Test: Need for Speed: Undercover – die Sonnenbrillen nicht inklusive

Stefan Keller, den 20. Januar 2009
Need for Speed: Undercover
Need for Speed: Undercover

Wir schreiben das Jahr 2005. EA begeistert Hobby-Rennfahrer mit Need For Speed: Most Wanted. Nach einer Nacht-Ausgabe in Form von Carbon folgte ein Schritt in eine andere Richtung: Pro Street. Nun versucht EA mit Undercover wieder näher zu den Wurzeln der Serie zurückzukehren – ob’s klappt, verraten wir Ihnen.

Filmreif

Mit Need For Speed: Undercover wagt sich EA in halbwegs neues Terrain. Die längste Zeit soll der Renner nur ein Rennspiel gewesen sein. In Undercover soll die Story einen wesentlichen Teil der Handlung erzählen.

Sie werden vom FBI auserkoren, inkognito einem Ring von Rennfahrern beizutreten. Der Verdacht liegt auf einer Serie von Autodiebstählen, die die Gemeinde auf dem Kerbholz haben soll, doch es fehlt noch an Beweisen. Via Telefon, welches dezent von T-Mobile gesponsert wurde, werden wir über die neusten Erkenntnisse aufgeklärt. Die Zwischensequenzen sind relativ gut inszeniert und könnten aus einem Hollywood-Streifen stammen. Doch alles in allem bleibt alles wie immer: Eigentlich ist die Geschichte für das Rennspiel irrelevant. Immerhin steigert das aber die Atmosphäre – einer der Glanzpunkte des Spiels.

Weniger schön ist die Spieldauer. Sie ist sehr begrenzt und Sie werden bei Zeiten den Abspann zu sehen bekommen. Bis es aber so weit ist, gibt es viel Bekanntes und weniger Neues, aber dazu später.

Sonnenaufgang

Wie schon bei Most Wanted, der Teil, an den Undercover am meisten erinnert, fahren Sie bei Tag Ihre Rennen; die Sonne ist erst aufgegangen. Sie blendet andauernd den bemitleidenswerten Fahrer. Wenn das grade mal nicht der Fall ist, weil beispielsweise ein Haus für angenehme Schattenfahrten sorgt, ist die Grafik zwar nicht überragend, aber dennoch ganz ansehnlich. An so gut wie allen anderen Streckenabschnitten werden Sie sehen, dass Sie nichts sehen. Neue Grafikeffekte in allen Ehren, aber warum müssen Entwickler nur immer dazu neigen, ihr Spielzeug bis zur Unspielbarkeit auszureizen!

Ein Schadensmodell auf der Straße!

Auch wenn sich Need For Speed: Undercover vor allem mit Most Wanted messen lassen muss, gibt es einige Elemente, die es aus Pro Street in den neusten Teil geschafft haben. Zu erwähnen ist hier vor allem die Fahrphysik, beispielsweise das Lenkverhalten und die Wirkung der Handbremse. Spieler, die das schon bei Pro Street nicht gelungen fanden, werden also auch mit Undercover keine Freude haben.

Ein weiteres Element, das Schadensmodell, hat es ebenso in den aktuellen Teil geschafft. Autos können Beulen bekommen und sich zum Teil sogar zerlegen – herrlich! Einen Totalschaden gibt es aber in aller Regel nicht – den konnten wir nur bei Highway-Rennen beobachten. Die Leistung der Wagen wird das allerdings in jedem Fall nicht beeinflussen, es bleibt bei (schön anzusehenden) Blechschäden.

Freie Welt: Nett, aber nutzlos

Das Spielkonzept frei befahrbarer Straßen in der fiktiven Stadt aus Need For Speed: Undercover ist nach kurzer Abstinenz in Pro Street wieder zurück. Das klingt spannend, hat in der Praxis aber nahezu keinen Nutzen. Dem Spieler wird angeboten, egal wo er sich gerade befindet, mittels Tab-Taste das nächste Rennen zu bestreiten. Etwas mehr Vielfalt bietet die Auswahlkarte, auf der man in ein konkretes Rennen, der aktuell ausgetragenen, oder Missionen springen kann. Einzig und allein für Fahrübungen könnte die freie Fahrt sinnvoll sein, doch das wird nur zu oft mit einer Verfolgungsjagd belohnt.

Für Hobby-Rambos

Der Schwierigkeitsgrad ist sehr dezent ausgefallen. Entweder sind Sie bereits nach dem Start auf Position 1 oder spätestens nach einer der ersten Kurven. Auch ein Unfall tut der Freude keinen Abbruch, entweder hat er gar keine Auswirkungen, oder es dauert wieder nur wenige Kurven, bis der Umstand des nicht-Erster-Seins behoben ist. Dies ist nicht nur einer übervorsichtigen KI zu verdanken, sondern auch einem sehr moderaten Gegenverkehr auf der Straße.

