Kommentar: It’s Showtime
Redaktion Macnotes, den 13. September 2006Eine längst überfällige Frischzellenkur für die iPod-Reihe, eine vielversprechende neue iTunes-Version mit integrierter Online-Videothek und ein erster Ausblick auf Apples Mediacenter-Pläne – so könnte man den gestrigen Abend nüchtern betrachtet zusammenfassen. Welche Bedeutung haben die Neuvorstellungen also wirklich? Unser Kommentar gibt Antworten.
iPod: The show must go on
In Sachen iPod brachte das Showtime-Event keine echten Überraschungen. Apple bleibt offenbar der Strategie der kleinen Schritte treu und passt das Erfolgsprodukt nur vorsichtig an den technischen Fortschritt an. Mehr Speicherplatz, längere Akkulaufzeiten und verbesserte Displays sind bei neuen Modell-Generationen eine Selbstverständlichkeit und bedürfen eigentlich keiner besonderen Präsentation. Echte Innovationen bringen die neuen Geräte nicht – insofern ist es kein Zufall, dass der neue iPod nano optisch stark an den iPod mini erinnert.
Deshalb muss die Frage erlaubt sein, womit sich die iPod-Entwicklungsabteilung seit der Vorstellung von iPod nano und iPod 5G vor ziemlich genau einem Jahr eigentlich beschäftigt hat. Wenn es wirklich nur die neuen Kopfhörer waren, an denen laut Steve Jobs 18 Monate gearbeitet wurde, dann sollte man sich in Apples Führungsetage ernsthafte Gedanken machen. Vieles deutet darauf hin, dass man in Cupertino derzeit den vielzitierten „echten Video-iPod“ vorbereitet. Die Preissenkung bei den großen iPods macht bereits Platz für ein neues Topmodell, das neben einem großen Touchscreen-Display dann wirkliche Neuerungen in Form und Funktion mitbringen könnte. Das mag bisher nur Spekulation sein, doch mit den gestern vorgestellten iPods wird Apple den Marktanteil nicht dauerhaft bei monopolistischen 75% halten können.
iTunes: Evolution statt Revolution
Im Gegensatz zum Vorgänger bringt die neue Versionsnummer bei iTunes diesmal nicht nur kosmetische Änderungen. Tatsächlich bringt iTunes 7.0 echte Verbesserungen. Die Software wirkt sehr ausgereift und lässt trotzdem erkennen, wohin die Entwicklung in Zukunft noch führen wird. Apple geht mit iTunes den Weg hin zur digitalen Unterhaltungszentrale konsequent weiter. Man scheint zudem erkannt zu haben, dass die Nutzer Musik, Videos und Filme am Computer so sammeln, ordnen und durchstöbern wollen, wie man es vor einigen Jahrzehnten mit der Plattensammlung getan hat. Das unterstreichen die automatische Cover-Suche, die vom gleichnamigen iTunes-Plugin übernommene CoverFlow-Funktion und die neue Album-Ansicht.
Dass man künftig Spielfilme im iTunes Store kaufen kann, ist momentan zweitrangig. Solange Apple noch keine bequeme Mediacenter-Lösung für das Wohnzimmer anbietet, überwiegen ganz klar die Nachteile des neuen Vertriebsmodells. Wir haben es mit langen Ladezeiten, sowie schlechterer Bildqualität und höheren Preise im Vergleich zur klassischen DVD zu tun.
Am Rande sei noch angemerkt, dass man in Cupertino offenbar aus dem PR-Debakel bei der Einführung von iTunes 6 gelernt hat. Nun fragt man den User vorher, ob er mit dem Datenaustausch mit Apples Servern einverstanden ist.
iTV: Der Kampf um die Wohnzimmer
Mit dem iTV-Prototypen konnte Steve Jobs gestern endlich das zeigen, was Analysten schon lange erwartet hatten: Den nächsten, logischen Schritt in Apples „Digital-Hub“-Strategie. Dass Jobs allerdings ein nur halbfertiges Produkt präsentieren musste, zeigt, wie überfällig dieser Schritt war. Der Kampf um die Wohnzimmer ist schon seit einigen Jahren im Gange. Apple muss sich beeilen, wenn man nicht völlig den Anschluss verlieren will. Das, was gestern Abend gezeigt wurde, ist dennoch recht vielversprechend. Wenn es gelingt, die intuitive Bedienung, die die Nutzer von iPod und iTunes gewöhnt sind, auf die TV-Lösung zu übertragen, dann ist das ein klarer Vorteil vor der Konkurrenz. Wirklich zu erstaunen vermochte der Prototyp jedoch nicht. Das mag wiederum darauf zurückzuführen sein, dass das Produkt eben noch nicht marktreif ist . Deshalb hält man die eine oder andere Funktion vermutlich noch unter Verschluss.
Fazit
Das Showtime-Event lässt erkennen, wohin der Weg für Apple in der Unterhaltungs-Branche geht. Die ganz große Vision fehlte allerdings, genauso wie wirklich neuartige Produkte. Es bleibt daher nur abzuwarten, ob der „Big Bang“ noch bevorsteht. Wenn Apple weiter Innovationsführer bleiben möchte, ist das unausweichlich.