Das Spiel des Lebens für iPad im Test

Alexander Trust, den 29. Januar 2011

Electronic Arts hat vor einiger Zeit eine Reihe von Brettspielumsetzungen für iPad veröffentlicht, die wir in Form von Testversionen ausgehändigt bekamen. Es bewahrheitet sich in unserem Review zu der Adaption von „Das Spiel des Lebens“ aber ein Klischee, das man vom Computer kennt.

Es gibt nämlich selten nur wirklich gute Brettspiel-Umsetzungen für den Computer. Das zugrunde liegende Spielprinzip ist euphemistisch „simpel“ zu nennen, wenn man bösere Worte finden wollte, würde man es uninspiriert nennen. Man dreht an einem Rad, bewegt sich Felder fort und sackt entweder Geld ein, oder muss Kohle abdrücken. Hier und dort gibt es ein paar Ereignisfelder und der Spieler muss vorgegebene Ziele erreichen, um am Ende der größte sozialisierte Mensch der Welt zu sein. Immerhin gibt es hier keine Ausreißer und keine Gutmenschen, sondern fast nur Beispiele aus der gutbürgerlichen Hemisphäre der Menschheit. Man hat kaum eine Wahl, nicht zu heiraten und kein Kind zu kriegen. Am Ende des Spiels hat man meist sogar mehr als zwei Kinder. Die Realität bildet das freilich nicht ab.

Hässlich

Aber das Videospiel, bzw. speziell die Umsetzung auf dem iPad, bildet auch das Brettspiel nur unzureichend ab. Die Grafik ist mau, mehr als das, und die Versprechungen auf den Screenshots im App Store, man würde eine „umwerfende“ Grafik in HD-Qualität geboten kriegen, kann ich nur als leeres Werbeversprechen entlarven. Da hat EA die Möglichkeiten von OpenGL mit Sicherheit nicht ausgeschöpft und die Präsentation ist darüber hinaus einschläfernd. Eine eintönige Hintergrundmelodie wird von ein paar Soundeffekten begleitet, dem Klingeln einer Kasse, dem Hupen eines Autos …

Wenn man schon selbst keine Ereigniskarten vorlesen kann, oder mit der Kasse spielen und Geldscheine an die übrigen Spieler verteilen, dann hätte EA immerhin dafür sorgen können, dass ein Sprecher oder eine Sprecherin die Texte der Ereigniskarten vorliest, optional abschaltbar versteht sich. Risiko habe ich noch nicht getestet, wohl aber damals Scrabble, das ja ebenfalls der Kooperation von EA und Hasbro entstammt. Das Wortspiel ist eine der sinnvolleren Brettspiel-Umsetzungen. Zum Glück gibt es bei „Das Spiel des Lebens“ eine Vorspulfunktion für die Aktionen des Computerspielers, oder eben mehrerer Kontrahenten. Sonst würde sich das dürftige optische Erlebnis unnötig in die Länge ziehen.

Schade ist weiterhin, dass Spieler, denen die Spielregeln nicht bekannt sind, vor dem Einstieg nicht optional ein Tutorial geboten bekommen. Nicht, dass es bei diesem anspruchslosen Brettspiel nötig wäre, doch der Bedienerfreundlichkeit und Vollständigkeit halber. Zwar kann man in einer Hilfe, die man über das Menü erreicht, die Regeln nachlesen, aber auch hier gäbe es deutlich eingängigere Methoden, Spieler mit den Regeln vertraut zu machen. Zumal es in der Geschichte der Computerspiele Tausende guter Beispiele an Spieleinführungen gibt.

Der Mehrspielermodus ist darüber hinaus eine Farce. Neben der Möglichkeit das Spielgerät weiter zu reichen, kann man auch im Party-Play-Modus um das iPad herum sitzen bleiben und an jeder der vier Seiten könnte einer der Spieler dann mit seinen Dialogen hantieren. Doch ganz ehrlich, bei einem Glücksspiel wie diesem, das durch das virtuelle Drehen eines Rades bestimmt wird [(rand() % 10) + 1], kommt auch gegen menschliche Gegner kein anderes Spielgefühl auf als gegen die KI, weil die nur genauso viel oder wenig Glück hat. Das Spiel bietet also keinerlei echte Herausforderung.

Kommentar

Aber dann muss man sich wundern, dass wir in Deutschland, bzw. im deutschen App Store zwar derlei Schonkost kaufen sollen, aber potenzielle Blockbuster wie Bad Company 2 oder Dead Space 2 uns verwehrt bleiben und zudem auch von EA Deutschland darüber geschwiegen wird. Unsere Anfragen zum Fortbleiben des Militärshooters jedenfalls blieben bisher unbeantwortet und gleichzeitig gibt es aber keine offizielle Stellungnahme. Wer im Netz für Gründe nach dem Fernbleiben der Action-Titel aus dem deutschen App Store sucht, wird nicht fündig. Die „Nähe“ zu den Konsolen-Spielen ist bei den genannten Titeln gegeben, aber inhaltlich weichen die iOS-Umsetzungen davon ab, und also müssten sie von der USK nicht automatisch gleichsam beanstandet werden. Zudem hat der Kollege Joos ja in seinen Recherchen mit Ansprechpartnern von Jugendschutzorganisationen und Institutionen herausgefunden, dass für den App Store quasi Vogelfreiheit anzunehmen ist, da digitale Spiele (noch) nicht getestet werden.

Statt uns mit überteuerten, anspruchslosen Gesellschaftsspiel-Adaptionen zu langweilen, könnte EA seinen populistischen Unterschriften-Aktionen für das Konsolenspiel Dead Space 2 auch in anderen Bereichen Taten folgen lassen. Zumindest bei dem SciFi-Action-Titel habe ich aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, da man ursprünglich meinte, man wolle die iOS-Umsetzung zeitgleich zur Veröffentlichung der Konsolenspiele herausbringen. Da die deutsche Version bekanntermaßen noch auf sich warten lässt, kommt ja evtl. Dead Space 2 noch zu App-Store-Ehren hierzulande. In den USA und anderswo kann man beide erwähnten Spiele bereits kaufen.

Fazit

„Das Spiel des Lebens“ für iPad hat mich weder inhaltlich noch technisch angesprochen. Die Präsentation ist bieder und mau und unterstützt den Eindruck, dass wir es hier mit einem der langweiligsten Vertreter von digitalen Gesellschaftsspielen überhaupt zu tun haben.


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