Interview: Benjamin Rudolph von Parallels
ml, den 1. März 2007Gestern hatten wir Gelegenheit mit Benjamin Rudolph zu sprechen, Pressesprecher bei Parallels. Er verrät mehr über den Erfolg, den Virtualisierung auf dem Mac im letzten Jahr erlangt hat, und wie dieser mit Parallels Desktop 2.5 weiter ausgebaut werden soll. Außerdem betont er, warum Microsoft mit der restriktiven Lizenzpolitik von Windows Vista einen Fehler begeht. Am Ende verrät Rudolph ein paar Details über Funktionen, die Anwender noch dieses Jahr für das nächste große Update von Parallels Desktop erwarten können.
Macnotes:
Guten Morgen Mr. Benjamin Rudolph. Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben mit uns zu sprechen.
Benjamin Rudolph:
Ja, vielen Dank für ihr Interesse.
Macnotes:
Ich habe gehört, dass Sie auf der Macworld bereits unseren Chefredakteur kennengelernt haben. Wie hat Ihnen die Macworld dieses Jahr gefallen?
Benjamin Rudolph:
Ja, das ist richtig. Wir hatten kurz Gelegenheit über die Software zu sprechen. Auf der Macworld gab es dieses Jahr sehr viel Wirbel um das iPhone, weil es von allen sehnsüchtig erwartet worden war. Trotzdem hatten wir eine großartige Macworld. Der Andrang an unserem Stand war teilweise so stark, dass sich Schlangen von bis zu 15 Leuten bildeten, nur um einen Blick auf die neue Version von Parallels Desktop zu werfen. Außerdem haben wir mit der Beta-Version des gestern veröffentlichten Updates von Parallels Desktop den Macworld Best of Show Award gewonnen.
Macnotes:
Ich nehme an, dass Sie mit diesem Erfolg mehr als zufrieden sein können?
Benjamin Rudolph:
Absolut. Das war schon ein verrücktes Jahr. Als wir mit der Entwicklung anfingen, dachten wir, dass es auf moderates Interesse der Mac-Gemeinde stoßen würde. Wir hätten nie gedacht, dass es zu einem dieser Wendepunkte im Bereich Personal Computing der letzten 20 Jahre werden würde, an dem man sich nicht mehr entscheiden muss, ob man Mac- oder Windows-Nutzer ist. Jetzt kann man beides sein. Der Erfolg ist wirklich großartig und wir sind sehr glücklich darüber.
Macnotes:
Nach diesem sehr erfolgreichen Jahr 2006: Welcher Bereich bei Parallels ist jetzt der größere? Mac- oder Windows-Software?
Benjamin Rudolph:
Die Mac-Software ist momentan unser Flaggschiff. Ich glaube das kommt daher, weil sie ein so wichtiges Problem löst: Wie bringe ich Windows-Anwendungen auf meinem Mac zum Laufen. Wie kann ich Outlook, Internet Explorer, Project, Visio, Quick Books nutzen?
Unsere Linux- und Windows-Software ist auch sehr stark, aber die Mac-Software bekommt momentan die ganze Aufmerksamkeit und ist auch bei den Verkäufen die Nummer 1.
Macnotes:
Der Intel-Switch wurde von Apple auf der WWDC 2005 angekündigt. Wann hat sich Parallels entschieden, seine Virtualisierungssoftware auf den Mac zu portieren?
Benjamin Rudolph:
Nachdem im Januar 2006 die ersten Maschinen erhältlich waren, sind wir losgegangen und haben ein paar Macs gekauft. Auf diesen Maschinen haben wir dann angefangen zu entwickeln. Bis zur ersten Beta-Version hat es dann ca. 3 1/2 Monate gedauert. Das ging wirklich sehr schnell und unsere Softwareentwickler waren wirklich großartig. Das lag zum Teil auch daran, dass wir schon eine Linux-Version hatten und der Übergang von Linux auf die BSD-Grundlagen von Mac OS X ist nicht so kompliziert.
Dann haben wir sehr eng mit der Mac-Gemeinde zusammengearbeitet, um die Software weiterzuentwickeln. Wir haben über 100.000 Leute weltweit, die mit Parallels Desktop arbeiten und wertvolle Rückmeldungen gegeben haben.
Macnotes:
Etwa zur selben Zeit hat Apple Boot Camp veröffentlicht, mit dessen Hilfe sich Windows auf den Intel-Macs installieren ließ. Hat Sie das erschreckt?
Benjamin Rudolph:
Es war sogar am gleichen Tag. Das war schon etwas bizarr. Ich würde gerne behaupten, dass wir eine Art Masterplan gehabt hätten, aber es war einfach Zufall.
