Test: Audeo iPhone-Kopfhörer oder Headset von Phonak sind motorradgeeignet
rj, den 23. Juni 2010Nach der günstigen Lösung für die Beschallung unter dem Motorradhelm heute die teurere Variante. Sehr gut fürs Motorrad geeignet sind die Audeo PFE-Kopfhörer, die mit einigem durchdachtem Zubehör als Headset oder reines Kopfhörerset erhältlich sind. Hersteller Phonak hat sich insbesondere als Hersteller von Hörgeräten einen Namen gemacht und entsprechende Expertise in der Hörakustik. Klang- und abschirmtechnisch spielen die Audeo-Kopfhörer fürs iPhone in einer ganz anderen Liga als die zuletzt getestete iBike Rider-Lösung. Preistechnisch indes auch.
Als Headset mit im Kabel integriertem Mikro mit Rufannahme ist man für die motorradgeeigneten Audeo-Kopfhörer direkt 149 Euro los, verzichtet man aufs Mikro, immerhin noch deren 129. Verglichen mit den knapp 30 Euro für das iBike Rider-Motorradhelm-Headset stolze Preise, zu denen man aber auch exzellente Klangqualität geboten bekommt – in robuster und durchdachter Verarbeitung.
Zubehör umfangreich
Plus Zubehör, das im Fall der Audeo-Sets etwas mehr als aufmerksamkeitssteigernde Dreingabe ist. Sehr simpel sind die Ohrbügel, die einfach übers Kabel gezogen werden können und zusätzlichen Halt beispielsweise beim Sport geben. Ebenso standardmäßig die drei verschiedenen Ohradapter, wie man sie von In-Ear-Kopfhörern eben kennt. Massive Abschirmung der Außengeräusche erzielt man mit einem weiteren Paar Ohradapter, die aus einem Schaumstoff bestehen. Hier bewegt man sich im Straßenverkehr jedoch mit Sicherheit in einer rechtlichen wie auch sicherheitstechnischen Grauzone, da die akustische Wahrnehmung des Verkehrsgeschehens definitiv stark eingeschränkt wird.
Eher für die Audiophilen sind die verschiedenen Frequenzfilter gedacht, die in einem niedlichen Kästchen plus praktischem Werkzeug zum Einsetzen und Ausbauen in die Kopfhörer geliefert werden. Wir beschränken uns auf den „Alltagsgebrauch“ auf dem Motorrad, bei dem Klangunterschiede je nach verwendetem Filter zwar wahrnehmbar sind, aber für ungeschulte Ohren allenfalls hoch subjektive „Qualitätsurteile“ erlauben. Treten bestimmte Schwingungen beim Motorrad bzw. am Helm auf, die von den Filtern erfasst werden, kann der Einsatz möglicherweise kräftige Klangverbesserungen bewirken, wir konnten einen solchen Effekt jedoch nicht beobachten.
Zu guter Letzt für die praktisch und solide denkende Fraktion: die mitgelieferte Minitasche ist gut verarbeitet, schick, handlich, und vor allem praktisch. Zubehör passt problemlos hinein, für weiteren Kleinkram ist in den beiden Taschen noch Platz, und neben der Schlaufe für Gürtel oder Rucksack-Spanngurt kann mittels Kunststofföse ein Karabiner zum Befestigen verwendet werden. Kleine Einschränkung: Allzu wasserdicht sehen die Reißverschlüsse nicht aus.
Vor dem Einsatz
Im Unterschied zu vielen anderen Kopfhörern sind die Audeo-Ohrstöpsel von einer nach „außen“ sehr kompakten Bauweise. Eingesetzt, sollten sie bei den meisten Ohren nicht „überstehen“, wodurch der Helm problemlos aufgesetzt werden kann, ohne dass einer oder beide Kopfhörer ganz oder teilweise aus dem Ohr gezogen werden.
Nutzt man die Ohrbügel, gilt das wiederum nicht – an jenen bleibt der Helmrand eher hängen und zieht die Kopfhörer beim Aufsetzen raus. Die Bügel sind beim Sport für zusätzlichen Halt nützlich, unter dem Helm dagegen nicht notwendig bzw. störend.
