Kommentar: Macht Werbung das Publishing kaputt?

Alexander Trust, den 23. August 2015
Kommentar
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Sowohl Nutzer als auch Webseitenbetreiber haben ein Interesse daran, dass man in Zukunft weiterhin Inhalte im Web publizieren kann, vielleicht sogar werbefinanziert. Das Problem dabei sind wohl weniger die Produzenten von Adblockern als vielmehr die Werbewirtschaft selbst. Denn oft genug gibt es nur einfallslos und aufdringlich als Attribute, mit denen man Werbung im Internet beschreiben kann.

Werbung kann cool sein, nicht aufdringlich

Nutzer wollen keine Werbung, oder zumindest Werbung, die interessant aber nicht aufdringlich ist. Bei der Werbepause im TV kann man eine Pinkelpause einlegen, zum Kühlschrank gehen oder anderen Beschäftigung nachgehen. Doch im Internet gibt es außer Adblockern, die teils selbst mehr Malware und ein Vertriebskanal für zweifelhafte Geschäftsideen darstellen, keine Möglichkeit, die Werbung zu umgehen. Viel zu kurz sind die Pausen bei Videos, und bei Inhalten auf Webseiten gibt es keinen Ausweg.

Es gibt coole Werbespots, keine Frage – auf der ganzen Welt interessiert man sich für die Werbespots, die während des Superbowl gezeigt werden. Die Firmen müssen dafür ein teures Budget bereithalten und sind gezwungen, in meist nur 30 Sekunden bis einer Minute, die Aufmerksamkeit des Nutzers zu gewinnen. Deshalb ist die Werbung während des Superbowls etwas Besonderes. Denn sie zeigt, dass Werbung auch „interessant“, „cool“ oder „außergewöhnlich“ sein kann. Dass es immer schon solche Werbung gab, zeigen TV-Sendungen, die Werbeclips aus der ganzen Welt dem Publikum vorstellen, teils „witzig“, teils „exotisch“.

Warum klappt das im Internet nicht? Wieso erkennen die Werbetreibenden nicht die Chancen im Medium und belästigen stattdessen die Nutzer mit aufdringlichen Werbeformaten mit dazu noch äußerst uninspirierten Bannern oder Clips?

Werbung macht das Publishing kaputt

Dies ist ein Aspekt, wieso Werbung im Internet die Exiszenz von Publishern bedroht. Denn Inhalteanbieter würden gerne mittels Werbung verdienen. Doch keinem Nutzer möchte man so etwas Aufdringliches und Langweiliges aufs Auge drücken. Manche behaupten sogar, dass Werbung sogar die Demokratie gefährdet.

Dazu kommt, dass Werbung technisch absolut nicht mehr zeitgemäß ist, und zwar in technischer Hinsicht. Google hat das Diktat der Sparsamkeit und Schnelligkeit ausgegeben. Betreiber von Webseiten, die es ernst meinen, versuchen, diesen Vorgaben zu folgen. Doch das alles hilft nur wenig, weil Werbeanbieter sie im Stich lassen, bei dem Bestreben. Wir reduzieren den Einsatz von Javascript, optimieren den Code, führen Caching von Objekten ein, fügen Ressourcen-Dateien zusammen, optimieren CSS oder die Bilder. Zudem nutzen wir bei Macnotes Googles ModPagespeed für den Server, um noch mehr Optimierungen vorzunehmen und „ohne Werbung“ gibt es dann sogar 100 von 100 Punkten. Doch die Werbung macht das alles kaputt. Sie taucht in den Optimierungsvorschlägen von SEO-Tools wie Googles Pagespeed auf. Werbetreibende scheren sich einen feuchten Kehricht um Bandbreite oder Zugriffszeit, für sie muss es nur schön aussehen, wobei schön relativ ist, denn manche Banner sind einfach mehr als hässlich – ein bisschen erinnert mich das an die Fraktion der Flash-Fans, die Anfang der 1990er Jahre das Web mit Flash-Webseiten befüllt hat, koste es, was es wolle.

Beleg dafür, wie armselig Werbetreibend im Internet mit den Ressourcen umgehen zeigt zum Beispiel die Auswertung von Dean Murphy. Murphy entwickelt eine Art Adblocker für iOS namens Crystal. Er hat in den letzten Monaten sein Tool mit 10 populären Webseiten getestet und dabei festgestellt, dass diese teilweise 73% schneller laden und 53% weniger Bandbreite benötigen, mit Einsatz von Crystal. Zu den Seiten, die Murphy für seinen Test heranzieht, gehören Kotaku, The Verge oder die New York Times und der Business Insider. Es ist in meinen Augen ein Armutszeugnis für Werbetreibende, wenn ihre Handvoll Banner genauso viel Bandbreite benötigt, wie der Rest der ganzen Webseite.

Apple News eine Chance?

Vor diesem Hintergrund möchte ich einen Gedanken präsentieren, den vielleicht nicht alle teilen werden. Ich empfinde das kommende Apple News und möglicherweise sogar eine ganze Reihe anderer „geschlossener“ Nachrichten-Plattformen als Chance. Warum? Bei Apple News kontrolliert Apple die Werbung. Die Anbieter müssen sich an die Vorgaben von iAds halten und Apple akzeptiert nicht jede Werbung.

Für Nutzer bedeutet das, dass man in vielen Fällen auf Ressourcen hin optimierte Anzeigen zu sehen bekommt. Etwas, das das „freie“ Internet von selbst offenbar nicht hinbekommt. Ich empfinde deshalb ein geschlossenes System wie Apple News als „Arschtritt“ für den Rest der Werbebranche. Darüber hinaus, wird bei iAds die Werbung geprüft, ähnlich dem System zur Prüfung von Apps im App Store. Dass Apples App Store kein Malware-Problem hat, anders als Googles Play Store, ist hinlänglich bekannt. Deshalb könnte ein System à la Apple News ebenfalls das zunehmend virulente Problem von Malware begegnen, die sich in Werbebanner versteckt.

Das erste iPhone gibt es seit 2007. Wenn sich die Werbebranche in 8 Jahren nicht auf die Bedürfnisse von „Mobile“ einstellen kann, dann zeugt das von der Borniertheit und dem Unwissen der Verantwortlichen und man ist selbst Schuld, dass Adblocker das Internet versuchen wieder zu einem Surfvergnügen zu machen.


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