Wir hatten nie Angst vor Boot Camp, denn es hilft den wahren Wert und die Möglichkeiten von Parallels Desktop zu erkennen. Boot Camp ist eine großartige Lösung, aber es gibt einem nicht die Flexibilität zwei Betriebssysteme gleichzeitig zu nutzen. Erst recht mit dem neuen Coherence-Modus von Parallels Desktop, mit dem man Windows-Programme ausführen kann, ohne Windows überhaupt zu sehen. Das ist viel mächtiger als eine Lösung, die einen zwingt sich beim Systemstart für eins der beiden Systeme zu entscheiden.
Macnotes:
Sie haben gerade den Coherence-Modus angesprochen. Der wirkliche Grund, der Mac-Benutzer noch davon abhält Windows-Programme zu benutzen ist, dass man immer noch eine Windows-Installation braucht. Wird Parallels zukünftig eine Version anbieten, z. B. ähnlich zu CrossOver Mac, bei der man keine Windows-Installation mehr benötigt, um z. B. Outlook zu nutzen?
Benjamin Rudolph:
Das Problem mit CrossOver Mac ist, dass es auf dem Papier erstmal toll ausschaut, weil man kann Windows-Programme ohne Windows benutzen. Wenn man es dann allerdings benutzt, dann stellt man fest, dass es etliche Probleme hat. Zum Beispiel ist die Geschwindigkeit schlecht, man hat keine Unterstützung für externe Geräte und keinen Ton. Außerdem, wenn Microsoft einen Patch für z. B. Outlook veröffentlicht, dann kann man nicht einfach diesen Patch installieren, sondern man ist auf die Version angewiesen, für die die Software gemacht wurde.
Coherence ist meiner Meinung nach daher der bessere Ansatz, denn es gibt einem die volle Stabilität einer Windows-Installation, die Geräteunterstützung, die Sound-Unterstützung und vieles mehr, aber es läuft völlig transparent für den Anwender.
Macnotes:
Im letzten Jahr hat Parallels viele Preise für das beste Softwareprodukt für den Mac bekommen. Gibt es seitens Apple Interesse an Parallels z. B. die Technologie zu lizenzieren, um sie in das Betriebssystem zu integrieren?
Benjamin Rudolph:
In dieser Richtung gab es viele Spekulationen. Apple könnte uns kaufen, Microsoft könnte uns kaufen. Ich kann nur sagen, dass das Alles gegenstandslos ist. Wir sind glücklich damit Parallels Parallels sein zu lassen und uns darauf zu konzentrieren, die beste Software zu entwickeln, damit unsere Anwender besser ihre Aufgaben erledigen können.
Macnotes:
Gab es bei der Entwicklung Gespräche und Unterstützung von Microsoft, damit Parallels Desktop kompatibel mit Windows Vista ist?
Benjamin Rudolph:
Wir haben mit vielen Leuten gesprochen und natürlich auch mit Microsoft und Apple. Es ist sehr wichtig für uns Vista zu unterstützen, denn zukünftig wird es das Betriebssystem sein, mit dem die Mehrzahl der Menschen arbeiten wird. Außerdem möchten die Anwender die nächste Generation des Microsoft-Betriebssystems nutzen.
Macnotes:
Wir alle wissen, dass Windows Vista gerade in Bezug auf die Anforderungen an die Graphik-Hardware sehr performance-hungrig ist. Wie unterstützt Parallels Desktop zum Beispiel die Ausführung der neuen Aero-Oberfläche von Vista?
Benjamin Rudolph:
Momentan ist das leider nicht möglich, weil wir keine Unterstützung für hardware-beschleunigte 3D-Grafik in virtuellen Maschinen haben. Aber es ist geplant und schon in der Entwicklung. In unser nächstes großes Upgrade, wollen wir Unterstützung für OpenGL und DirectX integrieren. Das wird in einigen Monaten kommen und die Anwender können dann Spiele in virtuellen Maschinen spielen oder Anwendungen wie z. B. AutoCAD nutzen.
Macnotes:
Intels Virtualisierungs-Technologie ermöglicht deutliche Steigerungen bei der Performance von virtuellen Maschinen. Wie unterstützt Parallels diese Technologien?
Benjamin Rudolph:
Intel VT ist von Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Parallels-Lösungen gewesen. Wir haben das vom ersten Tag an unterstützt. Momentan unterstützten wir die erste Generation dieser Technologie (VT-X), aber wir haben uns entschieden auch alle zukünftigen Virtualisierungs-Technologien zu unterstützen. Der nächste Schritt wird VT-D sein, bei dem zusätzlich viele I/O Dinge virtualisiert werden können. Aber wir unterstützen nicht nur Intels Technologie, sondern auch die von AMD.
Macnotes:
Die Lizenzvereinbarung von Windows Vista erlaubt nur die Virtualisierung der Pro-Versionen. Wie steht Parallels dazu?
Benjamin Rudolph:
Das ist ein Thema, welches auch bei uns stark diskutiert wurde. Ich denke, dass Microsoft hier die Möglichkeit hat, Anwender aus der Linux- und Mac-Welt zu erreichen, die sonst nicht Windows kaufen würden. Diese Einschränkungen machen es schwieriger für diese Leute Vista aufzugreifen. Wir möchten Microsoft gerne helfen, ihre Technologie in die Hände unserer Anwender zu legen. Diese sind momentan verunsichert darüber, welche Version sie einsetzen sollen, was genau die Einschränkungen sind.
