Test: The Walking Dead – das Spiel des Jahres?

Sven Aumiller, den 30. Dezember 2012
The Walking Dead
The Walking Dead

Telltale Games: Der Name eines Entwicklers, der vor diesem Jahr nur den Point-and-Click-Fans ein Begriff war. Seit allerdings The Walking Dead, das Adventure zur gleichnamigen Serie, an der PS3, Xbox 360 und am PC erschien, ist der Name weitläufiger bekannt. Doch was macht die Spieleserie aus? Und wieso sprechen viele Kritiker bereits vom Spiel des Jahres? Wir haben uns noch einmal an den Titel herangewagt und versuchen, ein Fazit über die 5 Episoden in unserem Review zu ziehen.

„Wie? Das ist ein Point-and-Click?“, war meine erste Reaktion, als ich von einem Freund erfuhr, wie fasziniert er doch von The Walking Dead sei. Der Freund, der normalerweise nur zufrieden mit einem Spiel ist, wenn er nach 7 Kills eine Streak bekommt – und genau er mag ein PnC?

Das war Grund genug, mich selbst einmal an The Walking Dead zu wagen. Ich habe mir direkt den Season Pass für 20€ im Playstation Network geholt und somit alle Story-Abschnitte gesichert, die in 5 Episoden zu verschiedenen Zeiten veröffentlicht wurden.

Bevor ich ein grundsätzliches Fazit über Grafik und Sound ziehe, möchte ich die Episoden einzeln bewerten: Die Storyline ist das Wichtigste und Beste, was The Walking Dead zu bieten hat, deswegen sollte man mehr Wert darauf legen, diese hervorzuheben. Ich versuche euch so wenig wie möglich zu spoilern, doch an einigen Stellen der Review lies es sich nicht vermeiden. Wenn ihr also komplett ohne Vorbehalt euch TWD kaufen wollt, brecht an dieser Stelle mit dem Lesen ab und lasst euch nur eins gesagt sein – Ihr seid im Begriff, eines der besten Spiele der letzten Jahre zu kaufen.

Episode 1: A new Day

Die Episode beginnt mit einer Fahrt im Polizeiwagen. Man lauscht dem Dialog zwischen einem Sheriff und Lee, unserer Hauptperson. Er wird des Mordes bezichtigt, beteuert aber, dies nicht getan zu haben. Der Polizist am Steuer baut einen Autounfall, als er versucht einer lebensmüden Frau auszuweichen, die über die Autobahn läuft.

Als Lee aufwacht, ist der Sheriff längst tot. Schlimmer noch, der Mann greift ihn an! Was Lee zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist, die Person ist nach ihrem Tod zu einem Zombie geworden. Als er den knappen Kampf gegen den Sheriff dennoch gewinnt, rettet er sich in die Stadt. Im erstbesten Haus findet er ein kleines Mädchen namens Clementine, deren Eltern verreist sind. Er nimmt sie mit auf eine unglaublich gefährliche Reise.

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Episode 1 beginnt langatmig und behält dies bis zum Ende bei. Man merkt jedoch: Dieses Spiel greift den gleichen Gedanken auf, den Heavy Rain schon umgesetzt hatte: Man versucht, den Spieler in schwierige Situationen zu bringen und ihn zu schweren Entscheidungen zu zwingen. Und es funktioniert.
Episode 1 zwingt euch, Menschen, die euch vertrauen, zu opfern, um ein anderes Leben zu retten. Und, anders als es in Battlefield oder Call of Duty geschieht, nimmt euch die Entscheidung mit – und kann auch im Spiel verheerende Konsequenzen nach sich ziehen. Jedoch sind dies nur Highlights eines großen Gesamtbilds, das nur mittelmäßig bei mir wirkte. Die Episode wirkt relativ lasch und zäh. Man braucht eine Menge Ausdauer, bis etwas wirklich Spannendes passiert.

