und iCal über den ins System integrierten To-Do-Server alle in den jeweiligen Programmen erstellten Aufgaben an.

Eine weitere neue Funktion sind Stilvorlagen für E-Mails für alle denkbaren Anlässe (Einladungen, Grüße und Fotos). Das sind von Apple designte HTML-E-Mails. Diese werden nicht bei allen (insbesondere Empfängern) auf Gegenliebe stoßen.

Time Machine

Eine schon auf der diesjährigen WWDC vorgestellte neue Funktion von Mac OS X Leopard ist die ins System integrierte Backup-Lösung Time Machine. Im Unterschied zu Produkten anderer Hersteller benötigt Leopard nicht ein zusätzliches Programm für den Backup-Prozess. Alle Einstellungen nehmt Ihr in den Systemeinstellungen vor. Ihr startet das erste Backup von hier aus. Den Rest der Arbeit übernimmt dann ein Hintergrundprozess („backupd“).

Zunächst legt das System auf dem Backup-Laufwerk eine 1-zu-1 Kopie an. Dabei wird ein Ordner namens „Backups.backupdb“ angelegt, der weitere Unterordner mit dem Computernamen, Datum und dem Festplattennamen enthält. Damit ist die brennende Frage, ob Apple ein neues Dateisystem (ZFS von Sun) verwendet, geklärt: Die Antwort ist „Nein!“

Das bringt neben Vorteilen (einfachere Implementierung, HFS+ ist stabil und ausgereift) ein paar Nachteile: So lassen sich z. B. keine Schnappschüsse des aktuellen Zustands aller Dateien anlegen. Außerdem werden geänderte Dateien immer komplett kopiert. Das ist vor allen Dingen bei großen Dateien von Nachteil, denn wenn sich nur ein Bit geändert hat, wird die gesamte Datei auf das Backup-Laufwerk kopiert.

Möchte man eine ältere Version einer Datei wiederherstellen, ruft man Time Machine aus dem Programme-Ordner auf. Das aktuelle Finder-Fenster wird dann in einer futuristischen Weltraumdarstellung angezeigt und dann kann man in der Zeit zum gewünschten Zeitpunkt zurück „fliegen“.

Spaces

Spaces ist Apples Implementierung für virtuelle Desktops. Über die Systemeinstellungen lassen sich bis zu 16 dieser Schreibtische einrichten und falls gewünscht mit festgelegten Programmen bestücken.

Mit der Tastenkombination CTRL + Pfeiltasten kann man dann zwischen den Desktops navigieren. Möglich ist zudem die Kombination CRTL + Nummer, um gleich zu einem bestimmten Schreibtisch zu gelangen. Allerdings lassen sich so nur die ersten 9 virtuellen Desktops ansteuern. Über die F8-Taste erhält man eine Exposé-artige Übersicht über alle Spaces. Man man dann Programme per Drag-and-Drop zwischen den Spaces verschieben.

Dienstprogramme

Bei den Dienstprogrammen hat sich noch nicht allzu viel getan. In dem entsprechenden Unterordner des Programmeordners finden sich zwei neue Programme: Firmware Password Utility und Boot Camp Assistant. Letzteres kann ich mangels kompatibler Hardware nicht testen. Das erste erlaubt es ein Passwort für die Firmware zu setzten. Damit kann man z. B. verhindern, dass das Startlaufwerk des Macs unerlaubt geändert wird.

Hilfesystem

Über das neue Spotlight-ähnliche Hilfesystem in Leopard habe ich bereits in meinem Leopard Preview Review geschrieben.

Beim Aufruf der Hilfe klappt ein Text-Eingabefeld auf, in das man Suchbegriffe eingeben kann. Die Suche bezieht die Oberfläche des Programms mit ein und bei der Auswahl eines entsprechenden Treffers zeigt ein großer, dicker Pfeil z. B. auf den richtigen Eintrag im Menü.

Vermischtes

Apples DVD Player kommt jetzt in Version 5 daher und bringt ein leicht geändertes Fensterdesign mit, welches sich mit „dunklere Variante von Brushed-Metal“ beschreiben lässt.

iSync macht einen Versionssprung und bekommt in Version 3.0 das gleiche von Mail und Xcode bekannte Fensterdesign spendiert. Das scheint bislang die einzige Neuerung zu sein, denn mein mittlerweile über 2 Jahre altes S65 gehört immer noch nicht zu den unterstützten Geräten. Ist es so aufwändig neue Mobiltelefone und iSync zu integrieren oder möchte man nur einen Markt für Plugin-Hersteller schaffen?

Die neue Leopard Preview liefert QuickTime in Version 7.2.0 aus. Auf Tiger ist gerade Version 7.1.3 aktuell.

Positiv beim Arbeiten mit OS X 10.5 Leopard fällt auf, dass Programmstarts deutlich flotter ablaufen als unter 10.4. Dies hängt mit der überarbeiteten Objective-C-Laufzeitumgebung zusammen, die nicht mehr alle Objective-C-Klassen lädt, sondern nur noch die, die von dem Programm benötigt werden.

Im nächsten Teil geht es dann unter die Oberfläche von Leopard und wir werfen einen Blick auf die neuen Bibliotheken, die Apple Anwendungsentwicklern zukünftig zur Verfügung stellt. Außerdem beleuchten wir die Verbesserungen und Aktualisierungen im Unix-Teil von Mac OS X.


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