Ping: Apples Social Music-Dienst, erste mittlere Eindrücke

rj, den 2. September 2010

Als eines der coolen neuen Features des neuen iTunes 10 angekündigt, ist das musikbezogene Social Network Apples… nun, was genau? Kein besseres last.fm, kein anderes Genius, keine MySpace-Alternative und ein allenfalls schlechteres Twitter. Den ersten Eindrücken nach ist Ping ein etwas kastriertes Social Network mit eher rudimentären Funktionen und dem üblichen Apple-Kontrollwahn. Wo bleibt das Positive? Es gibt Luft nach oben.

Voraussetzung für Ping: iTunes 10 und ein vorhandenes iTunes-Account. Bei der Anmeldung zu Ping wird zunächst das iTunes-Kennwort fällig, weiter muss man den üblichen Datenschutzerklärungen zustimmen. Einmal mehr ermöglicht man Apple selbstredend, die gewonnenen Informationen weiterzuverwerten.

Anschließend stellt sich erste Ratlosigkeit ein. Ping bewegt sich in Sachen Komplexität irgendwo zwischen Twitter und Facebook und setzt sich damit erst mal zwischen alle Stühle. Während die Kargheit von Twitter gleich den Blick auf die Kernfeatures lenkt und der Möglichkeits-Overkill Facebooks beliebige Anpassungen erlaubt, ist Ping „worst of both worlds“ – man ist zwar leicht verwirrt, stößt aber permanent an Grenzen.

Was ist von einem Dienst zu halten, der mir empfiehlt, U2 zu folgen? Vielleicht sollte man besser vorläufig konstatieren, dass es mit der Künstlerauswahl, die sich in Ping äußert, noch einfach nicht so weit her ist. Mit der Zeit werden dort mehr als die einschlägigen Verdächtigen aufschlagen, aber selbstredend stellt sich die Frage, warum man mit Ping hier deren (möglicherweise ohnehin gefilterten) Timelines nochmals lesen soll, wenn man sie bereits auf Twitter, Facebook und Konsorten hat.

Die Freunde und ihre Aktivitäten? Kauft man ein, kann man das mitteilen. Auch hier aber die Frage, ob der einzelne Musikkauf die spannende Information schlechthin ist und nicht eher das Hörverhalten – worauf sich die Frage anschließt, wofür man Ping braucht, wenn man Last.fm hat.

Die gute alte Selbstdarstellung? Bisher kaum vorgesehen. Im Profil prüft Apple das Bild, beim Text ist man hingegen offenbar recht entspannt.

In die eigene Timeline posten kann man anlassbezogen – um ein Album, einen Track oder einen Kauf zu kommentieren. Auch hier scheint sich Apple selbst an kräftiger Kritik nicht zu stören – warum auch, gelesen werden die Statements nur auf Ping, eine Webversion oder gar die Möglichkeit, Aktivitäten auf Ping in besser frequentierte Netze wie Facebook oder Twitter zu feeden, sind (bisher) nicht vorgesehen.

Anders herum dürfen das wie gesagt die Künstler tun – nur etwas langsam. Abgesehen davon, dass die „folgbaren“ Musiker noch etwas dünn gesät sind, sind die Walls auch noch unvollständig. Dass auf Lady Gagas Ping-Seite einige explizite Statements zur gleichgeschlechtlichen Ehe fehlen, konnten wir teilweise nachvollziehen – nach welcher Logik (und in welcher Reihenfolge) Tweets übernommen oder ausgelassen werden, ist bislang nicht erkennbar. Twitter ist naturgemäß schneller, aber eben auch umfassender.

Meldet man ein Statement, wird der „Denunziant“ darauf hingewiesen, dass der Autor nichts von der Meldung erfährt. Der User, auf dessen Wall das beanstandete Statement steht, bekommt von der Meldung jedoch ebenso nichts mit. Hält Apple für die User die Walls sauber? Bislang ebenfalls unklar.

Zusammengefasster erster Eindruck? Man kommt nicht so recht drauf, was Ping nun sein soll. Features sind versteckt, typische bzw. zentrale Möglichkeiten eines Social Networks – anlassunabhängige Postings, Feeds/Syndication – fehlen. Die Einbindung bestehender iTunes-Möglichkeiten ist recht rudimentär – will man eine Rezension schreiben, muss man das auf der Seite des Albums tun, aus der eigenen Ping-Seite heraus geht nichts.

Wie eingangs gesagt: Luft nach oben. Um mit den Platzhirschen mitzuhalten, muss sich Apple jedoch noch das eine oder andere einfallen lassen – oder einfach ein wenig mehr Vernetzungsmöglichkeiten schaffen. Kein Netzwerk ist eine Insel – und als eine solche im iTunes-Universum wird Ping kaum zu etwas Größerem werden.


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