Episode 2: Starved for Help

Die Gesamtsituation gestaltet sich in dieser Episode bereits komplett anders. Sie beginnt mit einer Jagdsequenz, in der ein Fremder in eine Bärenfalle tritt. Rettet man ihn, indem man sein Bein abschneidet und versucht, im sicheren Versteck erste Hilfe zu leisten oder lässt man den hilflosen Mann im Wald zurück? Ich entschied mich für Ersteres, was eine bedrückende Zwischensequenz folgen lies. Den Blick konnte ich kaum vom Monitor entfernt lassen, doch so Recht hinsehen wollte man auch nicht. Blut ist eines der wichtigsten Stilmittel in The Walking Dead. Während man in einem Shooter noch für Headshots belohnt wird und im Singleplayer extra blutige Sequenzen erleben kann, ist einem hier wirklich unwohl beim Zusehen. Blutsehen bedeutet den Tod: eine der vielen Regeln von TWD.

Die Episode ist im Nachhinein eine meiner liebsten geworden. Sie ist nicht so langatmig und lebt von zackigen Szenenwechseln. Die Gruppe an Hauptcharakteren, die sich mittlerweile versammelt hat (und sich nach den „Entscheidungen“ dynamisch ändert), muss, unter Hunger leidend, immer weiter ziehen. Die Erzählung baut sich immer weiter auf, und wenn man, wie ich, die 2 Stunden lange Folge am Stück spielt, endet das Ganze wirklich in kaum auszuhaltender Spannung. Unglaublich stark inszeniert.

Episode 3: Long Road ahead

Die Gruppe zieht weiter um endlich einen sicheren Standort zu finden. Eigentlich eine „Filler“-Folge, doch eine der spannendsten, die ihr je gesehen habt. Ihr werdet wieder vor die schwierigsten Entscheidungen gestellt und müsst dabei sogar über Menschenleben gehen. The Walking Dead scheut sich schließlich nicht davor, auch einfach mal jeden Hauptcharakter zu töten – oder töten zu lassen…

Episode 4: Around Every Corner

Erzählerisch macht Telltale Games in Episode 4 einen Rückschritt – die Figuren werden nicht so gut ausgeschmückt wie noch in den vorherigen Abschnitten. Dennoch ist dies Kritik auf hohem Niveau. Umso weniger Spannung, desto stärker der Horror. Action der allergrößten Klasse paart sich mit Ekel und Angst vor der Entscheidung. Trotz inhaltlicher Mängel bleibt TWD auf dem Weg zu einem grandiosen Finale.

Episode 5: No Time Left

Das große Ende! Und ich bleibe einfach komplett subtil, um euch nichts zu spoilern, da man dies selbst gespielt haben muss, um ein Gefühl dafür zu erhalten. Ich verspreche euch aber, dies ist die beste Episode von TWD und das beste Finale eines Spiels, das ich seit Jahren gesehen habe. Es ist eine fantastische Abrundung eines genialen Games.

Englischkenntnisse und Pop-Art-Look

Wer dem Englischen nicht mächtig ist, sollte vorerst die Finger von The Walking Dead lassen. Das Spiel ist lediglich als Download erhältlich und weder synchronisiert noch deutsch untertitelt, d. h. Englischkenntnisse werden vorausgesetzt. Die englische Synchro ist allerdings durchweg gut und niemals unpassend.

TWD orientiert sich nicht nur vom Spielgeschehen her nicht an der großen Konkurrenz, auch grafisch schlägt man eine andere Richtung ein. Im Comic-Style kommt dieses Spiel an. Dieser Look hat etwas Nostalgisches, was allerdings, dank toller Filter, immer schön aussieht. Grafisch ist dies kein Anspruch für das beste Spiel des Jahres, aber dennoch passt das Aussehen zum Rest der Inszenierung.

Fazit

Inszenierung ist das Zauberwort, mit dem Telltale Games Spieler der Welt faszinieren konnte. Die unglaubliche Intensität der Erzählung und die Charakterisierung machen The Walking Dead zu einem unvergessenen Erlebnis. Weder spielerisch, noch grafisch ist das Spiel perfekt, doch es macht so viel richtig, dass man darüber locker hinwegsehen kann. Und damit müssen wir uns den Kollegen anschließen und sagen – TWD ist ein heißer Anwärter auf den Titel „Spiel des Jahres“.

Wieso es trotzdem nur 8 von 10 Punkten auf der Skala bekommt, liegt auf der Hand: Telltale Games hat Spiele wie diese bereits vorher produziert, teils wurden sie nicht einer so breiten Öffentlichkeit präsentiert, wie bspw. Zurück in die Zukunft oder Jurassic Park. Telltale Games versteht es aber, Geschichten zu erzählen.


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Testergebnis

URS: 8 von 10
8