Ray Kurzweil: Vom langen Leben zum ewigen Leben

Alexander Trust, den 1. März 2008
Raymond Kurzweil
Raymond Kurzweil, Foto: Michael Lutch via Wikimedia (CC BY-SA 1.0).

Wenn es nach Ray Kurzweil geht, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir ewig leben werden. Vorbei sein könnten dann die Bemühungen, den Tod hinauszögern zu wollen. Vorbei wären dann aber auch die Zeiten, in denen wir Religion, die Vorstellung von der Wiedergeburt oder metaphysische Deutungshorizonte benötigten.

Im Feuilleton der FAZ gab es ein Interview mit Kurzweil um Leben und Tod.

Kurzweil ist dafür bekannt, eine Art moderner Prophet zu sein. Es gibt sie, diese Personen, die mit einem Gemisch aus Wissen, Phantasie und Empathie einen Blick in die Zukunft wagen. Der Romancier Jules Vernes war zweifelsohne ebenfalls so ein Mensch, dessen Ideen von Science-Fiction und Gesellschaftsszenarios immer mal wieder zur Realisation gekommen sind. Kurzweil ist in meinen Augen eine Art Reinkarnation Vernes.

Wie Rivva zeigt, haben den Beitrag im Feuilleton einige Mitglieder der Blogosphäre wahrgenommen, allerdings hat kaum jemand sich wirklich dazu geäußert.

Prognosen sind im akademischen Feld umstritten. Mathematische Modelle können das empirische Leben nur bedingt vorhersagen. Zu komplex sind die vielen Variablen. Unter sich nicht verändernden Umgebungsbedingungen ist es durchaus realistisch, das Eintreffen einer Prognose zu akzeptieren, wenn diese auf Modellen beruht, die sich bewährt haben. In jeder Sekunde allerdings verändern sich die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft. Kurzweil ist dennoch überzeugt, und natürlich geben ihm vergangene Prognosen in Teilen Recht, dass es so kommen wird (kann?), wie er und seine Forschungsgruppe es analysierten.

Künstliche Intelligenz

2045, so Kurzweil, wird die künstliche Intelligenz die menschliche überholt haben. Er hat seine eigenen Krankheiten und seinen Gesundheitszustand nicht herkömmlich betrachtet, sondern als Wissenschaftler und Ingenieur. Kurzweil gibt an, mit der Umstellung seines Lebensstils und mit Nahrungsergänzungsmitteln seine Diabetes Typ II in den Griff bekommen zu haben, er sei symptomfrei. Wenn ihm das Leben nichts noch ein Schnippchen schlagen wird, könnte Kurzweil tatsächlich weiterhin mit einer gewissen stoischen Naivität in die Zukunft blicken.

Es ist die Frage, ob wir überhaupt ewig leben wollen und ob wir erleben möchten, wie wir von der künstlichen Intelligenz versklavt werden. Kurzweil folgt mit seiner Prognose dem Faden spezifischer Utopien, wie sie in Filmen wie Judge Dredd beispielsweise auf der Kinoleinwand um Akzeptanz bei den Akteuren buhlten. Vielleicht ist es am Ende tatsächlich nicht die Frage, ob eine Prognose eintrifft, sondern lediglich, ob aus den utopischen Gedanken eine selbsterfüllende Prophezeiung wird.


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