Bei normalen Rennen bilden die Checkpoint-Rennen hierbei eine Ausnahme. Durch die sehr knapp bemessenen Zeitlimits, in denen der nächste Checkpoint erreicht werden muss, sind diese Aufgaben etwas schwerer und erlauben, grob gesagt, keine Fehler.

Das krasse Gegenteil des durchschnittlichen Schwierigkeitsgrads sind Rennen außerhalb vorgegebener Rennstrecken. Bei den Outrun- und Highway-Rennen wird der Spieler mit überlegenen Gegnern und einem sehr dichten Berufsverkehr förmlich überrollt.

Wer durch „besonders gute“ Fahrkünste auffällt, kann ein Rennen auch dominieren. Das bedeutet im Prinzip nichts weiter, als dass ein neuer Rennrekord aufgestellt wird, was aber in aller Regel nicht besonders schwer ist und auch mit einigen Begegnungen mit Leitplanke und Gegenverkehr noch zu schaffen ist. Wer ein Rennen dominiert, bekommt etwas zusätzliches Tuning für seinen Wagen.

Eine technische Katastrophe

Der anfängliche Lichtblick, dass den geneigten Spieler vielleicht keine Revolution, aber wenigstens ein solides Rennspiel erwartet, wird durch den Schatten der technischen Umsetzung getrübt. Selbige ist eines Vollpreisspiels nicht würdig. Unabhängig von der gewählten Auflösung ruckelt das Spiel, auch auf einer nicht gerade schwachbrüstigen GeForce 8800 GTS 512. Wobei die pauschale Aussage des Ruckelns nicht direkt stimmt, die Engine ist durchaus in der Lage, die Grafik flüssig zu präsentieren – bis zum nächsten Nachladen, was leider viel zu häufig vorkommt. Das Streaming-System hat hier total versagt.

Bei schnelleren Fahrten haben wir es erlebt, dass das Spiel schlicht und ergreifend noch nicht so weit ist und im Hintergrund noch die Häuser und Straßen aufpoppen. Besonders bei den (eng bemessenen) Checkpoint-Rennen ist uns aufgefallen, dass wir auch oft ins Leere gefahren sind und dabei regelmäßig die Leitplanke getroffen haben. Normalerweise zieht das wegen der straffen Zeitlimits einen Neustart des Rennens nach sich. Sollte es das Spiel merken, dass noch Texturen fehlen, bevor das Auto in der Wand „geparkt“ ist, wird der Bildschirm blau eingefärbt und die Texturen laden nach (siehe weiter oben) – bis zu 45 Sekunden lang. Das Rennen wird dabei solange angehalten und geht unvermittelt weiter, wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist. Zu Erwähnen wäre vielleicht noch, dass das (offensichtlich) neue Streaming-System die bekannte Ladezeit vor einem Rennen nicht überflüssig macht.

Auf zum Internet

Der Mehrspielermodus spielt leider sein Potenzial nicht aus. Er bietet neben den bekannten Rennmodi Rundkurs und Sprint einen neuen Modus. Hier spielen Sie abwechselnd Bandit oder Polizei. Die Banditen haben den Auftrag, Geld zu stehlen und in ihr Lager zu bringen, während die Polizei das verhindern sollte. Gewonnen hat das Team, das das meiste Geld ins Depot gebracht hat. Nach einer Runde werden die Rollen vertauscht.

Das klingt zunächst ganz lustig und dürfte durchaus Spaß machen – nur leider hat das Spiel online noch viel mehr Probleme mit der Framerate als offline. Wir haben es nach mehreren Anläufen nicht hinbekommen, wenigstens eine Runde in erträglichem Spielfluss abzuschließen. Dies scheint allerdings nichts mit den aus älteren Teilen bekannten Lags der EA-Server zu tun zu haben, denn in älteren Teilen war die Grafik flüssig und nur die gegnerischen Wagen haben etwas auf der Strecke herumgestottert. Bei Undercover läuft hingegen online überhaupt nichts flüssig.

Fazit

Was soll man sagen – das Spiel ist einfach nicht fertig. Hätte man ihm noch etwas Entwicklungszeit gegönnt, wäre es vielleicht geworden, was EA versprochen hat: Ein solides Rennspiel, orientierend an den besseren Teilen der NFS-Serie. So ist es nicht viel mehr als eine Technologie-Demo, die an allen Ecken und Enden noch der Optimierung bedarf. Das ist sehr schade, doch EA hat schon angekündigt, dem Ganzen ein Ende zu bereiten und lässt nun die Entwickler von Burnout, Criterion Software, neue Teile der Serie programmieren.


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Testergebnis

URS: 4 von 10
4

Positives

  • solides Rennspiel

Negatives

  • wirkt unfertig, mehr wie Technologiedemo

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