Die Headsetvariante mit integriertem Mikro ist im Unterschied zur günstigen Konkurrenz nicht für die Nutzung während der Fahrt ausgelegt – was verantwortungsbewusste Motorradfahrer vermutlich kaum als Manko betrachten werden. Im Stand ist das winzige Mikro mit entsprechend kleiner Rufannahmetaste allenfalls leidlich zu bedienen, dünne Handschuhe und ein nicht allzu ausladender Helmrand vorausgesetzt. Telefonieren mit Helm ist jedoch definitiv allenfalls eine Notlösung. Auch hier gilt, dass das für viele Nutzer schlicht keine praktische Rolle spielen wird.
Der Klinkenstecker zu guter Letzt fällt relativ kurz aus und wirkt solide. Diesen erwähne ich explizit, weil dort bislang die entscheidende Schwachstelle bei bisher zwei geschrotteten iPhone-Kopfhörern lag (einmal Original Apple, einmal zugegebenermaßen Billigkrempel) – die Belastung auf den Stecker ist angesichts der häufigen Haltungswechsel in enger Motorradkleidung hoch, ob man das iPhone nun in der Hosentasche oder der Jacke trägt. Es ist darauf zu achten, dass das iPhone auf eine Weise am Körper getragen wird, bei der keine starke Belastung auf dem Stecker erfolgt – trivial, aber oft nicht ganz einfach. Der kompakte Anschluss macht’s zumindest einfacher.
Klang und Nutzungseindrücke
Die Abschirmung ist mit den normalen In-Ear-Adaptern ausgewogen – die Dämpfung der Umgebungsgeräusche und insbesondere des eigenen Fahrgeräusches schirmt nicht komplett von der Außenwelt ab. Die Lärmreduzierung ist jedoch ausreichend, um selbst bei mäßigen Lautstärken des iPhone die Beschallung auch noch bei hohen Geschwindigkeiten zu ermöglichen. Illustrierend: halb aufgedrehte Lautstärke, ein eher windiger Helm und das nicht gerade hochausgesteuerte „The Bitter End“ von Placebo: bei Tempo 210 noch durchaus hörbar.
Noch drastischer wird der Abschirmeffekt, wenn man die ohropax-ähnlichen Schaumstoffaufsätze für den In-Ear-Kopfhörer verwendet. Hier ist mir persönlich die Dämpfung der Umgebungsgeräusche zu stark. Es ist klar, dass man bei Tempo 200 nichts Informatives vom Verkehrslärm hört, aber mit den Schaumstoffaufsätzen wird man selbst im langsamen Stadtverkehr beispielsweise ein nahendes Rettungsfahrzeug erst sehr spät hören und weitaus schlechter nach Gehör orten können. Meine Meinung: nicht verwenden. Wer es dennoch tut, wird auch bei Tempo 230 aufwärts noch Musik hören können.
Die Frequenzfilter hinterlassen einen gemischten Eindruck – das ungeschulte Ohr bemerkt Unterschiede, die indes für den Motorradeinsatz recht belanglos bleiben. Gedacht sind die Filter für den Ausgleich der Klangveränderung durch die In-Ear-Silikonadapter (grau) bzw. Mittenabsenkung (schwarz). Typische Frequenzbereiche der Fahrgeräusche scheinen je nach eingesetztem Set gedämpfter. Sinnig wäre das durchaus, weil man geringere Lautstärken auf dem Ohr hat und ein ohnehin übertönter Klang nicht zusätzlich Gehör und Aufmerksamkeit belastet. Dass subjektiv nun der „ungefilterte“ Klang am besten schien, mag an der Gewöhnung liegen, möglicherweise sind die Frequenzfilter für manche Fahrer von Nutzen, bei denen das Fahrgeräusch eben bestimmte Klänge ohnehin übertönt. Immerhin: als Nebeneffekt schützen die Filter das Kopfhörer-Innenleben vor Verschmutzung.
Fazit
Klasse Set zum stolzen Preis. Unter dem Motorradhelm wird man mit dem Audeo-Set definitiv glücklich (bzw. noch glücklicher). Von Vorteil ist natürlich, dass im Unterschied zu dedizierten Helm-Lautsprechersets der „ganz normale“ Einsatz als Kopfhörer bzw. Headset möglich ist. Über den Abzug für den Preis mag man sich streiten, da man ja nicht nur ein sehr hochwertiges Headset bekommt, sondern eben sinnvolles und hochwertiges Zubehör.