Kritik: 12 tolle WordPress-Plugins und was davon übrig bleibt

Alexander Trust, den 24. Februar 2015
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Sujan Patel verspricht Lesern von Searchengine Journal 12 tolle WordPress-Plugins. Als Kurator fällt der Mann mit 12 Jahren Erfahrung im „digitalen Marketing“ allerdings durch, weil er Software vorschlägt, die niemand ausprobieren kann, oder solche, die bereits zwei Jahre nicht mehr entwickelt wurde.

Ich gebe zu, ich bin ein kritischer Zeitgenosse, aber wenn jemand sich damit schmückt, 12 Jahre Erfahrung im digitalen Marketing zu haben, und dann Lesern Produkte vorschlägt, die teilweise sogar auf geparkte Domains führen, zeigt das wieder einmal, wie viel heiße Luft in diesem Business steckt.

12 WordPress-Plugins unter der Lupe

Sujan Patel schlägt 12 Plugins vor, die man eines nach dem anderen gerne näher beleuchten darf. „Click to Tweet“ scheint auf den ersten Blick interessant, ist dann allerdings in der Bedienung umständlicher als gedacht. Immerhin muss der Nutzer Passagen eigenständig markieren und durch das zusätzliche Javascript wird die Ladezeit der Webseite erhöht. Also muss man hier Kosten und Nutzen abwägen.

Das Plugin „Scroll Box“ öffnet eine Box, in der der Nutzer seine E-Mail-Adresse für einen Newsletter eintragen soll, sobald der Nutzer auf der Webseite etwas herunter gescrollt ist. Allerdings muss man sich die Frage stellen, ob Patel das Plugin wirklich vorschlägt, weil es „soooo toll“ ist, oder nicht aus anderen Gründen. Denn einerseits wurde Scroll Box bislang lediglich 398 Mal heruntergeladen, andererseits nenn der Entwickler es dennoch das „#1 Scroll Box Plugin“. Spätestens bei dieser Behauptung driften Anspruch und Realität auseinander.

Das Plugin „OptinMonster“ soll Ähnliches Bewirken, erlaubt aber das Anlegen von komplexeren Formularen. Tatsächlich ist die Software aber nicht gratis, sondern an einen Cloud-Service gekoppelt und damit für den durchschnittlichen Nutzer eher unbrauchbar. Es kostet günstigst $49.

Patel stellt außerdem „WordPress SEO“ von Yoast vor. Der einzige Vorschlag bislang, bei dem ich sagen würde, okay, dieses Plugin könnte man verwenden, doch es gibt theoretisch noch 1, 2 Alternativen und darüber hinaus kann man die Basics mit ein paar Kenntnissen von WordPress und PHP sogar recht fix ohne Plugin-Overhead selbst einrichten. Lustigerweise verlinkt Patel WordPress SEO nicht.

Dann stellt er „LinkPatrol“ vor, ein Plugin, das ich vielleicht gar nicht so schlecht fände, aber mir kein Urteil darüber bilden kann. Es überwacht alle internen und externen Links und informiert den Nutzer, wenn diese nicht mehr funktionieren, weil z. B. die Adresse sich geändert hat. Außerdem wird man in Kenntnis gesetzt, wenn die Linkqualität abnimmt. Problematisch ist jedoch ebenfalls, das Plugin ist nicht gratis und man kann es nicht ausprobieren, ohne vorher dafür bezahlen zu müssen. Das ist dann als würde man die Katze im Sack kaufen. Im offiziellen WordPress Plugin Repository findet man es deshalb nicht.

Mit „Gravity Forms“ lassen sich Formulare erstellen, die dem Nutzer automatisch eine Rückmeldung geben können, die SPAM-Schutz bieten und deren Einträge man exportieren kann. In der Theorie bietet WordPress denselben Service über Automattics Jetpack-Plugin und das gratis. Denn „Gravitiy Forms“ kostet, und zwar mindestens $39. Wer keine Ahnung von HTML-Formularen hat, der sollte vielleicht lieber das Geld in einen Online-Kurs bei Udemy und Co. ausgeben, um das zu lernen.

W3 Total Cache“ ist wiederum ein Plugin, bei dem man sagen kann, ja man könnte es benutzen. Aber es ist vor allem sinnvoll für Nutzer, die wissen, wie sie damit umgehen sollen. Denn W3 Total Cache hat sehr viele Einstellungen, ist nicht selbsterklärend und zum Teil sogar inkompatibel mit einigen anderen Plugins. Darüber hinaus gibt es andere Methoden, wie Googles Pagespeed Bibliothek, die man für Apache oder Nginx einrichten kann, wenn man einen Root-Server besitzt und auf ein unter Umständen problematisches Plugin verzichten kann. Dazu kommt, dass es jetzt schon dutzende solcher Top-Wordpress-Plugin-Listen gibt, wo dieses Plugin Erwähnung findet.