Wir versuchen die Bedenken von Microsoft hinsichtlich der Sicherheit von virtuellen Maschinen zu zerstreuen, denn wir denken, dass Virtualisierung die Sicherheit erhöht.
Macnotes:
Man kann die Frage natürlich auch anders herum stellen. Apple schließt die Virtualisierung von Mac OS X in seinen Lizenzvereinbarungen gänzlich aus. Würde Parallels gern Mac OS X auf der Windows- oder Linux-Plattform virtualisieren?
Benjamin Rudolph:
Apple hat einen anderen Ansatz, wie sie mit Soft- und Hardware umgehen. Sie kontrollieren alles von oben bis unten: man kauft Apple Hardware mit einem Apple Betriebssystem, auf dem Apple Anwendungen laufen. Letzlich hängt es davon ab, in welche Richtung Steve Jobs Apple führen möchte.
Technisch gesehen wäre es vermutlich kein Problem für uns Mac OS X zu virtualisieren. Aber solange Apple es nicht ausdrücklich erlaubt, werden wir es nicht tun und auch unsere Anwender nicht dazu ermuntern etwas Illegales zu tun. Wir wollen unser sehr gutes Verhältnis zu Apple nicht damit aufs Spiel setzen.
Macnotes:
Sie haben gerade das sehr gute Verhältnis zu Apple angesprochen. In welchen Bereichen arbeiten Apple und Parallels zusammen?
Benjamin Rudolph:
Wir arbeiten zum Beispiel im Verkaufsbereich zusammen, um den Mac auch im Business-Bereich stärker zu machen. Natürlich arbeiten wir auch auf technischer Seite zusammen, damit unser Produkt so gut wie möglich wird. Es ist eine wirklich tiefe Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Ebenen. Wir sind sehr glücklich darüber.
Macnotes:
Mit großer Verzögerung hat VMWare angekündigt seine Virtualisierungssoftware auch auf den Mac zu portieren. Wie sehen Sie sich im Vergleich zu VMWare, denn in der Wahrnehmung hat VMWare eine deutliche größere Reputation im Bereich Virtualisierung?
Benjamin Rudolph:
Ja, das stimmt und VMWare hat großartige Produkte. Doch obwohl Parallels noch ein recht junges Unternehmen ist, ist unser Name mittlerweile Synonym für einfache Benutzung und kostengünstige Lösungen. Funktionen wie zum Beispiel Transporter zum Übertragen ganzer PCs in eine virtuelle Maschine oder Coherence zeigen deutlich, wie innovativ wir sein können. Am Ende bedeutet es für den Anwender, dass er mehr Auswahl hat. Wenn VMWare in diesen Markt einsteigt, dann spornt uns das nur noch mehr an und das führt zu besseren Produkten.
Macnotes:
Was sind die zukünftigen Pläne für Parallels Desktop?
Benjamin Rudolph:
Wir werden zukünftig weitere lokalisierte Versionen von Parallels Desktop anbieten. Momentan haben wir Versionen in Spanisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Polnisch und Japanisch.
Wie bereits erwähnt planen wir Unterstützung für echte 3D-Graphik in virtuellen Maschinen. Außerdem wollen wir echte 64-Bit-Virtualisierung und Virtualisierung von Multiprozessor- bzw. Multicore-Systemen integrieren. Etwas später dieses Jahr wollen wir auch ein Server-Produkt anbieten, welches auf Linux, Windows Server und Xserves läuft.
Natürlich werden wir wieder ein Beta-Programm haben und die Anwender sind eingeladen daran teilzunehmen und das Produkt auszuprobieren.
Macnotes:
Wird Mac OS X Leopard Parallels dabei helfen, seine Ziele zu erreichen oder ist die Software nicht so sehr auf die Technologien des Betriebssystems angewiesen?
Benjamin Rudolph:
Die Abhängigkeit vom Betriebssystem ist gering. Tatsächlich sind wir jetzt schon kompatibel mit Leopard und ich habe Parallels Desktop zu Hause auf Leopard laufen. Wir werden natürlich sicherstellen, dass unsere Software die neuen Möglichkeiten voll ausnutzen wird.
Macnotes:
Gibt es Funktionen, von denen Sie sich wünschen würden, dass Apple sie in das Betriebssystem integriert, um das Leben von Parallels einfacher zu machen?
Benjamin Rudolph:
Ich glaube das machen sie schon, indem sie in Leopard die Funktion Spaces integrieren. Damit kann man dann eine Windows virtuelle Maschine in einem Space laufen lassen, während eine Linux-Maschine in einem anderen Space läuft. Momentan muss ich dafür noch Virtual Desktop nutzen.
Macnotes:
Vielen Dank Benjamin Rudolph für das Interview.