An „WPtouch“ scheiden sich die Geister, weshalb es nur 3,8 von 5 Sternen bekommt. Das Plugin nimmt einem die Arbeit ab, ein mobiles Template für die eigene Webseite generieren zu müssen. Für Leute, die keine Ahnung von HTML, WordPress und PHP haben, ist das sicherlich eine Option. Man muss aber damit leben, dass dann die eigene mobile Webseite so ausschaut wie Millionen anderer auch. Wer’s selbst kann, sollte drauf verzichten. WPtouch arbeitet auch mit W3 Total Cache zusammen. In den Einstellungen muss man dies gesondert angeben.

YARPP“ (Yet Another Related Posts Plugin) ist ein Plugin für WordPress, das „ähnliche Artikel“ auflistet. Mittlerweile gibt es eine kostenlose Basis-Version und eine kostenpflichtige Pro-Variante. Wer Ahnung von HTML und PHP hat, kann solche Funktionen selbst nachbauen. Wer mit seinem Blog versucht Geld zu verdienen, würde aber in der Regel sowieso auf Plugins wie das von Plista und ähnlichen Dienstleistern zurückgreifen, die zwischen ähnlichen Artikeln auch Werbeanzeigen einfügen.

Marketing Optimizer“ schließlich dient A/B-Tests. Eigentlich soll damit die Konversionsrate gesteigert werden können. Wer schon nicht weiß, was das ist, für den ist so ein Plugin nicht sinnvoll einsetzbar. Prinzipiell kann so ein Plugin bei der Optimierung helfen.

Das Social-Plugin „Flare“ ist angeblich ein Favorit von Sujan Patel. Es wurde einerseits seit April 2014 nicht mehr aktualisiert und ist zudem gleich doppelt problematisch. Denn man kann es zwar gratis nutzen, doch seine Funktionalität entfaltet es nur, wenn man sich dazu bei Filament registriert. Das Unternehmen sammelt dann die Daten des eigenen Blogs und der Favorisierungen durch Nutzer via Twitter, Facebook, Google+ und Co. Man kann völlig datenschutzkonforme Social-Buttons mit ein bisschen HTML-Kenntnis selbst erstellen, die darüber hinaus die Ladezeit der eigenen Webseite nicht negativ beeinflussen.

Ein No-Go ist in jedem Fall „Comments Evolved„. Das Plugin wurde seit 2013 nicht mehr aktualisiert. Auf der offiziellen Plugin-Seite im WordPress Plugin Repository führt ein Link zu einer Demo-Seite. Klickt man darauf, landet man auf einer geparkten Domain, die voll von Werbung ist. Dazu findet man auf der Seite noch 2 Links, die erklären sollen, dass via Javascript geladene Kommentare trotzdem von Google geladen werden können. Einer davon ist ebenfalls kaputt, weil die Domain, unter der der Inhalt abgelegt war nicht mehr verfügbar ist. Wenn das nicht ein seriöser Vorschlag für ein Plugin von einem Schlipsträger ist, der 12 Jahre Erfahrung aufweist, also dann weiß ich auch nicht.

Fazit

Machen wir einen Strich unter die Rechnung. Ich könnte bei 3,5 von 12 Plugins sagen: Ja, die kann man benutzen (WordPress SEO, W3 Total Cache und WPtouch). Bei genauso vielen muss ich aber bemängeln, dass man sie gar nicht kostenlos ausprobieren kann, sondern sofort zur Kasse gebeten wird (Link Patrol, YARPP, Gravity Forms). Wieder andere haben einen Registrierungszwang und/oder ein Datenschutz-Problem, das zumindest in Deutschland virulent wird.

Je mehr man darüber nachdenkt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dort jemand nur eine Top-12-Liste hingeschludert hat, um womöglich ein Plugin im Speziellen der Leserschaft vorzustellen. Denn obwohl er es behauptet („All screenshots taken January 2015“), stammt der Großteil der verwendeten Bilder von den Entwicklern selbst und ist nicht generisch. Im Fall von Scroll Box legt man die Stirn in Falten, weil das Plugin erst von knapp 400 Personen heruntergeladen wurde – entweder als ein Geheimtipp, oder versteckte Werbung.

Ganz besonders tragisch finde ich, dass Patel mit 12 Jahren Erfahrung offenbar nicht gelernt hat, dass Google Wert auf die Ladezeit der Webseiten legt und so manches Plugin kostet einem im Pagespeed-Test schon mal Punkte, wenn man es denn vorher daraufhin abgeklopft hätte.


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